Ungezaehmte Leidenschaft
mit dem Handrücken ins Gesicht. »Warum bist du weggelaufen?«
Skye drückte ihren Handrücken auf die pochende, blutende Lippe. »Das bin ich nicht. Er hat mich gegen meinen Willen mitgenommen.« Das zumindest war die Wahrheit.
»Du hast ihn freigelassen?«
»Er erwachte aus der Verzauberung, ehe ich ihn festgebunden hatte.« Das war eine Lüge. Er war aus der Verzauberung erwacht, als er tief in ihren Körper eingetaucht war.
»Du hast ihm den Weg nach draußen gezeigt.«
»Er zwang mich. Er hätte mich ansonsten umgebracht.« In Wahrheit war es nicht Paenther, sondern Birik gewesen, der sie dazu gezwungen hatte. Indem er die Dämonen auf unschuldige Menschen losließ, hatte er sie gezwungen, ein paar schwere Entscheidungen zu fällen. Entscheidungen, die sie niemals bereuen würde.
Birik streichelte ihren Hals. »Du armseliges kleines Mäuschen. Und dann hat er dich auch noch gezwungen, hierher zurückzukommen.«
»Nein. Ich bot ihm an, ihm zu helfen. Ich musste zurückkommen.« Sie ließ zu, dass ein bisschen Angst in ihrer Stimme mitschwang. »Ich will doch nur, dass die Bestrafungen endlich aufhören. Bitte, Birik. Bitte. Ich wollte dir nie Schwierigkeiten machen. Er zwang mich mitzukommen, aber jetzt bin ich wieder da. Und ich habe ihn dir mitgebracht.«
»Wer hat seine Eisenringe entfernt?«
»Der Schamane.« Das stimmte zwar nicht ganz, war aber nah dran. Und Vhyper würde es wahrscheinlich glauben.
»Es ist mir eigentlich egal, warum er hier ist. Jetzt, wo ich euch beide wiederhabe, wird sich die Klinge heute Nacht bestimmt öffnen. Und nichts wird mehr sein wie zuvor.«
Birik riss Paenther von ihr weg und gab zwei Wächtern, die in der Nähe standen, ein Zeichen. »Holt Seile und begleitet die Circe in den Wald«, sagte er zu ihnen. »Ich will vier ausgewachsene Rehe, die um Mitternacht gefesselt in die Festhalle gebracht werden. Lasst die Frau nicht aus den Augen. Wo ein Krieger ist, gibt es wahrscheinlich noch mehr. Sobald sie die Rehe hat, sperrt sie alle zusammen bis Mitternacht in ihrer Zelle ein. Vor der Tür soll ein Wachtposten stehen.«
Wieder packte er ihren Kiefer, und sein Griff war so fest, dass sie anfing, Sterne zu sehen. »Du wirst mir nicht wieder entkommen, Skye. Wenn du versuchst, meine Pläne in irgendeiner Form zu vereiteln, wirst du mich bald anflehen, dich den Dämonen auszuliefern, nur damit deine Qualen ein Ende haben.«
Sie sah Birik sich entfernen, und seine Befehle hallten in ihren Ohren wider. Sie sollte bis Mitternacht in ihrer Zelle eingesperrt werden, ohne die Chance, Paenther bis dahin wiederzufinden, ohne die Chance, die Krieger von ihren Eisenringen zu befreien, oder höchstens im letzten Moment.
Ein Zeitpunkt, zu dem es sehr wohl zu spät sein konnte.
*
»Herzlich willkommen zur Party. Tolle Rettungsaktion, Geronimo.«
Paenther tauchte nur langsam aus dem Nebel der Verzauberung auf und folgte dabei dem Klang von Jags sarkastischem Tonfall. Der Nebel lichtete sich allmählich, und er stellte fest, dass er sich in einer kleinen Nische im Höhlensystem befand. Glücklicherweise stand er, doch die Hände waren hoch über seinem Kopf angekettet. Neben ihm stand Jag, der in der gleichen Art gefesselt war. Und neben Jag war Foxx.
Foxx sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Bist du tatsächlich mit Absicht wieder hierhergekommen?«
Paenther sah ihm ins Gesicht. »Was glaubst du denn?«
»Superman auf Rettungstour«, meinte Jag höhnisch. »Den Rest der Kampftruppe hast du nicht dazu überreden können, sich uns anzuschließen, Cochise?«
Paenther stieß ein tiefes Knurren aus. »Es gibt nur einen Weg hinein, und der ist verzaubert. Und Skye kann nur verzaubern, indem sie den Geist eines Mannes öffnet.«
»Konntest wohl den Gedanken nicht ertragen, dass ein anderer sie sich vornimmt, was?«
»Auf gar keinen Fall.« Er überprüfte die Ketten und zerrte an ihnen, wie er es wohl an die Hundert Mal getan hatte, als er das letzte Mal hier gewesen war. Aber genau wie damals ließen sie sich nicht einmal ein Stück bewegen.
So mit den beiden anderen angekettet zu sein, ließ die Erinnerung an damals in Ancretas Verlies zurückkehren. Vhyper, oder Vincent, wie er damals hieß, und Frederick hatten ununterbrochen gequasselt, und meistens waren es von Galgenhumor geprägte Bemerkungen gewesen. Paenther hatte sich an den Gesprächen nie beteiligt – er war schon immer von ernsterer Wesensart gewesen –, aber manchmal hatten sie ihn mit ihrem Gekasper zum Lächeln
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