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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Hand hielt, war diese Hoffnung verschwunden.
    »Das hätte sie niemals freiwillig zurückgelassen«, hatte Emily nur gesagt. »Niemals. Tommy hat es ihr geschenkt. Sie hat es immer getragen, sogar unter der Dusche. Sie hat es niemals abgenommen.«
    Dann war sie schluchzend zusammengebrochen, während ihr Mann ungerührt zusah. »O mein Gott, sie ist tot«, hatte Emily vor sich hin gemurmelt. »Sie ist tatsächlich tot.«
    Stride hatte gar nicht erst versucht, ihr falsche Hoffnungen zu machen. Er hätte ihr ohne weiteres sagen können, dass der Fund des Armbands an und für sich noch nichts zu bedeuten hatte. Aber die Wahrheit war für alle offensichtlich. Wochenlang hatten sie nach einem lebendigen Mädchen gefahndet, hatten versucht, ihr Leben zu entschlüsseln, hatten nach der Lösung eines Rätsels gesucht.
    Jetzt würden sie mit einer anderen Suche beginnen. Mit der Suche nach Rachels Leiche.
    Stride hörte, dass hinter ihm die Tür des Polizeibusses zufiel, gleich darauf das Geräusch von Schritten im Schnee. Er warf einen Blick über die Schulter. Maggie trug eine schwarze gefütterte Kappe, darunter flauschige Ohrenschützer. Ihr roter Wollmantel reichte ihr bis zu den Knöcheln. Sie stapfte in Lederstiefeln mit fünf Zentimeter hohen, quadratischen Absätzen durch den Schnee und trug keinen Schal, doch der bitterkalte Ansturm des Windes schien ihrer goldenen Haut kaum etwas auszumachen.
    »Du frierst dir hier draußen doch den Arsch ab«, sagte sie. »Warum kommst du nicht rein zu uns?«
    »Guppo ist da drin. Hier draußen fühle ich mich sicherer.«
    Maggie zog die Nase kraus. »Ich habe darauf geachtet, dass er kein rohes Gemüse isst, und außerdem ist das Fenster einen Spalt offen, damit wir im Notfall gleich frische Luft haben.«
    »Danke, trotzdem nicht. Ich muss mich sowieso gleich dem Medienzirkus stellen. Es ist bald Zeit für die Abendnachrichten.«
    Stride schaute den Weg entlang. Etwa fünfzig Meter entfernt standen Polizeiautos, um eventuellen Verkehr aufzuhalten und das Gebiet abzuriegeln. Jenseits der Straßensperre sah er die Lampen der Fernsehkameras. Dort warteten etwa zwei Dutzend Reporter auf ihn, froren, murrten und verlangten nach Aufmerksamkeit. Durch den Wind hindurch hörte er nicht viel.
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Zehn vor fünf. Er hatte ihnen versprochen, zu Beginn der Nachrichten ein Live-Interview zu geben.
    »Warst du als Teenager auch mal hier?«, fragte Maggie.
    »Wie meinst du das?«
    Maggie grinste. »Na ja, die Frau, die das Armband gefunden hat, sagt, das ist seit Jahren ein ziemlich heißes Sex-Pflaster.«
    Stride zuckte die Achseln. »Ich bin mit meinen Freundinnen immer nur auf schöne, ungefährliche Schotterstraßen am See gefahren.«
    »Und wer ist dann hierher gekommen?«, fragte Maggie.
    »Die, die leicht zu haben waren.«
    »Das war jetzt bestimmt eine sexistische Bemerkung. Soll ich dich wegen sexueller Belästigung anzeigen?«, stichelte sie.
    »Wenn man ein Mädchen zu einer romantischen Fahrt um den See überreden konnte, hatte man ganz gute Chancen, auch bis zur zweiten Base zu kommen.«
    »Erklär mir doch noch mal, was ›zweite Base‹ bedeutet.« Maggie fuhr sich spielerisch mit der Zunge über die Zähne. »In China kennen wir uns nicht aus mit Baseball. Heißt das Brüste, Brustwarzen, oder was?«
    Stride ignorierte die Bemerkung. »Wenn man allerdings vorschlug, zur Scheune zu fahren, und das Mädchen war einverstanden, dann wusste man ganz genau, was man zu erwarten hatte. Man schlug das allerdings auch nicht vor, wenn man sich nicht ganz sicher war, mit was für einem Mädchen man es zu tun hatte. Sonst riskierte man eine Ohrfeige.«
    »Und was war mit dir?«
    »Ich weiß noch, wie ich mal Lori Peterson beiläufig einen Ausflug zur Scheune vorgeschlagen habe«, sagte Stride. »Sie hat mir ihre Cola ins Gesicht geschüttet.«
    »Gute Reaktion«, kommentierte Maggie. »Heißt das, Rachel war leicht zu haben?«
    Stride kaute an der Unterlippe. »Zumindest sagt das jeder.«
    »Nur haben wir leider noch immer keinen Jungen aufgetrieben, der zugibt, mit ihr geschlafen zu haben«, sagte Maggie.
    »Ja, das ist eigenartig, nicht? Aber wer will schon freiwillig Verdacht auf sich lenken, nachdem das Mädchen ja verschwunden ist?«
    »Dann glaubst du also, sie hatte hier ein Date?«
    »Kann sein«, sagte Stride. »Sie hat sich kurz vor zehn von Kevin verabschiedet und ihm gesagt, sie wäre müde. Rachel scheint mir aber nicht der Typ zu sein, der am

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