Unglaubliche Reise des Smithy Ide
abzustreifen. Sie holte neues Brennholz, indem sie die abgestorbenen Äste von Fichten und Espen brach. Sie kochte den Schnee ab, um das Wasser zu trinken. Indianer hockten über ihr auf der Höhe, in Hirschfelle gewickelt und schwer bewaffnet, so fremdartig und Furcht erregend wie nur irgendetwas, und beobachteten sie. Suzanne Bowen zeigte keine Angst. Jeden Tag stapfte sie mit einem kleinen Beutel Hafer und Mais oder getrockneten Bohnen durch die hohen Schneewehen, und ohne hochzuschauen, legte sie den Beutel deutlich sichtbar in den Schnee. Am nächsten Morgen war diese Opfergabe immer verschwunden. Oft lag an ihrer Stelle eine Feder.
Ich verschränkte die Finger hinter dem Kopf, ließ mich auf den zusammengerollten Schlafsack zurücksinken und schloss kurz die Augen. Hinter Flagstaff schien die Straße stetig bergauf zu führen. Ich hatte das Gefühl, gar nicht mehr zu fahren. Ich war ein Bergsteiger. In der Gegend von Bellemont hatte ich den Gipfel des Bill Williams Mountain erreicht; er war zweitausendachthundert Meter hoch und sah aus, als sei er von konkurrierenden Fahrradclubs aufgestellt worden. Für mich war es ein Tiefpunkt.
Viele junge Fahrer schienen die Probleme nicht zu haben, die ich hatte. An einer Stelle balancierte ich zwar noch auf meinem Rad, brachte es aber nicht mehr voran, und neun oder zehn fröhliche Kids in Schwarz und Orange sausten an mir vorbei. Ich löste das Problem, indem ich das Rad den steilen Berg hinauf schob. Auf den neunundzwanzig Meilen zwischen Bellemont und Williams wiederholte ich meine Bergstrategie. Bergauf schieben. Bergab rollen. Es war dunkel, als ich nach Williams hineinrollte und den Hinweisschildern zu dem Tennisclub folgte, wo wir übernachten würden. Man hatte die Netze abgenommen, und es galt das Gleiche wie in dem Zelt am Abend zuvor. Tatsächlich waren die Waschräume für Männer und Frauen, die Laster, die zu beiden Seiten der Tennishalle parkten, dieselben, die in Winslow gestanden hatten. Ich wusch mich, aß eine Riesenportion Hühnerragout mit Salat neben meinem Rad und ging dann in die Halle, um mir eine Pritsche zu suchen.
»Smithson! Smithson!«
Ich schaute in die Richtung, aus der ich meinen Namen hörte, und da stand Chris, die Nummer 80, und winkte wie wild.
»Wir haben dir einen Platz freigehalten! Komm her!«
Ich schlängelte mich durch die Reihen der Pritschen. Anscheinend waren weniger Leute da als am Abend vorher. Chris hatte die Hände in die Hüften gestemmt und strahlte. Sie trug eine Latzhose und darunter ein grünes Sweatshirt. Ihr Haar war irgendwie zur Seite gekämmt, und ein Büschel davon hatte sie mit einem grünen Band zusammengebunden. Sehr jung sah sie aus und überhaupt nicht erschöpft wie ich nach dieser Fahrt.
»Hi«, sagte sie, und sie kam herangehüpft und blieb ungefähr einen Fingerbreit vor mir verschwitztem altem Kerl stehen.
»Hi«, sagte ich und bemühte mich, auch, Sie wissen schon, jung zu klingen.
Dann gab sie mir einen Kuss. Genau wie am letzten Abend. Kurz. Und setzte sich vergnügt auf die Kante einer Pritsche. Ich konnte ihren Lippenstift schmecken, und sein Duft hing in meinem Bart. Wie nach Äpfeln.
»Setz dich.« Sie klopfte mit der flachen Hand neben sich auf die Pritsche.
Ich legte meine Satteltaschen hin und setzte mich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte; also fing ich an, meine Sachen aus den Taschen zu holen.
»Weißt du, wie viele es geschafft haben?«, fragte sie.
»Was geschafft?«
»Den Bill Williams Mountain? Ohne Hilfe, meine ich? Zweiundfünfzig. Mehr nicht.«
»Zweiundfünfzig? Das sind nicht viele.«
»Wir haben an einem Rastplatz Halt gemacht, wo die Quelle unter dem Picknicktisch herauskommt. Kennst du den?«
»Ja. Ungefähr auf halber Strecke zum Gipfel.«
»Da haben wir Halt gemacht und den Rest unseres Lunchpakets gegessen – und dann konnten wir einfach nicht weiter. Wir haben einen der Busse nach Williams genommen.«
»Ich finde es klug zu wissen, wann man mit etwas aufhören muss.«
»Cool.«
Chris ließ sich auf die Ellenbogen zurücksinken und warf den Kopf in den Nacken. Ihre kleinen Apfelbrüste stachen mir ins Auge. Es waren fröhliche Brüste. Die Golden Delicious unter den Brüsten. Ich wandte mich ab und tat, als suchte ich etwas in meiner Tasche.
»Aber du hast es geschafft. Du bist großartig in Form.«
»Ich bin müde. Sehr müde, glaube ich.«
»Ja, aber du hast es geschafft. Wie alt bist du?«
Ich betrachtete meine Unterarme, als müsste ich mir
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