Unser Sommer in Georgia
Logan.« Lodge schrieb den Namen auf und schaute Riley dann mit einem Lächeln an. »Der frühere Freund ...«
»Nicht meiner ... Er war Maisys Freund.«
»Ach so.« Lodge blickte zum Fenster hinüber und sah sie dann wieder an. »Aber ich erinnere mich, dass ihr beide, du und Mack, unzertrennlich wart.«
»Sandkastenfreunde«, meinte Riley.
»Klar. Danke für die Informationen.« Lodge stand auf, streckte die Hand aus und zog Riley hoch. »Hey, geht Brayden heute angeln?«
»Ganz bestimmt. Heute ist schließlich der letzte Schultag. Da ist Brayden wahrscheinlich schon unten auf dem Steg, noch bevor es das letzte Mal geklingelt hat.«
»Na, dann sag ihm, dass ich auch runterkomme, wenn er heute ... angeln möchte.«
»Brayden würde jeden Tag angeln, wenn er könnte, von morgens bis abends.«
Lodge berührte Rileys Arm und strich mit dem Finger über eine Stelle auf ihrem rechten Handgelenk, wo ein Angelhaken eine gekrümmte Narbe hinterlassen hatte. »Ich hab mal ein Mädchen gekannt, das auch am liebsten jeden Tag geangelt hätte, von morgens bis abends.«
»Schon erstaunlich«, sagte Riley, »was wir ganz unwillkürlich an unsere Kinder weitergeben.«
»Wann bist du denn das letzte Mal unten auf dem Steg gewesen?« Lodge schob seinen Notizblock in eine abgenutzte Ledermappe.
»Ich gehe fast jeden Tag hin.«
»Ich meine, um was anderes zu tun, als bloß deinen Sohn abzuholen.«
Riley hatte nicht die Absicht, diese Frage zu beantworten. Sie lächelte.
»Ganz herzlichen Dank, dass du diesen Artikel schreibst. Ruf mich an, wenn dir irgendwas einfällt, was du zu fragen vergessen hast!«
Lodge nickte. »Kapiert.«
Beim Hinausgehen winkte er noch einmal, ohne sich umzudrehen.
Riley atmete auf und kehrte in ihr Büro zurück, an ihre Arbeit. Dass man ständig daran erinnert wurde, wie man als Kind gewesen war, war unbestreitbar ein Nachteil, wenn man in seiner Heimatstadt lebte. Ihre Schwestern hatten solche Sorgen nicht, denn sie hatten anderswo neu anfangen und sich eine neue Identität zulegen können. Gelegentlich, so wie in diesem Moment, bereute Riley, dass sie so feige war. Sie war nie weiter von zu Hause fortgezogen als um eine Straßenecke. Das eigenständige Leben, das sie sich aufgebaut hatte, spielte sich in Rufweite ihres Elternhauses ab.
Die getünchten Wände des Driftwood Cottage Bookstore, die breiten Bodendielen, die Deckenbalken und die schiefe Hintertreppe gehörten jetzt genauso zu ihrem Leben wie die Gene der Sheffields, die sie prägten. Jede Familie, die die Räume dieses Hauses bewohnt hatte, hatte ihre eigene Geschichte zu erzählen - von Kummer und Freude, von Katastrophen und Siegen. Riley fand es passend, dass ein Haus, das so viel zur Geschichte der Stadt beigetragen hatte, jetzt vom Fußboden bis zur Decke Bücher voller Geschichten beherbergte. Nur in ihren Lieblingsbüchern, hatte sie festgestellt, war die Welt so, wie sie sein sollte. Die Familie und Brayden trösteten sie über ihre Einsamkeit hinweg. Auch die Arbeit half, und die Bücher waren heilsam.
Vier
Riley
Riley sah zu, wie Brayden mit dem Grinsen eines Kindes, das gerade in die Sommerferien entlassen wurde, durch die Küchentür hereingestürzt kam. Sie schloss ihn in die Arme. »Na komm, du Rabauke! Ich gehe jetzt mit dir zum Steg. Und dann muss ich zu Oma ins Krankenhaus.«
»Ich ziehe mich eben um ...« Brayden rannte in sein Zimmer und war in Rekordzeit wieder zurück, diesmal in ausgefranstem T-Shirt und Badehose und mit Baseballkappe auf dem Kopf - seine Uniform für die nächsten drei Monate. »Arme Oma!«, sagte er und öffnete die Tür zur Treppe, die nach unten in den Buchladen führte.
»Ja«, bestätigte Riley, »arme Oma.« Sie folgte ihm.
Der einzige Ausgang aus ihrer Wohnung führte die Treppe hinunter und durch die Buchhandlung. Als Brayden noch klein gewesen war, hatte die verwinkelte, knarrende Treppe Riley Albträume bereitet. Ständig hatte sie Angst gehabt, ihr Kleinkind könne die Stufen hinunterpurzeln und sich das Genick brechen. Sie erinnerte sich, dass sie an manch einem Tag in den schrecklichen ersten Wochen allein mit dem Baby einsam auf der Treppe gehockt hatte, erschöpft und überwältigt von dem neuen Menschenleben, das sie zur Welt gebracht hatte. In der Dunkelheit hatte sie sich Tränen gestattet. Im Licht jedoch, oben in ihrer Wohnung über dem Buchladen, hatte Riley kein einziges Mal über die Existenz von Brayden Collins Sheffield geweint.
Brayden schob die Tür
Weitere Kostenlose Bücher