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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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gesehen?«, fragte Serena.
    »Als ich von dem Klub weggegangen bin«, sagte Lavender. »Vor etwa einem Monat.«
    Cordy zog zögernd das Foto aus der Tasche. »Könnte sie das sein?«
    Lavender warf einen Blick auf das Foto, machte die Augen zu und wandte das Gesicht ab. Dann öffnete sie die Augen wieder und warf einen weiteren kurzen Blick darauf. »Scheiße. Das ist ja furchtbar. Kein Mensch hat es verdient, so zu enden, wirklich keiner.«
    »Könnte sie es sein?«
    Lavender schaute vorsichtig noch einmal hin. »Möglich. Ich weiß es nicht. Wie soll man das sagen? Christi war wahnsinnig hübsch, sie sah nicht aus wie dieses … Ding da. Mein Gott, sie war fast so sexy wie ich. Wenn sie das ist … großer Gott.«
    Sie schüttelte den Kopf und gab ihnen das Foto umgedreht zurück.
    »Danke, Lavender«, sagte Serena. »Du hast uns wirklich sehr geholfen.«
    Cordy zwinkerte ihr zu. »Gracias. Wir sehen uns am Freitag.«
    »Du weißt ja jetzt, wie ich aussehe«, rief Lavender ihm nach. »Am Freitag will ich dich sehen.«

4
    Sie bogen an der Tropicana Avenue vom I-15 ab und warteten ungeduldig an der Ampel am Las Vegas Boulevard. Rechts von ihnen befand sich das nachgebaute Ritterschloss des Hotels Excalibur und links von ihnen die nachgebaute Skyline des New York New York. Aus ein paar Miniatur-Spritzenbooten, die um eine Nachbildung der Freiheitsstatue kreisten, schossen Fontänen in die Höhe.
    Ein bisschen Sprühnebel wurde bis auf die Straße getragen, und Serena spürte die Feuchtigkeit an der Wange. Das kühle Wasser tat ihr gut. Sie betrachtete die Touristenhorden, die in der stickigen Abendluft herumwanderten und eine Pause einlegten, bevor sie drinnen weiter ihr Geld verspielten. Sie schwitzten offensichtlich, wischten sich die Stirn und zupften an ihren Hemdkragen. Obwohl die Sonne längst hinter den Bergen verschwunden war, waren es immer noch zweiunddreißig Grad.
    Die Ampel wurde grün. Sie fuhren am MGM Grand vorbei und bogen an der Koval Lane links ab. Nach der nächsten Rechtskurve ließen sie die glitzernde Welt des Strip hinter sich und befanden sich gleich darauf in einem zwielichtigen Viertel voller zweistöckiger Häuser mit Gitterstäben vor den Fenstern. Das war der Schmelztiegel von Las Vegas, hier lebten Schwarze, Mexikaner, Inder und Einwanderer aus einem guten Dutzend weiterer Länder, die meistens Niedriglohnjobs im Dienstleistungsbereich der Kasinos hatten. Das Viertel war kein Verbrechensbrennpunkt wie die Naked City hinter dem Stratosphere Tower, wo die meisten Morde der Stadt begangen wurden. Hier gingen alte Frauen noch allein auf der Straße spazieren und schoben beladene Einkaufswagen nach Hause, und in den Höfen spielten Kinder und schlugen mit Stöcken nach den Skorpionen.
    Einen Kilometer weiter fanden sie schließlich die Vagabond Apartments, ein zweistöckiges Gebäude mit beschädigter weißer Stuckverzierung, das eigentlich wie ein Motel aussah. Die Wohnungen im Erdgeschoss gingen direkt auf den Parkplatz hinaus, und über eine Treppe gelangte man auf einen schmalen Flur mit rostigem Geländer, von dem aus man die oberen Wohnungen erreichen konnte. Vor allen Fenstern hingen dicke, fest verschlossene Vorhänge, und an den Türen, von denen die blaue Farbe bereits abblätterte, befanden sich Schließriegel.
    Als sie das Gebäude betrachtete, hatte Serena für einen Augenblick das Gefühl, wieder ein junges Mädchen zu sein, in der alten Wohnung in Phoenix. Trotz der drückenden Hitze fröstelte sie. Die Bilder blitzten vor ihr auf wie Momentaufnahmen. Der ausdruckslose Blick ihrer Mutter, die sie beobachtete. Die tätowierte Eidechse auf der Brust des Mannes, die ihre rosafarbene Zunge nach ihr auszustrecken schien. Und später das bräunliche Wasser, das aus dem Duschkopf tropfte.
    Serena atmete mühsam durch und schob die Vergangenheit von sich.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Irgendwie hatte ich sie mir in einer nobleren Umgebung vorgestellt. Sie hätte sich doch sicher etwas Besseres als das hier leisten können, wenn sie im Thrill Palace gearbeitet hat.« Es sei denn, sie war Alkoholikerin, setzte sie im Stillen hinzu. Oder drogenabhängig.
    »Vielleicht war sie ja untergetaucht«, sagte Cordy.
    Serena zuckte die Achseln. »Besuchen wir mal den Verwalter.«
    Die Tür der ersten Wohnung im Erdgeschoss stand offen und führte in einen kleinen Vorraum voller Briefkästen. Ein kleiner, etwa fünfzigjähriger Mann mit schütterem Haar kam ihnen entgegen. Er trug Shorts,

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