Unglaubliche Reise des Smithy Ide
also nicht nur meine Privatsphäre, sondern auch noch die Ihrer Schwester.«
Es stimmt schon, ich war im frühen Stadium meiner Verwahrlosung, aber ich war nicht betrunken – genau gesagt, ich hatte noch gar nichts getrunken. Trotzdem ließ die Nüchternheit die Worte angesichts dieser großen Herausforderung auf dem Gebiet der menschlichen Kommunikation kein bisschen glatter oder müheloser aus meinem Mund kommen.
»Wiggy ist weg. Ich glaube... Ich glaube... Könnte es sein, dass meine Schwester anfängt, Dinge zu zerstören, Dr. Glass?«
Wieder eine Pause. Diesmal spürte ich nichts. Keinen Zorn.
»Wer ist Wiggy?«
»Wiggy ist Onkel Counts Hund. Ein Beagle. Wenn man dort hinkommt, springt er immer überall herum. Er wird nie müde oder so. Tante Paula hat für Bethany eine Brautparty veranstaltet, und Wiggy sprang überall herum, und als alle gegangen waren, konnte Onkel Count ihn nicht mehr finden.«
»Vielleicht ist er weggelaufen.«
»Count sagt, in Hundejahren gerechnet, ist er jetzt fünfundfünfzig. Ich glaube nicht, dass alte Hunde noch weglaufen.«
»Nein, Sie glauben, dass Ihre Schwester alte Hunde umbringt.«
Jetzt war ich es, der schwieg. Ich erinnerte mich, wie ich im Militärkrankenhaus nach einer Bettpfanne rief und der Pfleger mir sagte, ich brauchte keine, weil er seine Zigarette zu Ende rauchen wollte.
»Ich habe nur Angst, dass vielleicht …«
»Hören Sie, Mr. Ide.« Streng fiel sie mir ins Wort. »Wenn es etwas gibt, das Sie über die reizende und, jawohl, gestörte junge Frau, die Sie Ihre Schwester nennen, wissen sollten, dann dies: Sie wäre unfähig, irgendjemandem etwas zuleide zu tun.«
»Gut«, sagte ich. Georgina Glass hatte mich wieder zum Weinen gebracht, aber das wusste sie nicht.
»Und was noch wichtiger ist: Diese Telefonnummer ist meine Privatnummer, und nur Personen, denen ich sie gegeben habe, dürfen sie auch benutzen. Ihnen habe ich diese Nummer nicht gegeben. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?«
Ich war zu Woody’s Tankstelle gefahren, um in der Telefonzelle an der Ecke zu telefonieren, denn ich wollte nicht, dass jemand im Hause Ide wusste, wen ich angerufen hatte. Es war kalt, und jedes Mal wenn ein Auto oder ein Lastwagen vorüberrauschte, wurde der nasse Abend noch nasser. Ich brauchte etwas zu trinken.
»Ja«, sagte ich, »ich verstehe, was Sie mir sagen wollen.«
Dr. Georgina Glass legte abrupt auf.
Als ich ins Bett gepinkelt hatte, wurde der Pfleger so wütend, dass er mich zwei Stunden liegen ließ, bevor er mir das Laken wechselte. Da war ich schon wund gescheuert.
55
D reiundzwanzig Meilen hinter Winslow wurde aus der versprochenen flachen Wegstrecke ein Hügel und dann ein Berg. Der Road Club hatte für dieses große Ereignis die Genehmigung erhalten, die Interstate 40 zu benutzen. Nicht nur die Berge und Steigungen, sondern auch die hurrikanartigen Windstöße der vorüberfahrenden Lastwagen ließen die Anfahrt auf Flagstaff tückisch werden. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Fahrer versuchten absichtlich, allzu dicht an uns heranzukommen. Ich weiß es nicht. Ich hatte nur so ein Gefühl. Aber es war wieder ein schöner Tag, und ich blieb bei 78, 79 und 80, bis ich Bethany oben auf einem langsam fahrenden Tanker sah. Ich blieb dicht dahinter, während wir uns eine der steileren Steigungen hinaufkämpften. Die Höhe beeinträchtigte mich nicht mehr beim Atmen.’ne komische Sache, wie meine Mutter sagen würde, aber wenn man sich daran gewöhnt hat, fühlt der ganze Körper sich in der dünnen Höhenluft einfach leichter an.
Ich aß mein Lunchpaket in einem Marriott-Hotel. Ich bog von der Straße ab, schob mein Rad in den Poolbereich im Garten und setzte mich einfach an einen der Tische. Niemand war draußen, denn wenn man sich nicht bewegte, war es ziemlich kalt. Die Vertreter von Seswan Bicycles hatten unsere Taschen freundlich mit Saft, Keksen und riesigen Sandwiches gefüllt. Ich aß natürlich noch meine Banane dazu. Es war schön, dort an einem weißen Metalltisch am Pool zu sitzen, dessen kaltes Wasser glatt wie ein See am Morgen dalag. Die Strecke von Winslow nach Flagstaff hatte ich zügig zurückgelegt, und bis Williams waren es wahrscheinlich nur noch etwa vierzig Meilen. Ich schloss für einen Moment die Augen und lauschte meinem entspannten Herzschlag. Manchmal gaben diese stillen Momente mit geschlossenen Augen mir mehr neue Kraft als eine ganze durchschlafene Nacht. Ich folgte dem Schlag meines Herzens aus der Brust in
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