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Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)

Titel: Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.M. Nightingale
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weiter.
         Daniel lachte trocken auf, doch bevor er etwas sagen konnte, fiel Seth ihm ins Wort.
         „Es waren mal Menschen. Und wenn ein Mensch das Fleisch eines anderen Menschen isst, kann es passieren, dass er verflucht wird und sich in einen Wendigo verwandelt. Das passiert zwar sehr selten, aber es kann vorkommen.“
         Kyra musste einen heftigen Würgereiz unterdrücken.
         „Wahrscheinlich war unser Freund ein Vampir, der es ein bisschen zu weit getrieben hat“, sagte Daniel. „Du sagtest doch, dass sein Blut wie das eines Vampirs gerochen hätte. Vielleicht hat ihm das Blut von Menschen allein nicht mehr gereicht und er hat sich an ihrem ganzen Körper gütlich getan. Das wäre immerhin nicht so abwegig.“
         Kyra spürte ein unangenehm wuseliges Gefühl in ihrer Magengegend. Allein der Gedanke daran Menschenfleisch zu essen, erschien ihr so fürchterlich, so unglaublich schrecklich, dass sie sich am liebsten übergeben hätte. Wie krank musste man sein, um eine solch abscheuliche Tat zu begehen?
         „Das ist ja widerwärtig“, schnaubte Kyra fassungslos.
         „Was du nicht sagst“, erwiderte Seth trocken. „Mit so etwas schlagen wir uns tagtäglich herum. Auf dieser Welt gibt es Dinge, die man lieber gar nicht verstehen möchte.“
         Als sie Amarillo erreichten graute schon der Morgen und senkte seinen fahlen, blassen Schleier über die Dächer der Stadt. Noch immer nieselte es leicht und Kyra freute sich ungemein auf eine kalte Dusche. Ihr Körper und ihre Kleidung waren vollkommen blutbesudelt und Daniel und Seth sahen nicht im Geringsten besser aus. Doch anstatt vor der Einfahrt eines der vielen Hotels zu halten, fuhr Daniel geradewegs durch die Stadt hindurch und am anderen Ende wieder hinaus, ohne dabei auch nur ein Wort der Erklärung zu verlieren.
         „Ähm – da vorne war ein echt gutes Hotel“, sagte Seth. „Wollen wir nicht lieber wieder -“
         Doch Daniel schüttelte energisch den Kopf.
         „Nein, wir fahren zu Jim. Ich bin sicher, er hat einen ordentlichen Vorrat an Fischöl auf Lager.“
         Seth's Augen wurden plötzlich sehr rund.
         „Oh“, sagte er dann. „Oh, zu Jim? Ich weiß nicht, ob das eine gute...“
         „Das ist völlig egal. Wie sonst sollen wir um sieben Uhr morgens Fischöl auftreiben, kannst du mir das verraten?“ Und nach einer kurzen Pause fügte Daniel hinzu. „Außerdem versteht er sein Handwerk und bestimmt weiß er bereits Neues über den Orden.“
         „Ist Jim ein Jäger?“, fragte Kyra unverblümt.
         „Er ist mittlerweile pensioniert und lebt zurückgezogen am Rande von Amarillo“, sagte Seth. Er war der leitende Konsul des Ordens hier in Texas, ein hervorragender Priester.“
         „Es gibt noch mehr Orden als die in Phoenix und Wisconsin?“, fragte Kyra.
         Seth machte eine ungeduldige Handbewegung.
         „Natürlich, was denkst du denn? In jedem Staat der USA gibt es ein Hauptquartier. Und weitere Orden auf allen anderen Kontinenten dieser Welt. Ich glaube im Moment gibt es circa zweihundert Ordenshäuser weltweit.“
         Kyra verzog das Gesicht. Dass der Orden des Weißen Schwans auf der ganzen Welt operierte, hatte sie nicht gewusst. Dieser Gedanke war beunruhigend.
     
         Es war fast halb acht, als Daniel den Wagen in eine weitläufige Allee lenkte. Die holprige Straße wurde von großen, nackten Eichen gesäumt. Am Ende des Kiesweges stand ein kleines, verwittertes Haus, welches Kyra unwillkürlich an eine alte Jagdhütte aus den Dreißigern erinnerte. Sie stand windschief auf einem recht ungepflegten Rasen, der vor Unkraut nur so wucherte. Auf der Veranda befand sich ein zerschlissener, geflochtener Schaukelstuhl mit mottenzerfressenem Sitzpolster. Ein kleiner Brunnen, an dem etliche Steine herausgebrochen waren, stand einsam ein wenig abseits der Hütte und machte den Eindruck, als wäre er seit Jahrhunderten nicht mehr benutzt worden. Die knorrigen Äste einer uralten Kirsche bogen sich über das löchrige Dach bis hinunter zur Stirn der Veranda. Kyra entging nicht das rostige Gewehr, welches neben der Eingangstüre an der Wand lehnte.
         „Glaubst du, er ist überhaupt da?“, fragte Seth skeptisch.
         Daniel stellte den Motor ab und öffnete die Wagentüre.
         „Er hat diese Hütte seit Jahren nicht mehr verlassen“, meinte er unbekümmert. „Wo

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