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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Verzögerung gibt. Nachdem Sie mich gestern Abend angerufen hatten, habe ich sämtliche Telefonate untersagt, und das Gott sei Dank noch vor Mr Finchs kleinem Beitrag zu dem Thema. Die Geschworenen haben keinen Zugang zu Radios oder Fernsehgeräten, und auf dem Weg hierher heute Morgen wurden sie strengstens überwacht. Sie wissen also jetzt nichts davon, und wenn wir die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen einhalten, werden sie auch nichts erfahren, bis sie sich in ein oder zwei Tagen zur Beratung zurückziehen. Zur Not lasse ich auch den Gerichtssaal räumen.«
    »Sie könnten Verfahrensmängel anmelden«, sagte Dan. »Dann könnten wir von vorne anfangen.«
    Gale setzte zu einer Erwiderung an, aber die Richterin brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. »Überlassen Sie das mir, Mr Gale. Keine Verfahrensmängel, Mr Erickson. Mit diesem Verfahren ist alles in bester Ordnung.«
    »Euer Ehren, das Volk sollte nicht dafür bestraft werden, dass der Angeklagte sein Verbrechen so gut vertuscht hat und wir die Leiche erst jetzt gefunden haben.«
    »Sie haben eine Leiche gefunden, nicht die Leiche«, verbesserte Gale. »Und selbst wenn es tatsächlich Rachel sein sollte, liegen keine weiteren Beweise vor, die Mr Stoner mit der Leiche oder dem Fundort in Verbindung bringen. Das sind keine wertvollen neuen Informationen.«
    »Das wissen wir doch noch gar nicht«, zischte Dan zornig. »Wir haben die Suche am Fundort noch nicht abgeschlossen.«
    »Das stimmt, Mr Gale, übertreiben Sie es bitte nicht«, sagte Richterin Kassel. »Mr Erickson hat Recht. Sie haben mit der Tatsache, dass die Anklage keine Leiche vorweisen konnte, einiges an Boden gewonnen. Jetzt, wo eine Leiche aufgetaucht ist, können Sie nicht behaupten, dass das keine Rolle spielt.«
    »Die Anklage hat beschlossen, ohne Leiche in den Prozess zu gehen«, betonte Gale noch einmal. »Wenn dieser Fund erst in einer Woche erfolgt wäre, hätte man Mr Stoner längst freigesprochen.«
    »Das ist irrelevant, Euer Ehren«, sagte Dan.
    »Das mag ja sein. Aber Sie schienen mir tatsächlich recht begierig darauf, Mr Stoner vor Gericht zu bringen. Jetzt sind Sie offensichtlich nicht mehr ganz so begierig, dieses Gericht auch über sein Schicksal entscheiden zu lassen.« Richterin Kassel spitzte die Lippen und hob die Hand, bevor die beiden Anwälte noch etwas sagen konnten. »Ich möchte gern mehr über diesen Fund erfahren und darüber, wie lange es dauern wird, bis es klare Aussagen dazu gibt.«
    Ihr Blick suchte Jonathan Stride in der dritten Reihe des Zuschauerbereichs, und sie machte ihm mit dem Zeigefinger ein Zeichen, zur Richterbank zu kommen.
    Als er aufstand, spürte Stride die Blicke des ganzen Saales auf sich. Auf so etwas war er nicht vorbereitet. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, und seine Kleider waren dreckig und erdverschmiert. Seit dem frühen Abend und bis vor zwei Stunden, als er in aller Eile in die Stadt zurückgefahren war, war er im grellen Licht der Suchscheinwerfer über matschigen Boden gestapft und hatte, zusammen mit zwanzig anderen Polizisten, nach weiteren Spuren gesucht. Er hatte gewusst, dass es sich um ein glückloses Unterfangen handelte, obwohl sie auch noch die nächsten Tage damit verbringen würden, das Erdreich zu durchsuchen. Nach sechs Monaten, in denen es geregnet, geschneit und gefroren hatte, war nichts mehr übrig, was Graeme Stoner mit dieser Stelle in Verbindung bringen konnte: keine Fußspuren, keine Stofffasern, kein Blut, nichts. Nur eine Leiche, die eigentlich auch nicht viel mehr war als ein Haufen verstreuter Knochen.
    Aber immerhin hatten sie eine Leiche. Die Frage war nur: Wessen Leiche?
    Stride durchquerte das Schwingtor vor dem offiziellen Gerichtsbereich und trat neben Dan und Gale vor die Richterin. Sie musterte seine Kleider und die tiefen Ringe unter seinen Augen.
    »Wie ich sehe, hatten Sie eine lange Nacht, Lieutenant.«
    »Eine sehr lange Nacht, Euer Ehren«, bestätigte Stride.
    »Ich hoffe, Sie können die Augen lange genug offen halten, um mir ein paar Fragen zu beantworten.«
    Stride lächelte. »Ich werde mein Bestes tun.«
    »Ich danke Ihnen. Also, zunächst einmal: Wer hat Mr Finch und seinen Freunden von der Leiche erzählt? Es ist an sich schon schlimm genug, dass so etwas mitten in einem Prozess passiert, aber dass es dann noch in alle Welt hinausposaunt wird, macht es sehr viel schlimmer. Wir können von Glück sagen, dass die Geschworenen nichts davon mitbekommen haben.«
    »Das tut mir

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