Ungezaehmte Leidenschaft
Fingerspitze fuhr sie die Konturen seines Mundes nach. »Du bist zu meinem Leben geworden, Paenther. Ich kann dich nicht leiden sehen, wenn ich doch weiß, dass ich dir helfen kann. Ich kann dich nicht sterben lassen, wenn ich etwas tun kann, um dich zu retten.« Ich kann ohne dich nicht leben . Doch die letzten Worte behielt sie für sich. Denn sie merkte erst jetzt, dass er trotz seiner Liebeserklärung kein einziges Mal über die Zukunft und noch wichtiger eine Zukunft, die sie einschloss, gesprochen hatte.
Er strich ihr über die feuchte Wange. »Lyon hat den Schamanen gebeten herzukommen, um deinen Zauber wieder freizusetzen. Wir werden mit der Kraftbündelung beginnen, sobald du bereit bist.«
»Lyon ist einverstanden?«
»Ja.«
»Das ist gut.« Aber ein ganzer Schwarm von Schmetterlingen begann in ihrem Bauch zu flattern. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass sie ihr eine Chance gaben, doch jetzt, wo es so weit war, überkamen sie plötzlich selber Zweifel. Wenn sie es nun doch nicht schaffte?
Paenther sah sie fragend an. »Was ist los?«
»Wenn ich nun die Worte vergessen habe?«
Er küsste sie auf die Stirn. »Ich erinnere mich an sie. Wir sorgen dafür, dass es funktioniert. Gemeinsam.«
Ein Kopf drängte sich zwischen sie. Es war der Kopf eines großen schwarzen Labradors, der um Aufmerksamkeit bettelte.
»Eifersüchtiges Ding«, schimpfte sie ihn mit einem Lachen in der Stimme aus.
Ohne den Hund zu beachten, küsste Paenther sie noch einmal. Dabei schob er seine Zunge in ihren Mund, und sie genoss seinen berauschenden Geschmack. Aber der Hund wollte sich nicht ignorieren lassen, und sie fing an zu lachen.
Nun selber leise lachend ließ Paenther sie los und trat zurück. »Na los. Sie haben ein bisschen von deiner Zeit verdient, und der Schamane wird erst frühestens in einer Stunde da sein, nachdem das Wetter plötzlich so umgeschlagen ist.«
Sie sah die Erheiterung in seinen Augen blitzen und lachte. Wie war es möglich, jemand anders so sehr zu lieben, dass sie sich ernsthaft fragte, ob ihr Herz wohl einfach aufhören würde zu schlagen, wenn seines stehen blieb? Als sie sich den Tieren zuwandte, wurde ihre Freude schwächer und schwand schließlich unter der Last ihrer Angst.
Wenn sie Paenther nun doch nicht helfen konnte?
21
Zwei Stunden später stapften die Krieger mit ihren Gefährtinnen durch den verschneiten Wald. Als sie zu einem großen, flachen Stein, dem Stein der Göttin, hinunterkletterten, nahm Skye ehrfürchtig den herrlichen Anblick des rauschenden Potomac, der tief unter ihnen vorbeiströmte, in sich auf.
Es hatte zwar vor einer Weile aufgehört zu schneien, doch es wehte immer noch ein kalter, schneidender Wind.
Paenther zog sie an sich. »Wir werden einen Kreis aus Kriegern bilden, um dem Zauber einen abgegrenzten Rahmen zu geben und neugierige Blicke fernzuhalten.«
Lyon trat zu ihnen. »Kara wird den Schnee mit Strahlung schmelzen, damit Skye sich nicht die Füße abfriert.« Er legte Paenther die Hand auf die Schulter. »Ich wünschte, du könntest dich uns anschließen, B.P. Vielleicht, wenn es funktioniert …«
Skye zitterte, und Paenther zog die Lederjacke, die er ihr geliehen hatte, fest um ihren Körper. Darunter trug sie nur ein dünnes, leichtes Seidenkleid ohne Ärmel, welches Kara als Zeremonienkleid bezeichnet hatte. Kara und Delaney waren mit ihr verschwunden, um das wunderschöne, strahlend blaue Kleid für sie auszusuchen, von dem sie sagten, es würde ihre Augenfarbe betonen.
»Sobald wir bereit sind, werden wir die Kraft des Panthers herbeirufen.« Lyon schaute sie an. »Ich möchte, dass du zusammen mit Kara und Delaney außerhalb des Kreises wartest, bis ich dich rufe. Dann kannst du machen … was immer das ist, was du machst.«
Skye nickte und lehnte sich an Paenther, während sie beobachtete, wie sich die anderen Krieger um Kara versammelten; dabei sah die Frau neben den fünf hünenhaften Männern wie ein Zwerg aus. Lyon fasste nach Karas Händen, während die anderen sie an Hals, Armen oder Knöcheln berührten.
Skye hatte es schon einmal von ihrer Gefängniszelle aus gesehen und beobachtete nun voller Erwartung, wie sich die Szene wiederholte.
»Bereit?«, fragte Kara.
»Tu es, kleine Strahlende«, erwiderte Lyon leise.
Und dann leuchtete Kara einfach auf, als hätte sie zwei Dutzend Zauberdochte verschluckt. Die Wirkung hier draußen, unter freiem Himmel, war noch beeindruckender. Sie sah aus wie ein Engel, der auf die Erde
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