Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
auf den Gang im ersten Stock hinaus, den sie rasch entlanghuschten. Er zog sie ins Wohnzimmer und dort zu den Fenstertüren, die zum kleinen französischen Balkon hinausführten. Es war nur ein schmaler Streifen, eigentlich kein richtiger Balkon, sondern eher ein breites Blumensims mit Geländer. Jetzt konnte er die Eindringlinge riechen - es waren tatsächlich vier, wie Lea gesagt hatte.
Rasch machte er die Balkontüren auf und zog Lea mit sich hinaus. Ein Blick zurück, und er sah den Kopf des ersten Eindringlings am Treppenabsatz erscheinen.
Sie hatten nur noch Sekunden. Adam schlang den Arm um Leas Taille und schwang ein Bein übers Balkongeländer.
»Was tust du?«, zischte sie erschrocken. Adam schwang auch das andere Bein übers Geländer. Sie befanden sich in einem alten Georgianischen Stadthaus mit hohen Decken, und der Balkon war mindestens vier Meter über dem Boden: Wer da runtersprang, riskierte einen Knöchelbruch.
Oder Schlimmeres.
Adam hakte seine Füße in der untersten Geländersprosse ein.
»Nicht schreien«, befahl er, hielt sie fest und ließ sich kopfüber nach vorne fallen.
Lea stieß natürlich doch einen entsetzten Schrei aus, als er sie durch seine Arme rutschen ließ. Unwillkürlich streckte sie die Arme vor. Als sie den Kies der Auffahrt unter ihren Fingerspitzen fühlte, ließ Adam ihre Fußgelenke los. Er landete leichtfüßig neben ihr, während sie sich gerade hochrappelte.
»Bist du wahnsinnig?«, stieß sie keuchend hervor. Er hätte gerne gesagt »Ich?«, aber dafür war keine Zeit. Er packte sie bei der Hand und begann sie zur Straße zu ziehen.
Hinter ihnen schlug eine Kugel im Kies ein.
»Sie haben uns entdeckt!«, rief Lea und begann zu rennen.
Adam lief dicht hinter ihr, um sie mit seinem Körper zu decken. Ein weiterer gedämpfter Schuss ertönte, und etwas traf ihn in der Schulter. Er zuckte zusammen, lief aber weiter.
»Links, links!«, rief er und folgte ihr keuchend um die nächste Ecke. Blut rann seinen Arm hinab und tropfte von seinen Fingerspitzen. Adam fluchte. Sie rannten an einem Säuglingsbekleidungsgeschäft vorbei, dann an einem Schnapsladen. Einen Block weiter entdeckte Adam ein gut besuchtes Pub. Dort zog er Lea hinein. Sie gingen zwischen den Tischen hindurch nach hinten und wählten einen Platz, von dem aus sie die Türe im Auge behalten konnten.
»Sind sie noch hinter uns her?«, keuchte Lea ängstlich.
Adam antwortete nicht. Er holte sein Handy raus und wählte Cems Nummer.
»Hallo?«
»Vier Profikiller sind vorhin bei euch ins Haus eingedrungen. Keine von uns. Menschen.«
»Wo seid ihr jetzt?«
Das verriet er Cem nicht, weil er eine übereilte Reaktion befürchtete. »Cem, fahrt zu Helena, du, Victoria und Grace. Bleibt erst mal dort, bis ich herausgefunden habe, was los ist. Dort seid ihr in Sicherheit.«
»Okay. Aber was ist mit meinem Labor?«
Gute Frage. In Cems Labor befanden sich natürlich jede Menge Formelproben, die meisten davon zwar durch Experimente kontaminiert, aber bestimmt auch ein, zwei unverdorbene Lösungen.
»Ich lasse die Bewachung verdoppeln. Und jetzt geh und sag meiner Schwester, sie soll sich keine Sorgen machen.«
14. Kapitel
Adam hängte ein und schob sein Handy wieder in die Brusttasche. Lea, die ihn beobachtet hatte, fühlte sich schon etwas ruhiger, jetzt wo sie wusste, dass Mary und Liam rausgegangen waren, um den Eingang zu bewachen.
Irgendwo fiel klirrend ein Glas zu Boden, und Lea schoss einen halben Meter vom Stuhl hoch.
Okay, vielleicht doch nicht so ruhig.
»Keine Angst, jetzt sind wir sicher.«
Lea lachte. Es klang leicht irre, aber sie konnte nicht anders. »Wir müssen zur Polizei gehen«, sagte sie dann. Das war zwar offensichtlich, aber im Moment half es ihr, das Naheliegende einfach laut auszusprechen. Die Worte verankerten sie wieder in der Realität, und es fiel ihr immer schwerer zu glauben, was um sie herum geschah.
Erst hatte sich herausgestellt, dass Adam, für den sie ...
was auch immer zu empfinden begonnen hatte, ein Vampir war. Und dann wurde auch noch auf sie geschossen. Ihr Verstand konnte damit nicht wirklich umgehen, und so beschränkte sie sich darauf, kleine, offensichtliche Dinge zu bemerken. Dinge, die sie bestätigt haben musste.
»Sie wollten uns umbringen«, sagte sie leise, fassungslos.
»Wir müssen zur Polizei, oder?« Wieder sagte er nichts.
Diese Macho-Schweigemasche ging ihr allmählich auf die Nerven! Lieber wütend werden, als vor Angst zu zittern,
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