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Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Titel: Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.M. Nightingale
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sich unter Qualen an als er versuchte, ihn ruhig zu halten. Seth sah mit gebanntem Blick auf die Prozedur.
         Und ganz langsam, von Sekunde zu Sekunde, begann sich die Wunde auf Daniels Brust zu schließen. Der Blutfluss versiegte, die Ränder der Wunde wuchsen langsam zusammen und spannten eine dünne Haut um das tiefe Loch. Kyra zog ihre Hand zurück und ächzte leise. Der Schnitt in ihrem Handgelenk tat ziemlich weh, doch noch während sie die Hand darum klammerte, begann auch diese Wunde zu verheilen und ließ keine Narbe zurück.
         Daniels Stöhnen verstummte, obwohl er noch immer flach atmete. Zögerlich richtete er sich auf und tastete über die frisch verheilte Wunde an seinem Herzen. Dort war nun nichts weiter zu sehen als eine glänzende, rötliche Narbe. Seth starrte fassungslos auf Daniels unversehrte Haut.
         „Wahnsinn“, flüsterte er. „Alles verheilt. Stell dir nur vor, ein paar Sekunden später -“
         Kyra hatte darüber gelesen, dass Vampire mit ihrem Blut Wunden heilen konnten, doch sie hätte sich nie träumen lassen, dass es wirklich klappte. Erleichtert sank sie auf den Boden und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Noch immer tat ihr Körper weh von den mächtigen Prügel des Wendigos. Sie konnte spüren, dass mittlerweile alle offenen Wunden verheilt waren. Mit einem Mal fühlte sie sich unglaublich müde. In dieser Nacht hatte sie gut einen halben Liter Blut verloren und daher war ihr ein klein wenig schwindelig. Seth war fast unversehrt geblieben, er hatte nur einen tiefen Riss über der rechten Augenbraue und seine Lippen bluteten. Sein Pullover war an einigen Stellen zerrissen, doch abgesehen davon sah er recht gesund aus.
         „Warte, ich helfe dir hoch“, sagte er, als Daniel versuchte aufzustehen.
         Er stöhnte, hielt sich aber sonst ganz gut auf den Beinen. Seth stützte ihn und langsam machten sie sich auf den Weg zurück durch den Wald. Kyra ging mit einigem Abstand hinter den beiden her und verschränkte sauer die Arme.
         „Ich hab dir gerade den Arsch gerettet“, flüsterte sie so leise, dass niemand es hören konnte. „Jetzt sag bloß nicht Danke!“
     
     
    Clessidra ligamentum  
     
         Daniel bestand darauf, selbst weiterzufahren und ließ sich nicht davon abbringen. Obwohl er ziemlich verbeult und blutverschmiert war, saß er mit entschlossen grimmiger Miene am Steuer und wischte sich immer wieder ein wenig Blut aus dem Gesicht. Seth hatte sich auf dem Beifahrersitz weit zurückgelehnt und schien fix und fertig.
         „Wir brauchen dringend Fischöl“, sagte Daniel, ohne dabei die Augen von der Straße zu lassen. „In etwa einer Stunde erreichen wir die Stadt. Dort müssen wir es sofort auftreiben.“
         Seth sackte der Kopf auf die linke Schulter, so dass er Daniel ansehen konnte.
         „Dann ist es halb sieben. Wir müssten echt Glück haben, dass überhaupt ein Geschäft geöffnet ist.“
         „Wir finden schon was“, sagte Daniel.
         Kyra schürzte neugierig die Lippen.
         „Wozu brauchen wir Fischöl?“
         Seth wandte sich mühevoll zu ihr um und holte ein paar Mal tief Luft.
         „Wir sind alle drei von diesem Wendigo verletzt worden“, erklärte er mit gebrochener Stimme „Wenn wir nicht selbst zu einem werden wollen, müssen wir so bald wie möglich heißes Fischöl trinken. Ja, ich weiß, das ist widerlich“, fügte er hinzu, als Kyra angeekelt das Gesicht verzog. „Aber es ist das einzige, was sicher hilft. Wendigos haben Herzen aus Eis, darum kann man sie auch nur mit Feuer töten. Wenn wir heißen Tran trinken, werden unsere Herzen nicht zu Eis und wir verwandeln uns nicht auch in Wendigos. So einfach ist das.“
         „Man kann zu einem Wendigo werden, wenn man von einem verletzt wird?“, fragte Kyra nervös und tastete sofort ihren Körper ab, um sicherzugehen, dass ihr nicht plötzlich ein Ödem aus dem Bauchnabel wuchs.
         „Nicht sofort“, beruhigte sie Seth. „Aber nach einiger Zeit verspürt man den unwiderstehlichen Drang, Menschenfleisch zu essen. Das ist das erste Anzeichen dafür, dass die Verwandlung beginnt.“
         „Ich bin doch schon verwandelt“, sagte Kyra. „Kann ich trotzdem zu einem Wendigo werden?“
         „Ja.“
         „Oh.“
         Kyra versuchte nicht darüber nachzudenken.
         „Was genau sind diese Wendigos eigentlich?“, fragte sie

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