Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
wurden. Von der gigantischen Dunkelziffer ganz zu schweigen. Und wo leiden und sterben diese Kinder? Dort wo sie sich eigentlich am geborgensten und sichersten hätten fühlen müssen: in ihren Familien! Damit sind wir wieder bei den Beziehungstaten. Was wurde dagegen unternommen? Nichts.
Das geplante Kinderschutzgesetz ist gescheitert, und man ist längst in alte, wirkungslose Verhaltensmuster zurückgefallen. Jugendämter machen Fehler, Ärzte schweigen, und wir Bürger schauen nach wie vor lieber weg. Man muss sich deshalb nicht wundern, dass sich diese schrecklichen Zahlen in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben.
Wirkungslos bleiben werden wohl auch die mahnenden Worte des Präsidenten des Bundeskriminalamts ( BK A ), Jörg Ziercke, die er bei der Erörterung der Kriminalstatistik 2010 sprach: »Die Tatsache, dass in Deutschland jeden zweiten Tag ein Kind Opfer eines Tötungs delikts wird und die Zahl der Misshandlungen von Kindern angestiegen ist, muss uns mehr als nachdenklich stimmen.«
Nachdenklich sollte uns auch stimmen, was mit den Menschen am Ende des Lebenswegs geschieht, nämlich unseren Senioren. So wurden im Jahr 2010 bundesweit 11 527 Frauen und Männer, die älter als 60 Jahre waren, Opfer von Gewaltkriminalität. Versuchte und vollendete Tötungsdelikte stehen dabei mit 12, 4 Prozent an erster Stelle, gefolgt von Raubdelikten mit 10, 3 Prozent.
Erschreckend ist, dass immer mehr Opfer nicht »nur« beraubt, sondern zusätzlich körperlich malträtiert werden. Erst kürzlich ereigneten sich in dem gutbürger lichen Stadtviertel, in dem ich seit fast 40 Jahren lebe, Überfälle auf ältere Frauen. Drei Opfer wurden am helllichten Tag nacheinander von Jugendlichen angefallen, niedergeschlagen, »gestiefelt« und beraubt. Auch als die wehrlosen Damen schon am Boden lagen, traten die 14- bis 16-jährigen Burschen noch auf sie ein. Dazu passt der kürzlich erschienene Demografiebericht der Bundes regierung, in dem es heißt: »Mit der Zunahme des Anteils älterer Menschen gewinnt diese Opfergruppe künftig an Bedeutung.«
Sicherungsverwahrung
Noch in den 1970er- und 1980er- Jahren hatte man jährlich 18 bis 20 Sexualmorde an Kindern zu beklagen. In den letzten Jahren waren es noch vier bis fünf Opfer. Die wirksame Eindämmung dieser schwersten und schlimmsten aller Verbrechen ist einer Reihe staatlicher Maßnahmen zu verdanken, allen voran der Sicherungsverwahrung gefährlicher Sexualstraftäter. Kein vernünftiger Mensch wird das bezweifeln. Damit soll jetzt weitgehend Schluss sein. Die höchstrichterlichen Instanzen Europas und Deutschlands sind zu der Auffassung gelangt, die nachträgliche Sicherungsverwahrung in ihrer bisherigen Form verstoße gegen die Menschenrechte und sei deshalb aufzuheben. Jetzt sollen andere Maßnahmen greifen, beispielsweise die angedachte Fußfessel. Da ich selbst am Test dieser elektronischen Permanentüberwachung durch das Bayerische Justizministerium teilgenommen habe, darf ich mir ein Urteil erlauben. Dieses lautet kurz und bündig: »Besser als nichts!«
Nachdem in naher Zukunft eine Reihe gefährlicher Sexualverbrecher auf freien Fuß gesetzt werden muss, gibt es nur drei Möglichkeiten: Entweder man lässt diese Leute frei herumlaufen und hofft, dass sie nicht rückfällig werden, oder man lässt sie rund um die Uhr durch Polizisten bewachen, was personell und finanziell nicht realisierbar ist. Bleibt noch die Fußfessel, von der man hofft, dass sie abschreckend wirkt. Ob das auch bei Triebtätern greift, sei dahingestellt. Immerhin könnte es die Aufklärung erleichtern, was aber die Opfer nicht wieder lebendig macht.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass 8 der insgesamt 17 Richterinnen und Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen die Abschaffung der Sicherungsverwahrung gestimmt haben. Die faktisch alternativlose Sicherungsverwahrung wurde also mit nur einer Stimme Mehrheit gekippt.
Toleranz
Frage: Ist unsere Gesellschaft toleranter geworden? Falls ja, seit wann, wem oder was gegenüber? In Bezug auf sexuelle Toleranz kam mir spontan einer der spektakulärsten Kriminalfälle der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte in den Sinn, nämlich der Mord an Volksschauspieler Walter Sedlmayr vom 14. Juli 1990 in seiner Schwabinger Wohnung. Eigentlich muss man von einer Hinrichtung sprechen.
Es war jedenfalls ein außergewöhnlich grausames Verbrechen, dem der Schauspieler zum Opfer fiel. Er wurde geschlagen, gefesselt, geknebelt
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