Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
hatten, dann drehte er sich zu ihr um.
Sie rutschte gerade vom Tisch herunter. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck tiefer Scham.
»Lea ...«, begann er voller Reue.
»Nein, bitte.« Sie hob die Hand. »Es war mein Fehler. Ich dachte, ich könnte es, aber ich schaffe es nicht.«
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Was war er nur für ein Trottel! Er hatte doch gesehen, dass sie Angst hatte, dass sie unsicher war. Und er war derart unbeherrscht über sie hergefallen! Hatte sie Angst vor ihm ? Er kam sich wie ein Idiot vor, und tiefe Schuldgefühle wegen dem, was beinahe passiert wäre, nagten an ihm.
»Es war meine Schuld.«
»Nein, du hast nichts falsch gemacht«, widersprach sie ihm. Seufzend nahm sie ihre Handtasche vom Sofa.
»Glaub mir, ich bin die Mühe nicht wert.«
Adam wollte widersprechen, wollte ihr sagen, dass sie sich irrte. Dass sie verdammt noch mal natürlich die Mühe wert war. Aber genau deshalb rührte er sich nicht. Er war noch immer viel zu erregt, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Vermutlich weil es schon eine Weile her war, seit er zuletzt eine Frau gehabt hatte. Das war die einzige Erklärung, die ihm einfiel. Er war ein Vampir. Ein Friedenshüter, ein Spezialagent. Niemand - niemand - durfte ihn so aus der Fassung bringen. Nein, er war offensichtlich nicht ganz bei sich. Es war besser, wenn sie ging.
»Nochmals danke für das Kleid. Und für das Bett zum Schlafen.« Mit einem wehmütigen Lächeln wandte Lea sich ab.
Und war verschwunden, bevor er es sich anders überlegen konnte.
11. Kapitel
Er hat dich also in sein Hotel getragen, dir sein Bett überlassen und dieses Kleid gekauft?«
Lea warf einen bösen Blick auf den scheinbar leeren Stuhl neben ihr. Sie konnte nur hoffen, dass er sein Ziel traf: Liam. Der Geist konnte nicht aufhören, über Adam zu reden, seit sie ihm alles auf dem Greyfriars-Friedhof erzählt hatte. Er war ihr hierher in die Cameo Bar gefolgt, wo sie immer ihren Kaffee mit Mr. Thomson trank.
Leider war der ältliche Geist im Moment auch nicht gerade in bester Stimmung: Er nahm es ihr übel, dass sie heute Vormittag nicht gekommen war. Sie hätte ihm »wenigstens Bescheid sagen können«, hatte er sich beschwert.
Allerdings, wie man einem Geist Bescheid sagen soll, dass man verhindert ist, das überstieg Leas Begriffsvermögen. Sie konnte ihn ja schließlich nicht anrufen! Aber dieses kleine Detail schien Mr. Thomson nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Sie nahm einen Schluck Kaffee und versuchte, sich auf ihr Kreuzworträtsel zu konzentrieren. Sollten sie sie doch gern haben, alle beide!
Dreizehn senkrecht: »erwartungsvoll«, acht Buchstaben.
»Ich finde es nicht richtig, dass sich Lea von irgendwelchen Männern herumtragen lässt«, bemerkte Mr. Thomson missbilligend.
»Ich auch nicht!«, stimmte ihm Liam zu. »Dieser Kerl gefällt mir nicht.«
»Würdest du bitte aufhören?«, zischte Lea. Als daraufhin ein Mädchen am Nachbartisch erschrocken aufblickte, zog Lea kleinlaut den Kopf ein. »Ich versuche mich auf mein Kreuzworträtsel zu konzentrieren!«
»Dreizehn senkrecht ist ›gespannt‹, meine Liebe. Und der junge Liam hat recht, wir wissen nichts über diesen Adam.«
Warum konnten sie nicht aufhören, über Adam zu reden? Aber immerhin hatte Mr. Thomson wieder »meine Liebe« zu ihr gesagt, was wohl bedeutete, dass er seinen Groll heruntergeschluckt hatte. Sie schrieb das betreffende Wort ins Kreuzworträtsel.
Achtzehn senkrecht: Wo wurde das Croissant erfunden?
Sie lächelte. Das wusste sie, es war neulich in einer Quizsendung gekommen; sicher hatte derjenige, der das Kreuzworträtsel geschrieben hatte, sie auch gesehen.
»Das Croissant ist in Wien erfunden worden, meine Liebe.«
»Das hätte ich auch gewusst!«, sagte Lea vorwurfsvoll.
Dann schob sie seufzend das Kreuzworträtsel beiseite und suchte Zuflucht bei ihrem Kaffee.
»Und Sie haben recht, Mr. Thomson, wir wissen nichts über diesen Adam. Aber das spielt keine Rolle, denn ich werde ihn sowieso nicht wiedersehen.«
»Ach nein?«, riefen Liam und Mr. Thomson verblüfft aus.
Warum waren sie so überrascht? Natürlich würde sie den viel zu attraktiven und viel zu gefährlichen Adam nicht wiedersehen. Er war eine Komplikation - mit einem extra großen K und so was konnte sie in ihrem ohnehin komplizierten Leben nicht gebrauchen. Sie war nicht bereit für die Gefühle, die er in ihr weckte, sie fürchtete sich davor.
Lea wusste selbst nicht, was mit ihr los war -
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