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Unser Leben mit George

Unser Leben mit George

Titel: Unser Leben mit George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Summers
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verschwand.
    Was das Schlafen im Bett und das Sitzen
auf den Sofas anbelangt, so hatte George auch da den stärkeren Willen bewiesen.
Selbst der Tierarzt musste sich geschlagen geben: Nach der Sache mit dem
Schaumgummiball verschrieb er George eine teure Hundeschonkost aus Dosen, die
mein Cavalier mit Begeisterung verschlang. Danach hielt er sich wieder an
Hähnchen, gefolgt von mehr Hähnchen, und zur Abwechslung auch mal Hähnchen
vermischt mit Monster Mogs Katzenfutter — aber nur, wenn die Katze es nicht
sah. Und somit hörte auch Georges ununterbrochenes Bellen auf. Unser Hund war
wieder glücklich, wenigstens fürs Erste.



10.
Kapitel
     
    Vielleicht befürchtete meine Schwester, dass mein
Leben zu sehr von meinem Hund beherrscht wurde, deshalb beschloss sie im März
1999, mich mit einem Mann bekannt zu machen. Anthony war ein erfolgreicher
Architekt und Anfang sechzig. Er war Witwer, seine hübsche junge Frau war vor
acht Jahren an Brustkrebs gestorben. Vielleicht war es das gemeinsame Erlebnis,
den Partner verloren zu haben, dass wir uns zueinander hingezogen fühlten, denn
entgegen meiner ursprünglichen Erwartung verstanden wir uns auf Anhieb sehr
gut. Ich fand Anthony hinreißend, und ich glaube, er mochte mich auch, denn er
ergriff bei der Schilderung meiner häuslichen Verhältnisse nicht sofort
schreiend die Flucht, obwohl er kein Hundefreund war und Katzen aus tiefstem
Herzen hasste.
    Wie er während des Essens erzählte (zu
dem Sue eingeladen hatte, um uns zusammenzubringen), hatte Jackie, seine
verstorbene Frau, drei Katzen gehabt, die Dinsdale, Ginger und Norman hießen.
Anthony mochte keine von ihnen, aber Norman, die trotz ihres Namens weiblich
war, brachte ihn besonders gegen sich auf. Obwohl sie sehr zierlich war, war
sie sehr selbständig, völlig furchtlos und ziemlich bösartig. Jedes Mal, wenn
sie der riesigen Deutschen Dogge begegnete, die in der Wohnung unter ihnen
wohnte, flog Norman wie ein Geschoss auf den Hund zu, landete auf seinem Rücken
und grub ihre Klauen ein.
    Eines Tages, als Jackie zur Arbeit und
die Töchter in der Schule waren, wollte Anthony zu Hause arbeiten und fand alle
drei Katzen auf seinem Zeichentisch vor. »Gleich drei von diesen Biestern«,
erzählte er, während wir aßen, »und plötzlich war es einfach alles zu viel für
mich.« Ohne nachzudenken, setzte er Norman in einen Karton, stellte ihn ins
Auto und fuhr von ihrem Haus in Camden Town nach Hampstead. Mit dem Karton
unter dem Arm ging er bis zum äußersten und waldreichsten Winkel von Hampstead
Heath, öffnete den Karton und setzte Norman aus. Er ließ sie dort und fuhr ohne
sie nach Hause. Er wusste natürlich, dass das, was er tat, grausam war, aber er
konnte nicht anders.
    Am Abend gingen Jackie und die Töchter
Lara und Alice in den Garten und riefen die Katzen zum Füttern herein, wie sie
es immer taten. Dinsdale und Ginger tauchten auf, Norman jedoch nicht. Ob
Anthony sie gesehen hatte? Nein, sagte er, hatte er nicht. Am nächsten Tag
wiederholte sich das Ritual, und am Tag drauf ebenfalls, aber Norman blieb
verschwunden. Die Mädchen liefen durch die Straßen der Nachbarschaft auf der
Suche nach ihrer verlorenen Katze, und Jackie rief das Tierheim an, um zu
fragen, ob sie dort sei, aber von Norman gab es keine Spur.
    Anthony, der alles mit ansah, hatte
furchtbare Gewissensbisse. Aber jetzt war es zu spät, etwas zu tun. Er dachte
wirklich, er habe sich die längste Zeit über Norman geärgert. Doch dann, etwa
sechs Wochen später, kam er eines Abends nach Hause, als Alice und Lara etwas feierten.
»Rate mal, was passiert ist! Norman ist wieder da!«, riefen sie begeistert.
Anthony ging in die Küche. Dort saß sein Quälgeist, mitten auf dem Tisch,
magerer, dreckiger, mottenzerfressener und verlauster denn je. Als sie Anthony
sah, warf sie ihm einen anklagenden Blick zu, aber er wusste, dass sein
Geheimnis bei ihr sicher war. Wo war sie in den sechs Wochen gewesen? Und vor
allem, wie hatte sie den Weg nach Camden Town zurück gefunden? Niemand würde es
je erfahren.
    Anthony wusste, dass das, was er getan
hatte, ziemlich schlimm war, aber er erzählte die Geschichte auf so komische
Art und Weise, dass selbst ein Tiernarr wie ich nicht aus dem Lachen herauskam.
Nur mein Bruder Philip fand nichts Lustiges daran. Ich weiß nicht, ob er
Anthony jemals verziehen hat.
    Man könnte der Ansicht sein, dass es
neun Monate nach dem Tod des Partners viel zu früh für eine neue Beziehung ist.
Lür mich war es

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