Unglaubliche Reise des Smithy Ide
Limo in einem beschlagenen Glas bestellen und allein essen. Ich wollte Cheryl nicht verletzen, und ich nahm an, dass ich es könnte, wenn ich ihr erzählte, dass Billy Carrara ein Lügner war und einer, der Ringe in Toilettenpapier gewickelt zurückgab.
»Seit wann bist du Billys Freundin?«
»Ich bin nicht seine Freundin.«
»Nicht?«
»Wir sind nur zusammen auf dem Ball. Er ist nur nett.«
»Er ist also nicht dein Freund oder so was?«
»Nein, er ist nicht mein Freund.«
»Oh, na ja, dann ist er ein Riesenlügner. Ich meine, Jill ist auch nicht meine Freundin. Ich bin nicht eifersüchtig. Ich begrabsche niemanden. Ich will dich nicht verletzen oder so, aber wenn du nicht seine Freundin bist – er ist draußen auf dem Parkplatz, mit Jill.«
Cheryl Adams Frisur fiel schlaff zusammen.
»Was?«, schrie sie so laut, dass Naomi Lesko mitten in Pat Boones »April Love« zu uns herüberschaute.
»Möchtest du noch einen Punsch?«, fragte ich hoffnungsvoll, aber da stürmte Cheryl schon zum Parkplatzausgang, und Tränen der Wut schwemmten ihre Wimperntusche weg.
Ich ging zur Toilette und rauchte mit den anderen Jungs eine Marlboro, und dann kehrte ich dahin zurück, wo ich mit Cheryl gestanden hatte. Ein paar Tänzer hatten sich im Kreis aufgestellt und klatschten im Takt der Musik, und in dem Kreis tanzten und drehten sich Lewis Rand, einer der älteren Schüler, und Carol Robey in ihrem Rollstuhl. Carol Robey war Klassensprecherin unserer Junior-Klasse, und Lewis war ihr Freund. Es tat mir gut, sie immer so fröhlich zu sehen, und ein kleineres Mädchen hinter einer Jalousie tat mir Leid. Ich sah ihnen eine Zeit lang beim Kreiseln zu, und dann drehte ich mich um und ging noch eine Zigarette rauchen.
Carol Robey wurde ein paar Jahre später Leiterin der East Providence High School, und die Leute lieben sie immer noch und freuen sich, wenn sie fröhlich ist. Lewis Rand ging auf die Schauspielschule und starb vor etwa fünf Jahren an AIDS. Carol benannte das Theater der High School nach ihm. Liebe stirbt nicht so leicht.
Ich wartete, bis fast alle gegangen waren, aber Cheryl oder Jill oder Billy fand ich nicht mehr. Ich fuhr zurück nach East Providence, aber das A&W war schon geschlossen.
23
A m Dienstag fuhr ich eine Stunde bevor die Sonne richtig aufgegangen war und hielt zum Frühstück an einem Imbiss, der braune Landeier verhieß. Ich bestellte sie pochiert. Pochierte Eier sind was Feines, weil sie nicht so schwer im Magen liegen wie Spiegeleier und weil sie auf dem Toast eine Form annehmen, die aussieht wie ein Gesicht. Es war ein Frühstück wie bei Mom. In dem Lokal saßen Lastwagenfahrer und Männer im Anzug, und praktisch alle waren freundlich. Ich ging zur Toilette und nahm eine Art Minidusche am Waschbecken, und das tat wirklich gut. Wie immer gingen Schmerz und Steifheit in meinen Gliedern weg, wenn ich aufgewacht und ein Stück gegangen und gefahren war.
In den nächsten zwei Stunden trat ich ziemlich kräftig in die Pedale – kräftig für meine Verhältnisse jedenfalls. Ich meine, bergauf schob ich das Rad immer noch, und ich ließ es einfach rollen, wenn ich Gelegenheit dazu hatte. Ich schaute in meine kleine Straßenkarte und nahm die Route 10, und in Florham Park, New Jersey, kam ich auf die 510. Nach einer Weile gerät man in Fahrradtrance und muss nicht so viel ans Treten denken. Ich tat es wenigstens nicht, weil ich so langsam fuhr, und ich konnte mich in der Gegend umsehen. Das war etwas Neues für mich. Alles was mit Landschaft zu tun hat, meine ich. Und abseits des großen Systems der Interstate-Straßen, die man nur mit einem Motorfahrzeug benutzen darf, war New Jersey herrlich, glaube ich. In Rhode Island waren die Worte »New Jersey« und »Hundescheiße« austauschbar, aber es ist erstaunlich, zu sehen, wie viele makellose Farmen und Gehölze und Wälder es dort gibt. Und die Flüsse und Bäche sind großartig. In der Gegend von Ralston schob ich mein Rad von der Straße und setzte mich an den Raritan River. Wunderschön. Ich aß zwei Bananen und spritzte mir das gute Wasser ins Gesicht und auf die Haare. Ich bekam einen Bart, und das kühle Wasser blieb in den Stoppeln hängen und linderte das Jucken. Jede Pause hat einen Zweck. Ich glaube, ich lernte, was Erfrischung ist.
Ich hielt an einem kleinen Sportgeschäft mit einem Schild im Schaufenster, auf dem stand: UNTER NEUER LEITUNG. Dort spendierte ich mir eine Bodenplane, einen wasserdichten Schlafsack, ein kleines Zelt und
Weitere Kostenlose Bücher