Unsterbliche Leidenschaft
»Befreiung« der Festplatte und ihrer Rückkehr nach London.
»Weißt du«, sagte Stella, »mir scheint, die Sache wird mit jeder neuen Wendung komplizierter.«
»Zumindest was mein Leben angeht. Bei dir hat sich ja alles bestens entwickelt.«
»Dem war nicht immer so.«
»Ich weiß. Ich hoffe nur, wir beide werden wenigstens halb so glücklich.«
Sie beendeten ihr Gespräch. Ja, dachte Stella, ihr Leben verlief in geordneten Bahnen. Aufregend waren vielleicht höchstens Sams Fußballspiele, und sie war’s zufrieden. Jetzt hoffte sie nur, die Sache mit diesem Reporter würde glimpflich abgehen.
Stella legte das Telefon weg und bemerkte dabei, dass Sam seine Schulsachen auf dem Küchentisch liegen gelassen hatte; sie packte die Bücher und Hefte zusammen und verstaute sie in seinem Ranzen. Da sie noch auf und ohnehin in der Küche war, dachte sie, sie könnte gleich Sams Lunch für den nächsten Tag vorbereiten. Sie hatte zwei Stücke Huhn in Plastikfolie verpackt und schnitt gerade ein paar Karotten auf, als Justin zurückkam.
Schon als er zur Tür hereinkam, war ihr klar, dass etwas Gravierendes nicht stimmte. »Was ist geschehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Wie konnte ich nur so unvorsichtig sein, so unüberlegt.« Er zog sie zu sich heran und nahm ihren Kopf an seine Brust. »Es tut mir so leid, Stella, durch meine Dummheit …« Er brach ab. »Ich muss ein paar Leute anrufen, um drohendes Unheil zu verhindern. Vertraust du mir?«
»Natürlich vertraue ich dir! Aber wozu diese Panikmache? Ich will sofort wissen, was los ist.«
»Später. Ich muss Gwyltha sprechen und alle, die ich erreichen kann. Bist du bereit, zu tun, was ich von dir verlange? Bitte.«
Die Angst in seinen Augen ergriff ihr Herz. Ihr schnürte es die Brust zusammen, und sie zitterte. »Was ist passiert?«
»Etwas, dem du dich mit deiner Erfahrung und deiner Kraft noch nicht stellen kannst. Deine Aufgabe ist es jetzt, Sam zu schützen; ihr müsst beide fort von hier. Du musst packen, genügend Sachen für ein paar Tage und genügend Essen für ihn. Nimm unseren ganzen Blutvorrat. Ihr müsst euch verstecken.«
»Ich kann dich nicht verlassen!«
»Du musst! Vertrau mir!«
Sam war in Gefahr. Wie konnte sie da zögern? Aber sie würde nicht weggehen, ohne zu wissen, warum. »Mit dem Essen hab ich schon begonnen.« Sie zeigte auf die Karotten auf dem Schneidebrett und auf Sams geöffnete Lunchbox. »Aber ich will eine Erklärung. Die Minute Zeit musst du haben.«
Er nickte. »Sam hatte recht mit seiner Vermutung. Ich habe den Kerl, von dem er gesprochen, hat gefunden; er logiert im Queen Victoria in Hallerton. Jedenfalls war da sein Auto samt Gepäck. Ihn selbst habe ich auf dem Kirchhof gefunden. Er hat dort einen Besoffenen ausgesaugt.«
»Ein Vampir? Wieso hat uns Gwyltha nichts davon gesagt?« So neu für Stella die Gebräuche von Vampiren untereinander auch waren, wusste sie doch, dass man fremdes Territorium nur mit einer Genehmigung betreten oder durchqueren durfte.
»Ich bezweifle, ob er überhaupt gefragt hat.«
Justins Stimme klang so, dass sie ihm fest ins Gesicht blickte. Er wirkte müde und erschöpft. »Was ist passiert?«
»Ich habe ihn gestellt, zum Kampf herausgefordert und verloren.« Er schüttelte den Kopf. »Ist dir klar, was das heißt, Stella. Er hat mich geschlagen! Ich bin über Umwege zurück nach Hause gekommen, aber wenn er meine Spur aufnimmt und mich verfolgt, kann ich für nichts garantieren! Ich muss Unterstützung anfordern, und du musst Sam in Sicherheit bringen.«
»Ich soll dich im Stich lassen, wenn du mich brauchst?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich muss ihn mir noch mal vorknöpfen. Zusammen mit Gwyltha und allen, die ich auftreiben kann.« Er umfasste ihr Gesicht mit seinen Händen. »Gib mir wenigstens die Gewissheit, dass ihr beide sicher seid. Tu mir den Gefallen, Stella.«
Es klang viel zu sehr wie ein Abschied für immer. Dabei wäre sie so gern bei Justin geblieben, hatte aber die Verantwortung für Sam.
»Wo sollen wir hin?«
»An einen sicheren Zufluchtsort, unsere letzte Rettung in Notfällen. Komm, mach dich jetzt fertig. Es sollte nur für ein paar Tage sein. In der Zwischenzeit fordere ich Unterstützung an.«
Sie zählte Unterhemden und Socken für Sam heraus, während sich in ihrem Kopf die Schreckensszenarien überschlugen. Was war tatsächlich geschehen? Wie hatte sich Justin diesem sonderbaren Vampir entgegengestellt? Und was war das überhaupt für eine Kreatur, dass
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