Unsterbliche Leidenschaft
Umfeld, Schule und Freunde, einfach herausreißen?«
»Nein. Wir richten es so ein, dass er seine Freunde behält, selbst wenn wir wegziehen müssen.«
»Ich lasse ihn nicht hier!«
»Natürlich nicht. Einige Jahre läuft alles noch prima. Notfalls kann ich mir auch ein paar graue Strähnen einfärben lassen. Aber früher oder später werden wir weiterziehen müssen, und wenn Sam einen Kreis von Freunden außerhalb des Dorfes hat, kann er sie behalten, wo auch immer wir landen werden.«
»Was du sagst, ist nicht besonders sinnvoll, Justin. Wo soll er denn diese Freunde finden?«
»In der Schule.« Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Ich habe viel nachgedacht über die Sache und mit anderen Familien darüber gesprochen. Sam ist ein kluger Junge und kann nur wenige Jahre auf der hiesigen Dorfschule bleiben. Wenn er elf ist, muss er die Schule sowieso wechseln. Ich schlage vor, wir schicken ihn auf eine Privatschule in York, St. Aidan’s. Er könnte als Tagesschüler beginnen und dann, wenn wir beide weiterziehen müssen, als Internatsschüler weiter dortbleiben. So kann er seine Schulfreunde behalten und uns in den Ferien besuchen. Es gibt dort eine Menge Schüler, deren Familien in Übersee leben. Er wäre nicht das einzige Kind in einer derartigen Situation.«
»Übersee kommt für uns nicht infrage.« Sie war doch auf heimatlichen Grund und Boden angewiesen.
»Nein, aber wir müssen einen Ort finden, der weit genug von hier entfernt ist, um ein neues Leben zu beginnen.«
Justin hatte recht, aber … »Mir gefällt der Gedanke nicht, ihn in irgendein Internat zu stecken.«
»Damit habe ich schon gerechnet, aber du musst auch an Sam denken. Er ist sterblich und braucht sterbliche Freunde. Auf diese Weise hätte er einen festen Freundeskreis und könnte mit einigen höchstwahrscheinlich sogar zusammen studieren.« Internatsschulen! Universität! Wie hatte sich doch ihr Leben verändert. »Denk einfach mal drüber nach. Wir haben ja noch Zeit. Vielleicht fällt uns noch etwas Besseres ein.«
Das bezweifelte sie. Der Vorschlag war durchaus sinnvoll. »Ich will nicht, dass Sam von unseren Überlegungen erfährt … noch nicht.«
»Einverstanden. Darum habe ich auch gewartet, bis wir allein sind. Wir haben noch Zeit. Sam scheint sich gut mit Jim Halls Sohn zu verstehen.«
»Peter? Ja, ein netter Bursche.«
»Alle Jungs von den Halls sind nach St. Aidan’s gegangen, und in ein paar Jahren wird Peter seinen Brüdern folgen. Wäre sicher nicht schlecht für Sam, jemand Bekanntes dort zu haben.«
Wäre vielleicht nicht schlecht für Sam; sie selbst war sich in dieser Sache nicht ganz so sicher. Ebenso wenig aber konnte sie es sich vorstellen, Sam durch das ganze Land zu zerren, nachdem er gerade Fuß gefasst und Freundschaften geschlossen hatte. Vielleicht fiel ihnen in den kommenden Monaten noch eine bessere Lösung ein. Mutter zu sein war auch als Vampirin nicht unbedingt leichter. Sie küsste Justin und kuschelte sich an ihn. Wie könnte sie ihn nicht lieben, wo ihm doch so viel an Sam gelegen war. Und überhaupt würde Sam ja bald nach Hause kommen. Vielleicht sollte man sich doch besser was überziehen.
»Mom, kann ich bitte noch einen Schluck Ribena haben?«
»Sicher.« Stella reichte Sam das frisch gefüllte Glas. Seine frühere Vorliebe für Trauben- und Orangensaft hatte er sehr schnell zugunsten des Schwarze-Johannisbeere-Getränks aufgegeben. »Hast du viel aufbekommen?«
»Es geht. Ein bisschen Mathe und Geschichte und ein paar Rechtschreibübungen. Ich mach das nach dem Abendbrot.« Sie musste lächeln; er setzte sich nicht mehr zum »dinner« an den Abendbrottisch, und auch »cookies« verlangte er nur mehr selten. »Was gibt’s denn zu essen?«
»Brathuhn«. Sie hatte vor, gleich mehr davon zu machen und den Rest für die Tage, an denen sie viel zu tun hatte, einzufrieren.
»Kentucky Fried Chicken?«, fragte er mit einem Grinsen. Darüber, wie beliebt dieses Gericht bei seinen neuen Freunden war, hatte er sich gefreut wie ein Schneekönig.
»Wie wär’s denn mit Ohio Fried Chicken?« Sie wollte nicht, dass er seine alte Heimat Columbus vollständig vergaß.
»Das schmeckt am allerbesten, Mom!« Seine Umarmung hätte ihr beinahe eine Taufe mit Ribena eingebracht, aber egal. Kleidung konnte man waschen. Sie drückte ihn. »Oh, Mom, ich muss mit John reden. Wir sind in derselben Projektgruppe Technik. Darf ich ihn schnell anrufen?«
Sam hatte sich wirklich rasant schnell
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