Ungezaehmte Leidenschaft
gälte nur Ihnen und Ihnen allein.«
»Ausgezeichnet.« Virginia lehnte sich zurück. »In diesem Fall wollen wir über Ihre Pläne sprechen. Ich kann Ihnen raten, ob sie durchführbar sind oder nicht. Sicher werden Sie einige Änderungen vornehmen müssen. Schließlich werden wir in meiner Welt agieren, nicht in Ihrer, Sir. Ich bin die Expertin.«
Er fragte sich, wann ihm die Führung des Gespräches entglitten war. War er nicht auf der Hut, würde Virginia Dean die gesamte Ermittlung an sich reißen, und das würde sie noch mehr in Gefahr bringen, als sie schon war.
Eine merkwürdig verstörende Erkenntnis nahm von ihm Besitz. Er hatte sich auf die Ermittlung eingelassen, weil sein Talent ihn gedrängt hatte, den Fall von J&J zu übernehmen. Ein Monster stellte den praktizierenden Talenten Londons nach, und er war zur Jagd aufgerufen worden. Es war die Aufgabe der Sweetwaters. Es lag ihnen im Blut.
Aber irgendwann im Laufe der Zeit hatte sich die treibende Kraft hinter seinem Entschluss, den Mörder zu finden, geändert. Jetzt war er auf der Jagd, um Virginia zu schützen. Der einzige Weg schien zu sein, sie einem Risiko auszusetzen, indem er sie in die Ermittlungen einband.
Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, Sweetwater.
»Eine Frage hätte ich noch«, sagte Virginia.
»Nur eine?«
»Was wollen Sie tun, wenn es uns gelingt, den Mörder zu finden?«
Owen stellte die Teetasse ab, stützte die Ellbogen auf die Armlehnen seines Sessels und legte die Fingerspitzen gegeneinander. »Caleb Jones vertraute mir an, J&J entwickle eine bestimmte Vorgehensweise für diese Situationen.«
»Und die wäre?«
»Falls ausreichend Beweise nicht paranormaler Natur vorliegen, solche, die vor Gericht standhalten, werden diese Scotland Yard übergeben. Die Polizei übernimmt den Fall, der Übeltäter wird festgenommen und mittels eines üblichen Verfahrens verurteilt.«
»Ich verstehe. Wie stehen die Chancen, dass diese Vorgehensweise in unserem Falle effektiv ist?«
»Sehr schlecht.«
Virginia sah Owen eindringlich an. »Aber so oder so, dem Mörder wird das Handwerk gelegt … Das wollen Sie doch sagen?«
»Man engagiert keinen Sweetwater, wenn die Ermittlung normal oder routinemäßig ist«, sagte er leise. »Unsere Klienten kommen zu uns, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Wir sind die letzte Rettung.«
7
Am nächsten Morgen stattete Virginia ihrer besten Freundin Charlotte Tate einen Besuch ab und berichtete ihr von den unheimlichen Ereignissen des Vortages.
»Dem Himmel sei Dank, dass du in Sicherheit bist und das arme Straßenmädchen retten konntest.« Charlotte schenkte ihnen Tee ein. Ihre bernsteinfarbenen Augen verdunkelten sich vor Besorgnis. »Aber ich kann es noch immer nicht glauben, dass du beinahe unter Mordverdacht geraten wärst.«
»Vermutlich wird mich der Albtraum, neben dem toten Hollister aufzuwachen, noch eine ganze Weile verfolgen«, sagte Virginia.
Charlotte setzte die Teekanne ab. »Ich darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn Mr. Sweetwater nicht aufgetaucht wäre. Du wärst nie wieder aus dem Spiegelzimmer hinausgekommen, und das Mädchen hätte nicht aus seinem Kellerverlies gerettet werden können.«
»Es stimmt, ich kann keine Schlösser knacken«, sagte Virginia. »Vielleicht werde ich Mr. Seeetwater bitten, es mir beizubringen. Er stellte sich sehr geschickt an, muss ich sagen.«
Sie saßen an dem Tischchen im Hinterzimmer von Charlottes Bücherladen. Charlotte hatte das Geschäft von ihrer Mutter geerbt, die es wiederum von ihrer Mutter übernommen hatte. Die Frauen in Charlottes Familie besaßen ein echtes Talent, alte und seltene Bücher und Handschriften paranormalen Inhalts aufzustöbern.
Dieser Laden führte weder Sensationstitel noch Schauerromane. Bei den schweren Lederfolianten in den Regalen handelte es sich von archaischen Abhandlungen angefangen über uralte ägyptische, indische und griechische Theorien zu Paranormalem bis zu den Ergebnissen moderner Forschung um alles auf diesem Gebiet. Dazwischen standen mittelalterliche Werke über Metaphysik und Newtons Spekulationen über Alchemie.
Drei der Regale enthielten eine große Sammlung des Journal of Paranormal and Psychical Research, des offiziellen Organs der Arcane Society. Die populäre Zeitschrift des Leybrook Institute Leybrook Journal of Paranormal Investigations enthielten sie nicht. Leider waren die Publikationen des Instituts voller Artikel mit Titeln wie Eine Untersuchung des Nutzens bestimmter
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