Unsterbliche Leidenschaft
sich vor allzu viel Weihrauch, Vampir.«
Er bewunderte ihren Mut. »Weihrauch schadet uns weniger als gemeinhin angenommen.« Im Gegensatz zu Druidenmessern. »Außerdem mache ich keine Witze, wenn es um Angela geht. Setzen Sie sich bitte.« Im Stehen würde sie sich nie entspannen.
Sie fügte sich schließlich, nahm aber auf einem Stuhl hinter dem Ladentisch Platz, nicht im Schaukelstuhl. »Also was wollen Sie hier, Blutsauger? Los, ich muss an meinen Umsatz denken.«
Er nahm einen Packen Scheine aus seiner Brieftasche und legte sie auf die Glasplatte ihres Ladentisches. »Genügt das als Anzahlung für einen Verlustausgleich?«
Sie hatte das Geld blitzschnell durchgezählt. Beide wussten, dass es weitaus mehr war als die Einnahmen, die ein paar Laufkunden brachten. »Blutgeld?«, fragte sie.
Eine kleine Bewusstseinsmanipulation würde vieles erleichtern, war aber bei so viel Misstrauen und Feindseligkeit nicht machbar. Abel zu Hilfe! Wer sonst in diesem Kaff wusste noch so viel wie sie. »Keineswegs. Vielleicht eine Art Vertrauensvorschuss.«
Ihre Augen blitzten, während ihr Mundwinkel zuckte. »Sie wollen, dass ich Ihnen entgegenkomme?«
»Nur dieses eine Mal. Um der Frau zu helfen, die ich liebe.«
Meg Merchant schielte auf das Geld, verschränkte die Arme und sah ihm in die Augen. Er ahnte ihre Macht, obgleich er sie nicht spürte. Sie war hochbetagt und erfahren, er aber war ein Vampir, und er hatte Geduld. Sie sah ihn kritisch an. »Was ist mit ihr geschehen, und was wollen Sie ihr noch alles antun?«
Verflixt aber auch! Eigentlich wollte er hier die Fragen stellen und nicht umgekehrt, aber wenn es half, das Vertrauen dieser alten Hexe zu gewinnen … »Darf ich mich setzen?« Sie nickte gezwungenermaßen, und er nahm den Schaukelstuhl, in dem, wie er sich vorstellte, schon Angela gesessen hatte. »Passiert ist Folgendes: Jemand hat sie ihres Gedächtnisses beraubt.«
»Und weiter?«
Nun gut! Wenn er die ganze Wahrheit wissen wollte, hatte sie auch ein Recht darauf. »Und sie in einen Ghul verwandelt.« Nach kurzem Schweigen nickte Meg, und er fuhr fort. »Viel mehr weiß ich auch nicht. Ihre Erinnerung kehrt stückweise zurück, und vor allem der Besuch gestern in Ihrem Laden hat einiges in Gang gebracht. Sie weiß seit heute Nachmittag, dass sie eine Hexe ist.«
Darauf schwieg Meg sehr lange und nickte dann. »Das also ist die Erklärung.« Sie stand auf. »Eine Tasse Tee wäre wirklich nicht schlecht. Ich setz mal Wasser auf.«
Er folgte ihr in das kleine, mit Regalen und Kartons vollgestellte Kabuff und hielt sich zurück, während Meg den Kessel füllte. Er kaute auf seinen Lippen, während sie den Tee abmaß, übte sich in Geduld, während sie die Tassen auf das Tablett stellte, konnte sich aber, als sie mit der Keksdose klapperte, endgültig nicht mehr halten. »Die Erklärung wofür?«
Sie hob den Blick von einer Dose mit der Aufschrift Jaffa Cakes. »Ihre Aura natürlich.«
»Was ist damit?«
»Ich nehme mal an, Sie essen keine Kekse?«
Spielte sie etwa mit ihm? »Nein, danke. Könnten Sie nicht etwas deutlicher werden in Bezug auf Angelas Aura?« Bei Abel! Waren das die Folgen der Liebe? Für Angela begann er mit einer Hexe ein Gespräch ausgerechnet über Auren!
Meg lächelte, als würde sie Gedanken lesen. Zum Teufel noch mal, vielleicht konnte sie das ja auch. Möglicherweise rief sie just in diesem Augenblick nach tatkräftiger Unterstützung. Sein gesunder Vampirverstand riet ihm, auf der Stelle zu verschwinden, aber wenn er Glück hatte, könnte sie Angela ja doch helfen. Er würde eine Tasse Tee mit der alten Frau trinken und ihr dabei zusehen, wie sie Jaffa-Kekse knabberte – was für ein Zeug das auch immer war. Sie blickte ihn über die Schulter an. »Sie wissen, was eine Aura ist?«
»Sagen Sie’s mir.« Sie in Redelaune zu halten wäre nur hilfreich.
Sie legte die Packung mit den Keksen auf das Tablett. »Eine Manifestation der Lebenskraft, der Emotionen, des Geistes. Sie haben, kaum überraschend, keine Aura. Bei Ihrer Angela ist alles schwarz, sofern überhaupt etwas feststellbar ist. Am Anfang war das ein richtiger Schock für mich. Sie schien so jung und hatte so ehrliche Augen und dabei eine so versehrte Seele. Als sie die Karten in der Hand hielt oder an ihrem Medaillon herumfummelte, habe ich ein paar schwache Lichtblitze gesehen, aber kein richtiges Leben. Das hatte sie nur, als Sie bei ihr waren. Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht und mich
Weitere Kostenlose Bücher