Unschuldig
Herbert an: »Tim Möller hatte kurz vor Lea Buckows Ermordung Sex mit ihr. Bei meiner Befragung aber hat er jede Nähe zu ihr bestritten. Bitte ruf Chris Gregor an, sie soll dafür sorgen, dass Möller sofort vorgeführt wird. Und ich brauche vorsorglich einen Haftbefehl. Er filmt auch viel im Ausland, bei ihm besteht also Fluchtgefahr. Alles klar?«
Herbert stimmte zu, er würde sich sofort darum kümmern, und Ulla sagte zufrieden: »Alles klar«, als hätte Paulas Bitte ihr gegolten. »Aber vorher müssen wir uns noch ein wenig stärken.« Seit sie ihrem Schlankheitswahn abgeschworen hatte, brachte sie hin und wieder Kuchen mit ins Büro. Jetzt nahm sie mehrere große Stücke Pflaumenkuchen aus einer Tupperdose und bot Paula eines davon an.
»Selbst gebacken?«
»Ja, was denn sonst?«, kam es stolz zurück.
»Gibt’s auch einen Kaffee dazu?«
»Sicher.« Ulla lächelte zufrieden.
Paula wollte Sascha Buckow nicht zu lange warten lassen, konnte aber Ullas Pflaumenkuchen nicht widerstehen. Eilig schlang sie ein halbes Stück in großen Bissen hinunter und trank eine große Tasse Kaffee dazu.
Zurück im Besprechungszimmer, kam Paula gleich zur Sache: »Sie sind also zwischen Hamburg und Berlin herumgefahren?«
»Ja.«
»Sind Sie in Berlin auch in die Stadt hineingefahren?«
»Nein.«
»Sie sagen nicht die Wahrheit.«
»Wie kommen Sie darauf?« Buckows Stimme klang entrüstet.
»Weil Sie hierauf sehr gut getroffen sind.« Sie hielt Buckow das Foto der Verkehrspolizei unter die Nase. »Erkennen Sie sich wieder?«
Buckow starrte auf das Bild.
»Messedamm Ecke Neue Kantstraße. 22.36 Uhr. Um diese Zeit war Ihre Frau allein in dem Restaurant, alle anderen waren bereits gegangen. Vom Messedamm bis zum Ku’damm schafft man es in fünfzehn Minuten.«
Er antwortete nicht, sondern hielt seinen Blick noch immer starr auf das Foto gerichtet. Wahrscheinlich überlegte er angestrengt, wie er sich aus dieser fatalen Lage herauswinden könnte. »Gut, dann war ich eben doch in Berlin. Aber was sagt das schon aus?«
Paula zog einen Stuhl heran und setzte sich ihm gegenüber. »Warum haben Sie gelogen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich musste es versuchen.«
»Beginnen wir nochmal von vorne«, forderte Paula ihn auf.
Er schwieg.
»Wie wäre es, wenn Sie mir zur Abwechslung mal die Wahrheit sagen?«
Mit einem gewaltigen Ruck sprang er auf, sodass der umgeworfene Tisch Paula vom Stuhl riss, und schrie: »Ich habe Lea nicht umgebracht, ich habe sie nicht umgebracht! Ich habe sie geliebt.«
Nur wenige Sekunden später standen Tommi und Marius in der Tür.
Paula saß völlig perplex auf dem Boden und hatte Mühe, wieder auf die Beine zu kommen. Sie rieb sich die Hüfte und sagte in Richtung ihrer Kollegen: »Herr Buckow wollte sich sowieso gerade verabschieden! Marius, könntest du ihn bitte nach Hause fahren?«
Als die beiden das Zimmer verlassen hatten, fragte Tommi: »Warum hast du ihn gehen lassen? Er hat kein Alibi für die Tatzeit. Und er lügt.«
»Ich glaube nicht, dass er es war«, sagte Paula. »Er ist unsympathisch, und die Wahrheit sagt er auch nicht immer. Aber umgebracht hat er sie nicht, weil er einfach kein Motiv hat.«
Trotzdem bat sie Tommi, nicht nur alle verfügbaren Informationen über Sascha Buckow zusammenzutragen, sondern auch die Kollegen mit seiner Überwachung zu beauftragen. Sobald Marius ihn in seiner Villa abgesetzt hatte, sollte er davor warten, bis die Kollegen eingetroffen waren.
»Es ist schon spät, ich hau jetzt ab«, sagte Ulla.
»In Ordnung, Tommi und ich bleiben noch. Ich warte auf Möller. Gibt es noch einen Kaffee?«
Ulla goss ihr nicht nur den Kaffee ein, sondern massierte ihr auch den Nacken, was sie mit einem wohligen Seufzer über sich ergehen ließ. Ein paar Minuten später verabschiedete Ulla sich und ließ Paula allein mit Tommi im Büro zurück.
Ich wäre jetzt auch lieber zu Hause, dachte Paula wehmütig. Auch wenn Jonas gar nicht da war, weil er wieder Bereitschaftsdienst in der Klinik hatte und Sandra und Manuel sicher schon schliefen.
Herbert hatte inzwischen den Haftbefehl für Möller besorgt. Als der Regisseur Paula und Tommi nach Mitternacht vorgeführt wurde, war er kalkweiß im Gesicht und verlangte einen Anwalt.
Paula gab ihm eine Liste mit allen Berliner Strafverteidigern, aber er konnte sich nicht entscheiden. Er sagte, er müsse sich erst erkundigen, welcher gut genug sei.
»Geht in Ordnung. Solange werden Sie allerdings ins
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