Unser Leben mit George
oder auch, wenn der Hund große Angst hat.
Beim Cavalier jedoch brauchten diese Drüsen manchmal — wie soll man sagen — etwas
Nachhilfe. In anderen Worten, sie müssen von Hand ausgedrückt werden. Dies
könne einerseits vermittels eines strategisch platzierten Papiertaschentuches
und durch leichtes Drücken außen am Hundepo geschehen (hierzu gab es ein sehr
aufschlussreiches Bild) oder aber intern, indem man einen behandschuhten, mit
Gleitmittel versehenen Finger ins Rektum des Hundes einführt. Hierzu gab es
eine etwas unklare Zeichnung, auf der die Sache im Querschnitt dargestellt war,
ähnlich denen, die mir im Biologieunterricht in der Schule den Sex verleidet
hatten. Obwohl diese Prozedur ziemlich eklig war, wie die Verfasserin zugab,
war es nicht schwer für den Besitzer eines Cavaliers, sie zu erlernen. Der Tierarzt
konnte einem wahrscheinlich genau zeigen, wie man vorgehen musste.
Da es sich bei mir um eine
Hundebesitzerin handelte, die nicht die Absicht hatte, die Analdrüsen ihres
Hundes selbst zu leeren, war es höchste Zeit, George mit dem Tierarzt bekannt
zu machen, der bisher Monster Mog behandelt hatte.
Mit etwas mehr als fünf Kilo war George
ein perfektes Exemplar eines schlanken, jungen Cavalier King Charles Spaniels,
wie der Tierarzt bei unserem ersten Besuch feststellte. Zum Glück schien er
kerngesund zu sein und hatte keine der Herz-, Knie- oder Hüftprobleme, die bei
dieser Rasse so häufig sind. Das einzige Problem, das der Tierarzt vorhersah,
betraf seine Ernährung. Das Gemisch aus Kutteln und Futterflocken für Welpen,
das die Züchterin empfohlen hatte, bezeichnete er als »grauenhaft«. Stattdessen
schlug er vor, dass ich George an eines der vorzüglichen Alleinfutter gewöhne,
die es jetzt gab. Vielleicht würde es ein wenig dauern, bis George sich daran
gewöhnt hatte — ich sollte mich auf Proteste und möglicherweise auch auf etwas
Durchfall gefasst machen — , aber für die Zukunft sei es sicher das Beste.
Wir verabschiedeten uns, nachdem
Georges Analdrüsen von einer Helferin ausgedrückt worden waren, irgendwo in
einem Hinterzimmer und weit weg von mir. Ich selbst war beladen mit Schätzen,
sowohl pharmazeutischer als auch anderer Herkunft, darunter Tabletten gegen
Würmer, Flohspray, Trockenfutter mit Rindergeschmack, Hundezahnpasta mit
Geflügelgeschmack, eine Hundezahnbürste, eine Hundehaarbürste, ein Hundekamm,
Hundeshampoo und Conditioner, ein Hundesitzgurt fürs Auto, ein paar Leckerli
und eine Tüte fluorhaltiger Hunde-Kaubonbons. Was es auch gab — solange es mit ›Hunde-‹
anfing, kaufte ich es.
Nach unserem Besuch beim Tierarzt war
ich entschlossen, meine Verantwortung als Hundebesitzerin ernst zu nehmen. Die
Pflege meines Cavaliers beherrschte jetzt mein Leben. Zwar hatte ich auch ein
Kind und einen Beruf, aber jetzt war George mein Fulltime-Job geworden. Als
Erstes ließ ich ihn jeden Morgen in den Garten hinaus. Dann ging ich in die
Küche hinauf und füllte seinen Wassernapf mit frischem Wasser und den Fressnapf
mit einer guten Portion des Trockenfutters, das der Tierarzt empfohlen hatte.
Ich weiß wirklich nicht, warum ich das tat, denn George weigerte sich
standhaft, es auch nur anzurühren. Als ich es ihm zum ersten Mal anbot, hatte
er flüchtig daran gerochen und sich dann mit vorwurfsvollem Blick auf den
Küchenfußboden geworfen. Seitdem war er im Hungerstreik.
Selbstverständlich begleitete George
Joshua und mich auf dem Schulweg. Die Nase am Boden, drehte er jeden noch so
ekligen Fund um und untersuchte ihn in der Hoffnung, dass es sich um etwas
Essbares handelte, womit er uns klarmachen wollte, dass er lieber Dreck fressen
würde als die harten, trockenen Brocken, die er zu Hause bekam. Mindestens
einmal auf jedem Gang zur Schule mussten wir ihm mit Gewalt das Maul öffnen, um
ihm etwas Ungenießbares zu entwinden, sei es ein vergammelter alter Knochen
oder etwas Süßes, Klebriges, das er in der Gosse gefunden hatte. Und jeden
Morgen versuchten wir mindestens zweimal, uns unsichtbar zu machen, wenn George
in die Kniebeuge ging, was meist an einer nicht sehr geeigneten Stelle
passierte wie mitten auf dem Gehweg oder wenn wir gerade halb über die Straße
waren. Denn obwohl nicht sehr viel an Georges vorderem Ende hineinging, kam
noch immer ziemlich viel am anderen Ende heraus.
»Musst du das wirklich aufheben,
Mum?«, beklagte sich mein Sohn, wenn ich die Häufchen mit einer der
Plastiktüten aufnahm, die mir jetzt aus allen Taschen
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