Universum der Doppelgänger
Stunden Schlaf werden Sie wiederherstellen – das heißt, nachdem wir unser kleines Gespräch beendet haben werden.«
»Ich will nicht reden, ich will schlafen. Ich brauche eine Narkose und eine Nierentransplantation. Tatsächlich bin ich dem Tode nahe, also wäre die Mühe sowieso vergeblich …«
»Unsinn, Lorenzo! Bald werden Sie wieder munter und fidel sein. Ich möchte Ihnen die Frage stellen – das heißt, die Sache ist die … wo ist sie?«
»Wer?«
»Spielen Sie nicht den Tropf, mein Junge«, erwiderte Prinz Krupkin etwas schärfer. »Sie wissen, wen ich meine.«
»Sagen Sie es mir trotzdem.«
Krupkin beugte sich vor. »Die Gräfin Andragorre!« schnappte er. »Was haben Sie mit ihr gemacht?«
»Wie kommen Sie auf die Idee, ich könnte etwas mit ihr gemacht haben?«
Seine Hoheit starrte O’Leary finster an. »Wer sonst könnte die Kühnheit gehabt haben, sie aus den luxuriösen Gemächern fortzuhexen, die ich der undankbaren Kreatur in meiner Herzensgüte zur Verfügung stellte?«
»Ich weiß es nicht«, murmelte Lafayette. »Aber wenn sie Ihnen entkommen ist, dann kann es nur gut für sie sein.«
»Sie werden mir die Wahrheit sagen, und wenn ich sie Ihnen mit glühenden Zangen entreißen muß, Sie elender Gauner!«
»Ich dachte, schonendste Behandlung sei die Verschreibung«, sage Lafayette. »Es ist erstaunlich, wie Sie ihm ähneln. Sie reden genau wie er. Wenn ich nicht bereits Swinhild und Hulk und die Gräfin Andragorre und Rodolfo kennengelernt hätte, würde ich schwören, daß Sie …«
»Ah, dieser schlüpfrig-glatte Aal, Rodolfo! Er hat Sie vom Pfad der Rechtschaffenheit gelockt, wie? Was hat er Ihnen versprochen? Ich werde es verdoppeln! Ich werde es verdreifachen!«
»Wenn ich mich recht entsinne, sagte er etwas über unvergängliche Dankbarkeit –«
»Ich gebe Ihnen das Zehnfache der Dankbarkeit, die dieser jämmerliche Baron aufbringen kann!«
»Ich wünschte, Sie würden sich entschließen«, sagte O’Leary. »Was soll es sein, der rote Läufer oder die Streckbank?«
»Nun, mein Junge, das war nur ein kleiner Scherz von mir. Wir haben gemeinsam große Dinge zu vollenden, Sie und ich! Eine ganze Welt ist zu gestalten! Die Reichtümer aller Minen und Wälder sind unser. Wir werden zusammenarbeiten. Mit meinem planerischen Genie und Ihren besonderen Talenten gibt es nichts, das wir nicht erreichen könnten!«
»Besondere Talente? Ich kann ein wenig die Harmonika spielen – habe es durch einen Fernlehrgang gelernt …«
Krupkin lachte und drohte mit dem Finger. »Sie sind ein Witzbold, Lorenzo, aber Sie wissen genau, was ich meine. Nun, ich will Sie nicht länger von Ihrer wohlverdienten Ruhe fernhalten. Sicherlich wird Ihnen ein warmes Bad gefallen, und danach ein behagliches Bett? Und nachdem Sie ausgeschlafen haben, können wir ausführlicher über Ihre weiteren Bedürfnisse und meine Pläne sprechen, nicht wahr? Großartig. Hier!« Der Prinz schnippte mit den Fingern, und ein Diener eilte herbei. »Bereite für meinen geehrten Gast die königliche Suite! Ein duftendes Bad, meine persönlichen Masseusen – und laß den Hofarzt kommen, daß er sich der Verletzungen dieses Edelmannes annehme.«
Lafayette gähnte gewaltig. »Ausruhen«, murmelte er. »Schlafen. O ja …«
Er war sich nur halb bewußt, daß er aus dem Raum und eine breite Treppe hinaufgeführt wurde. Sanfte Hände halfen ihm aus seinen beschmutzten Kleidern und in eine mächtige Badewanne, wuschen und trockneten und massierten ihn, legten ihn zwischen frische Laken. Als das Licht gelöscht wurde, streckte er sich mit einem Seufzer restloser Zufriedenheit aus …
Plötzlich waren seine Augen weit offen und starrten in die Dunkelheit. »Die Reichtümer aller Minen sind unser«, glaubte er Krupkin sagen zu hören. »Mit Ihren besonderen Talenten …«
Nur jemand von einer höherentwickelten Parallelwelt konnte etwas über die Reichtümer aller Minen wissen. Die Geologie war von Welt zu Welt annähernd die gleiche, und ein Außenseiter, der sich im rückständigen Melange niederließ und auf den Goldfeldern von Kimberley oder Alaska zu graben anfing, konnte todsicher mit einem reichen Fund rechnen.
»Das bedeutet«, murmelte Lafayette, »daß er ein Außenseiter ist – wie ich. Und nicht nur das …« Er fuhr bolzengerade im Bett auf. »Er weiß, daß ich ein Außenseiter bin! Was bedeutet, daß er mich von früher kennt, was wiederum bedeutet, daß er derjenige ist, dem er ähnlich sieht: Goruble,
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