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Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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Theater geschafft.
    »Du wartest noch«, sagte der Türsteher mit deutlich russischem Akzent und hielt ihn am Arm fest. Der Kerl war kräftig und hatte nervöse Augen, umgeben von violetten Ringen, die darauf hindeuteten, dass es schon eine Weile her war, seit er eine Nacht durchgeschlafen hatte. Sein erster Gedanke, als er ihm ins Gesicht sah, war, Achtung, der Typ ist voll auf Speed.
    Trotzdem schüttelte er seinen Arm ab, ging auf den Eingang zu und wurde plötzlich von hinten an beiden Schultern gepackt. »He, was soll das?«
    Ein zweiter Türsteher war sofort da: »Was ist los?« Er war noch größer und kräftiger als sein Kollege.
    »Fragen Sie den Herrn hier. Er hat mich angefasst.«
    »Ich habe nur gesagt, er soll warten«, sagte der erste Türsteher.
    »Vergessen Sie es. Der Typ ist verrückt.«
    »Immer hübsch ruhig bleiben«, sagte der Zweite. »Ich will keinen Ärger.«
    »Meinen Sie ihn?«
    »Nein, dich«, antwortete der Zweite und baute sich zusammen mit dem Kollegen vor ihm auf. »Wir warten jetzt schön zusammen, bis es weitergeht.«
    Nach zwanzig Minuten war er schließlich drin. Er zahlte den Eintritt von zwanzig Euro und sah sich um. Es hatte sich gelohnt. Bunte Plastiksessel aus den Siebzigerjahren standen herum, von der Decke baumelten flimmernd bunte runde Lampen, die Wände waren mit Fantasy- und Barbarella-Motiven bemalt. Der Saal kochte. Es war laut, bunt und verrucht. Gnadenlos harte Bässe, gleißende Stroboskoplichter. Der DJ befeuerte die tanzende Menge mit hartem Techno. We sleep when we are dead , verkündete ein neongrüner Schriftzug an der Wand.
    An der Theke konnte er sie zunächst nicht finden, und so ging er weiter in Richtung Tanzfläche, die bereits gut zur Hälfte gefüllt war. Ein paar Mädchen in Federkostümen ließen Konfetti aus Plastiktüten regnen. Er suchte die sich bewegenden Körper ab, weil er sie unter den Tanzenden vermutete, konnte sie aber zuerst nicht entdecken. Doch, da war sie! Sie stand zusammen mit zwei anderen jungen Frauen an der Bar. Er registrierte ihre engen, zerrissenen Jeans, das Glitzertop und ihre frisch gefärbte Kurzhaarfrisur, schwarz mit roten Strähnen. Nur kurz schaute er zu ihr hin, denn es war wichtig, dass sie zuerst auf ihn aufmerksam wurde.
    Dann stellte er sich ein paar Meter von ihr entfernt in der Nähe der Tanzfläche in Position. Dort würde sie ihn gut sehen können. Bewusst atmete er in den Bauch. Nach einer kurzen Weile spürte er ihren Blick. Sie musterte ihn von der Seite. Er musste warten können, seine Karten richtig und vor allem ganz langsam ausspielen. Das Timing war enorm wichtig. Sie sollte jede Menge Zeit haben, ihn gründlich zu betrachten und ihre Fantasie spielen zu lassen. Sie musste ihn haben wollen.
    Er drehte sich mit einer kleinen Bewegung zu ihr hin und schenkte ihr sein schönstes schüchternes Lächeln. Er hatte es nicht nötig, den Macho raushängen zu lassen. Frauen wollten wahrgenommen, sie wollten respektiert werden.
    Sie schaute ihn an und lächelte zurück.
    Er ging hin zu ihr und fragte sie, ob er sie auf ein Getränk einladen dürfe.
    Sie nickte.
    Ist ja alles total einfach, dachte er und bestellte an der Bar zwei doppelte Gin Tonic auf Eis.
    »Was machst du so?«, fragte sie.
    »Ich unterhalte mich mit dir.«
    »Nein, ich meine beruflich.«
    »Ich studiere Tiermedizin.«
    »Was? Machst du Witze?« Plötzlich war sie ganz aufgeregt.
    »Nein, wieso sollte ich Witze machen?« Er zahlte, nahm die beiden Gläser von der Theke, gab ihr eins, streifte dabei leicht ihre Hand und prostete ihr zu. »Nächstes Jahr bin ich fertig.«
    Noch immer ungläubig blickte sie ihn an.
    Er setzte neu an: »Ich liebe Tiere.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Deshalb studiere ich ja Tiermedizin. Ich wollte schon als kleiner Junge Tierarzt werden.«
    Sie nickte. »Ich arbeite als Tierpflegerin.«
    Er lachte. »Das glaub ich jetzt nicht. Ist ja toll!« Er sah sie mit einer Begeisterung an, als wollte er sie auf der Stelle küssen.
    Sie lächelte ihn an. »Welche Tiere magst du denn am liebsten?« Sie nahm einen tiefen Schluck zuerst aus ihrem und dann aus seinem Glas.
    »Ich mag eigentlich alle Tiere.« Er machte eine kleine Pause und sagte dann nachdenklich: »Manchmal glaube ich, ich verstehe mich mit Tieren besser als mit Menschen.«
    »Das Gefühl kenne ich gut.« Sie strahlte und setzte das Glas wieder an die Lippen.
    Er bestellte für sie sofort noch einen Gin Tonic, kaum dass sie den letzten Schluck getrunken hatte. Ständig

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