Unheiliger Engel (German Edition)
machte? Seine aufgesetzte Kü h le? Eher nicht, denn sie ahnte, dass es nur eine Fassade war und darunter Temperament, Leide n schaft und Impulsivität schlummerten. Und an Macht und Reichtum war ihr s o wieso nicht gelegen, denn Liebe, Glück und Gesundheit konnte man sich auch damit nicht erka u fen. Was es auch immer war, in diesem Moment würde sie dieses Geheimnis nicht ergründen und aufschlüsseln können.
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„Du hast lange gebraucht . “ U nleidig und genervt schnauzte Sergej Tom an und ve r ließ mit ihm das Polizeirevier, in dem er die letzten Stunden verbracht hatte.
Im Gehen zog er seinen dunklen Mantel an und sein g e streifter Wollschal fiel zu Boden. Fluchend hob er ihn auf und blickte Tom an. Der u n terdrückte ein amüsiertes Grinsen, was Sergej noch mehr aufbrachte. Er stand sozus a gen kurz vor der emotionalen Explosion und Tom zeigte die Lässigkeit eines Gol f profis nach einem h ole - in - one.
„Immer noch so temperamentvoll, Sergej?“
„Das ist nicht zum Lachen . “
Sein schauspielerisches Talent hatte er die letz t en Stunden über Gebühr abr u fen müssen, denn die Beamten hatten ihn ordentlich in die Zange geno m men und manchmal hatte es große Überwindung gekostet, höflich zu bleiben.
„Ruhig Blut, mein Freund.“
„Das ist einfach gesagt, du hast dort nicht stundenlang si t zen und immer die gleichen Fr a gen beantworten müssen.“
„Was beklagst du dich? Ich war sicher, dass du dich wie immer geschickt aus der Affäre zie hst und daher habe ich lieber unsere Kontakte zum Polizeipräside n ten, dem Bürgermeister und dem Stadtrat genutzt, um dich mitnehmen zu kö n nen. Was nicht ganz einfach war, wenn du es wissen willst.“
„Wofür bezahle ich dich und deinen Stab, ihr sollt mir den Rücken frei halten und Pro b leme im Vorfeld aus dem Weg schaffen. Es kann nicht sein, dass ich morgens aus meinem Büro geholt werde, vor den Augen aller Angestel l ten, und einen ganzen Tag auf dem R e vier verbringen muss. Wenn die Presse Wind davon bekommt, so kurz vor der Gala, dann gute Nacht“ , knurrte Se r gej .
„Der ganze Stab hat sich für dich eingesetzt“, entgegnete Tom und hielt mit Sergej l o cker Schritt.
„Beim Golfspielen oder Mittagessen? Ich habe keinen von euch gesehen . “
„Wie ich schon erwähnte, es hätte dieses Mal auch anders ausgehen können. Schließlich hatten wir es noch nie mit solchen kriminellen Dimensionen zu tun . “
„So ernst?“ Seine Wut verrauchte nur langsam. „Wirklich?“
„Ja, wirklich . Mord, Sergej, es geht um Mord. “
„Verflucht, ich habe nichts getan und keine Ahnung, wer das Mädchen umg e bracht hat . “
„Ist dir nichts aufgefallen? Nicht irgendetwas?“
„ A ls ich ging, lag sie im Bett und hat geschlafen, ich kann mir wirklich keinen Reim d a rauf machen.“
„Du bist aktuell der Hauptverdächtige. Du warst die letzte bekannte Pe r son, die Tina Sahlmann lebend gesehen hat und dazu noch mit ihr in nähere m Ko n takt war. Am Tatort wu r den keine weiteren Spuren gefunden als deine und ihre. Natürlich wird noch ein i ges ausgewertet, das kann jedoch noch etwas dauern.“ Tom blieb wie immer gelassen und behielt die Übe r sicht, das schätzte Sergej an ihm. „Und dann noch diese verdammte Sache mit deiner Visitenkarte und dem Schachbrett. Bist du sicher, dass du die Ka r te nicht doch bei dir hattest?“
„Ja , verdammt, ich bin sicher“, fauchte Sergej.
„Sergej, komm wieder runter.“
„Ich versuche es . “ Er atmete tief durch. „Was hätte mir passieren kö n nen?“
„Festnahme, Vorführung beim Haftrichter sowie Anordnung einer Unters u chungshaft . Du hättest deine geliebte Freiheit verlieren können.“
Sergej spürte sich erbleichen . „Niemand sperrt mich ein“, zischte er . „ U nd s o weit ich weiß, hat jeder in diesem Land als unschuldig zu gelten, bis ihm anderes nachgewiesen wird.“
„Das stimmt so weit , jede Person, die einer Straftat verdächtigt oder a n geklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig. So nac h zulesen in Paragraf sechs, Absatz zwei der Europäischen Menschenrechtsko n vention“, bestätigte Tom. „Das heißt allerdings nicht, dass die Strafverfolgung bei dringe n dem Tatverdacht ausgeschlossen ist. Sie hätten dich somit heute vorläufig fes t nehmen und eine Untersuchungshaft anordnen kö n nen, auch ohne Beweis e .“
„Verstehe . “ Sergej blieb für einen Moment stehen und fra g te sich, was er getan
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