Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
fällt mir auf, dass er damals fast genau so aussah wie ich heute. Ein paar Jahre älter vielleicht, und ein wenig pummeliger. Außerdem wusste er sich nicht anständig zu kleiden. Aber für seine Generation sah er, glaube ich, ganz gut aus. Er hätte sicher Frauen für sich begeistern können, wenn er es darauf angelegt hätte. Aber ich glaube, es interessierte ihn nicht.
    » Dann hat dein Vater nie wieder geheiratet? «
    » Nein , das hätte nicht funktioniert .«
    » Aber ihr beiden seid euch nah geblieben? «
    » Natürlich . Allerdings wurde er in den späten Sechzigern ziemlich senil . Ich habe ein wirklich nettes Pflegeheim für ihn gefunden .«
    » Hast du ihn dort regelmäßig besucht? «
    » Letzte Weihnachten war ich bei ihm .«
    » Das war aber acht Monate , bevor du selbst abberufen wurdest .«
    » Tatsächlich? Nun , es ist schwierig , solche Dinge in einem vollen Terminkalender unterzubringen .«
    » Kann schon sein , dass er voll war . Aber ich fürchte , mit diesen Dingen ist es jetzt endgültig vorbei .«
    » Nun , man gewöhnt sich auf Dauer an alles , glauben Sie nicht? «
    » Was mich an deiner Geschichte verwundert , ist , dass ein so entschlossener Mensch wie Dianne so schnell aufgegeben hat .«
    » Na ja , ich muss zugeben , dass es noch ein kleines Nachspiel gab .«
    » Was ist geschehen? «
    Aus irgendeinem Grund gab Dianne mir die Schuld am Scheitern der Beziehung mit meinem Vater. Ich glaube nicht, dass sie Beweise hatte, aber sie hielt mich für verantwortlich. Eines Tages kam sie zu uns nach Hause. Ich war noch in der Schule und mein Vater bei der Arbeit. Vermutlich hatte sie sich den Haustürschlüssel irgendwie »ausgeborgt«. Jedenfalls zeigte sie damals, wie kleinlich und rachsüchtig sie in Wirklichkeit war. DAS LACHEN war verschwunden; sie hatte nicht mehr das liebevolle Verständnis für ein mutterloses Kind. Die Hexe zerrte alle meine Comic-Hefte unter dem Bett hervor – damals gab es nichts Aufregenderes in meinem Zimmer als Batman – und zerschnitt sie mit einer Schere in winzige Streifen. Anschließend dekorierte sie mein gesamtes Zimmer mit Girlanden aus zerfetzten Comic-Heften. In spöttischer Feierlichkeit hingen sie von jeder Tür und aus jeder Schublade, baumelten von der Deckenlampe und schlängelten sich über mein Kopfkissen. Ich muss zugeben, dass mir bei dem Anblick die Tränen kamen, doch die Erleichterung über das Verschwinden Diannes brachte mich schnell wieder auf andere Gedanken. Mein Vater ist gerade noch einmal davongekommen, das kann ich Ihnen flüstern.
    » Wieso bist du sicher , dass es Dianne war? «
    » Sie hinterließ eine Nachricht auf meinem Nachttisch . Zwar war sie in Großbuchstaben geschrieben und nicht unterzeichnet , aber ich erkannte ihre Schrift . Auf dem Zettel stand : DU BIST EIN NIEDERTRÄCHTIGER UND BOSHAFTER JUNGE . DU HAST GELOGEN . MIT DIR WIRD ES EIN BÖSES ENDE NEHMEN .«
    » Gemessen an den Umständen finde ich das noch relativ zahm .«
    » Arme Dianne , mehr Boshaftigkeit brachte sie einfach nicht zu Stande . Ich kann mir den schrecklichen Streit durchaus vorstellen , als er mit ihr Schluss gemacht hat . Sie werden sich gegenseitig beschuldigt haben . Vermutlich ist es für beide schlimm gewesen , und ich fürchte , sie hat nie richtig verstanden , was genau passiert ist .«
    » Trotzdem hat sie Recht behalten .«
    » Wie meinen Sie das? «
    » Dein Ende kann man doch mit Fug und Recht als böse beschreiben , findest du nicht? «

    »Wahrscheinlich fragen Sie sich, warum ich Sie eingeladen habe«, sagte Faith, der es offenbar ebenso leicht fiel wie Kate, ihre Gedanken ohne Umschweife auszusprechen.
    »Eigentlich war ich viel zu beschäftigt damit, Sie zu bewundern, wie geschickt Sie die Flasche Wein losgeeist haben«, erwiderte Kate. »Aber wenn Sie wollen, kann ich gern fragen.«
    »Sehen Sie, Sie haben keine einzige Bemerkung über meinen Namen gemacht«, erklärte Faith.
    »Was ist denn Besonderes an dem Namen Faith?«
    »Nein, Beeton. Die meisten Leute fragen mich sofort, ob es mit meinem Kochbuch gut vorangeht. Und alle erwarten, dass ich ganz hervorragend koche.«
    »Tun Sie es?«
    »Absolut nicht. Jahrelang habe ich meinen Vater verpflegt. Er liebte völlig zerkochtes Gemüse und klein geschnittenes Fleisch. Jede noch so winzige Eskapade setzte sofort seiner Verdauung zu – zumindest behauptete er das. Eigentlich ist es wie mit dem berühmten grünen Daumen: Man hat ihn, oder man hat ihn nicht.«
    »In diesem Fall sollten

Weitere Kostenlose Bücher