Unsere feuerrote Hexe
Geschenk.
„Was ist das?“, fragt er neugierig.
„Es ist ein Geschenk. Es kommt von ganz weit weg, aus Irland“, lächele ich ihm zu.
„Irland?“, Ben reißt die Augen auf, doch Nele kommt ihm zuvor.
„Von Heather?“, ruft sie aufgeregt.
„Hedda?“, plappert Ben ihr nach.
„Ja, von Heather“, lache ich ihn an.
Ben schaut für einen Moment ganz ungläubig, dann greift er nach dem Paket. Als er das Geschenk hinausholt, kommt auch ein kleines Päckchen für Nele zum Vorschein und ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus.
‚Danke Heather’ , flüstere ich ihr in Gedanken zu.
Ben packt das Geschenk für seine Verhältnisse sehr langsam aus, dann strahlt er übers ganze Gesichtchen. Darin ist ein Fußballtrikot von einem Kölner Spieler, der der Liebling der ganzen Stadt ist, sogar mit Autogramm. Außerdem hat sie ein Kinderbuch auf Englisch beigefügt, mit einem handgeschriebenen Zettel, dass ihm das jemand vorlesen möge. Es ist ein Buch über Piraten und Ritter. Und zu Bens großer Freude liegt noch eines dieser Tücher bei, die Heather immer um den Kopf hatte, um ihre roten Locken zu bändigen.
Nele hat ein paar zierliche silberne Ohrringe bekommen, auch sie strahlt mit ihrem Bruder um die Wette. Zum ersten Mal seit Wochen.
17
Ich freue mich unheimlich darüber, die beiden Kinder so glücklich zu sehen. Doch mit aller Macht schlägt die Sehnsucht nach Heather zu, ich vermisse sie einfach unglaublich.
Am liebsten würde ich jetzt sofort nach der Adresse in Irland googl en, aber erstmal gilt es, den Geburtstag von Ben würdig zu feiern.
Jupp und Petra sind einfach nicht zu bezahlen und ich bin mehr als nur froh, dass sie mir helfen. Ich hätte nie gedacht, dass eine Horde vier- bis fünfjähriger Kinder so anstrengend sein könnte.
Aber man kann sagen, das Fest wird ein voller Erfolg. Auch Ben scheint es zu genießen, wenn er auch ungewohnt zurückhaltend ist. Doch zum ersten Mal seit den gut vier Wochen, in denen Heather nicht mehr da ist, wirkt er ein bisschen fröhlicher und ich drücke ihn ein paar Mal fest an mich.
Als dann die Meute wieder weg ist und Petra und Jupp sich ans Aufräumen begeben, sehe ich, dass Ben sich Heathers Piratentuch umzubinden versucht, doch er schafft es nicht und so helfe ich ihm. Zum Dank bekomme ich eine kräftige Umarmung und viele feuchte Küsse. Auch Nele trägt schon die Ohrringe, die Heather ihr geschenkt hat.
„Sehr schick“, zwinkere ich ihr zu.
„Vielleicht kommt sie ja doch wieder“, schaut Nele mich hoffnungsvoll an.
„Ich glaube leider nicht“, muss ich sie enttäuschen.
Ben sagt überhaupt nichts dazu, dann geht er freiwillig zu unser aller Verwunderung hinauf in sein Zimmer.
Jessica kommt erst spät nach Hause, ich kann mir ein paar bissige Bemerkungen deswegen nicht verkneifen, schließlich war es ja ‚nur’ Bens Geburtstag.
Ich beschließe, ihr sofort von Heathers Geschenken zu erzählen, Ben würde es eh nicht für sich behalten und auch Neles neue Ohrringe könnten Jessica auffallen. Zumindest was die Äußerlichkeiten der Kinder angeht, ist Jessi ja immer aufmerksam.
Wie erwartet springt Jessica deswegen an die Decke vor Wut, aber mich interessiert es nicht.
„Wenn du vorhaben solltest, den Kinder n die Geschenke weg zu nehmen, dann wirst du mich von einer sehr unangenehmen Seite kennenlernen“, ich wundere mich selbst, dass ich so gelassen mit ihr reden kann, aber sie wird mir einfach immer gleichgültiger. Die Kinder sind wichtig, alles andere, was diese Familie noch ausmacht, ist mir egal geworden.
„Wie redest du denn mit mir?“, empört sich Jessica dann auch prompt. „Willst du mir etwa drohen?“
„Fass es auf, wie du willst“, ich zucke nur mit den Schultern. „Das Fest war übrigens sehr schön.“
„Freut mich für Ben“, antwortet sie mürrisch.
„Natürlich freut es dich“, meine Stimme trieft voller Hohn. „Das brauchst du doch nicht extra zu erwähnen, Schatz.“
Ich nehme mir das Paket mit der Adresse von Heather und gehe hoch ins Schlafzimmer. Es stammt aus einem kleinen Dorf in Irland. ‚Stammt sie nicht gebürtig aus Dublin?’
Doch sie sagte ja, dass ihre Familie wissen würde, wo sie steckt. Vielleicht ist sie ja auch zurzeit auf Verwandtenbesuch…
Wieder nehme ich mir das Handy, wähle erneut ihre Nummer. Doch wie schon die Wochen davor habe ich keinen Erfolg. Das Verlangen, einfach die Koffer zu packen und zu dieser Adresse zu fahren, ist riesengroß.
‚Und was willst du ihr
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