Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
Vom Netzwerk:
ließ sich nicht mehr auf die Weise gehen, wie sie es vorher getan hatte. Und obwohl er das niemals geäußert hätte, konnte Stride plötzlich nachvollziehen, warum Robin sie im Bett als kalt empfunden hatte. Sie schien nicht in der Lage zu sein loszulassen. Vielleicht hatte sie auch einfach nur Angst.
    Stride fragte sich immer wieder, ob er auch das Richtige empfand, ob seine Gefühle so waren, wie sie sein sollten. Aber das waren dumme Fragen. Das einzig Entscheidende war, dass er jetzt mit seinem Schmerz umgehen konnte. Und dass sein Leben insgesamt sehr viel angenehmer geworden war. Es gefiel ihm, Andreas Körper neben sich zu spüren. Es gefiel ihm, wie gut er sich mit ihr fühlte. Er war gern mit ihr zusammen.
    Jetzt sah er sie an und las Angst in ihren Augen, aber auch, wie sehr sie ihn brauchte. Das sah er jedes Mal, wenn sie ihn anschaute. Am liebsten hätte er sich ganz darin eingehüllt.
    »Du denkst an den Prozess, oder?«, fragte Andrea.
    Er hatte nicht daran gedacht, aber es war einfacher, Ja zu sagen.
    »Was sagt Dan über die Geschworenen?«, fragte sie.
    »Die sind so gut wie eben möglich«, sagte Stride. »Dan geht kein Risiko ein.«
    »Du klingst aber nicht sehr überzeugt.«
    Stride zuckte die Achseln. »Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir mehr konkrete Beweise hätten. Aber Stoner ist einfach zu gerissen.«
    »Das verstehe ich nicht. Ihr habt doch Blutspuren von Rachel im Wagen und am Tatort gefunden. Reicht das denn nicht?«
    »Bei den meisten Anwälten würde es reichen. Aber ich habe mich schon öfter mit Archie Gale angelegt. Der ist imstande und macht den Geschworenen weis, dass ich sie umgebracht habe.« Stride lachte.
    »Glaubst du, er macht auf O.J. Simpson und behauptet, die Beweise seien bewusst platziert worden?«
    Stride schüttelte den Kopf. »Nein, so was nicht. Das würde in dem Fall auch gar nicht funktionieren. Ich glaube auch nicht, dass er die DNA-Analyse anzweifeln wird. Doktor Yee ist über jeden Zweifel erhaben. Aber wir haben nun mal keine Leiche, und wir haben auch niemanden, der Graeme und Rachel an dem Abend, als sie verschwunden ist, zusammen gesehen hat. Und außerdem haben wir niemanden, der beweisen kann, dass sie Sex hatten, nachdem Nancy Carver nicht als Zeugin zugelassen wurde.«
    »Bist du denn sicher, dass er schuldig ist?«, fragte Andrea.
    »Ich habe mich schon häufig geirrt. Aber diesmal weist alles auf Graeme hin. Ich bin mir nur nicht sicher, ob wir das beweisen können. Und ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass der Mistkerl davonkommt, nur weil er schlauer und reicher ist als wir. Ich habe einfach ein ungutes Gefühl, als gäbe es da noch ein Puzzlestück, das wir übersehen haben. Und wenn ich das schon denke, dann will ich gar nicht wissen, was Gale denkt. Am Ende findet er sogar noch das fehlende Stück.«
    »Aber was könntet ihr denn übersehen haben?«
    »Wenn ich das wüsste«, erwiderte Stride. »Die Beweisführung kommt mir schon plausibel vor, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass uns einfach noch ein Teil der Geschichte fehlt.«
    Er sah zum Himmel hinauf. Die Wolken waren jetzt fast herangekommen, und der blaue Himmel hatte sich ringsum verdunkelt, sodass es praktisch finster war. Wellen donnerten heran, brachen sich am Bug und übergossen sie mit kalter Gischt. Das Boot schwankte, hob sich aus dem Wasser und kam mit einem Ruck wieder auf. Andrea verlor das Gleichgewicht und hielt sich an Strides Arm fest. Er drosselte den Motor, bis das Boot sich kaum noch bewegte.
    Das Unwetter brach mit einer Wucht über sie herein, die sehr viel heftiger war, als Stride erwartet hatte. Ströme von Regen, die der Wind fast waagerecht wehte, prasselten auf sie nieder und stachen ihnen in die Haut wie tausend Bienen. Stride sah fast nichts mehr. Er versuchte zu blinzeln, doch selbst aus zusammengekniffenen Augen konnte er nichts sehen. Der Horizont war verschwunden. Es gab nur noch die schwarzen Wolkenmassen, die sie umgaben, und die undurchdringliche Regenwand.
    Stride drückte den Knopf am Armaturenbrett, der irgendwo weit unter ihnen den Anker auswarf. Er wollte sichergehen, dass sie nicht kenterten. Der See warf das Boot im Kreis herum und ließ es auf den hohen Wellen tanzen. Trotz des Ankers neigte es sich so weit nach links, dass Stride bereits befürchtete, sie würden doch kentern. Sie mussten sich an das glitschige Messinggeländer klammern, um nicht von Bord gespült zu werden. Das Boot richtete sich wieder auf und begann von neuem,

Weitere Kostenlose Bücher