Unsterbliche Lust
über den ganzen Körper verbreitete.
Was war das überhaupt für eine Party? Unter einem Herbstball hatte sie sich etwas ganz anderes vorgestellt. Was für ein Kontrast zu ihrem Leben, das sie noch vor vierundzwanzig Stunden in New York geführt hatte!
Als sie sich den Tischen näherte, auf denen die Getränke standen, schwand das Bild der modernen Karrierefrau aus Manhattan immer mehr, und ihre Anwesenheit auf diesem bizarren Maskenball schien plötzlich die einzige Wirklichkeit zu sein, in der sie lebte.
Sie streckte eine Hand aus und nahm vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners eine Kristallflöte mit Champagner. Sie blieb stehen, nippte an der perlenden Flüssigkeit und betrachtete die wogende Menge, die tanzende, lachende, schwatzende Menge. Dann entdeckte sie einen kleinen Bogengang, der in die linke Wand eingelassen war. Eine dicke Menschentraube drängte sich vor dem Eingang.
Sie wollte sich ihr gerade anschließen, als sie einen kräftigen Griff um ihren Unterarm spürte, und eine tiefe, heisere Stimme flüsterte in ihr Ohr: «Lady, sind Sie wirklich bereit, dort hineinzugehen?»
Sasha hätte sich beinahe an ihrem Champagner verschluckt, als sie zur Seite schaute und den hinreißend aussehenden Mann entdeckte, der scheinbar aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war. Wie sie war er unmaskiert, etwa in ihrem Alter, und auch er trug die Kleidung aus der Zeit, aus der sie zu kommen vorgab.
Seine Haare waren weder gepudert noch unter einer Perücke versteckt. Im Nacken waren sie zu einem Zopf zusammengefasst, der mit einer kunstvollen blauen Samtschleife verziert war. Sie bildete einen starken Kontrast zu seinen braunen Haaren, passte aber farblich zum blaubestickten Frack, der fast bis zu den Knien reichte. Das verschwenderisch mit Rüschen versehene weiße Hemd konnte nicht über den stählernen männlichen Brustkorb hinwegtäuschen.
Seine hellbraunen Breeches aus Hirschleder schmiegten sich um seine muskulösen Schenkel, und die weißen Strümpfe von den Knien zu den schwarzen Schnallenschuhen zeigten seine kräftigen Waden.
Aber es war sein Gesicht, das Sasha am meisten anzog.Himmel, sah dieser Mann gut aus! Die Augen vom dunkelsten Blau, sanftgewölbte Brauen und einen so weichen Teint – und dann dieser Mund! Sasha sah sehnsüchtig nach den schwungvollen Bögen seiner Lippen, nicht zu voll und nicht zu dünn, und sie konnte beinahe fühlen, wie sie sich auf ihren Mund drückten, und unbewusst legte sie den Kopf schief, und ihre Lippen teilten sich.
Sie schämte sich, als sie gewahr wurde, dass sie in Erwartung seines Kusses die Lippen schon gespitzt hatte, denn der Mann verbeugte sich lachend vor ihr und sagte mit ausgesuchter Höflichkeit: «Ich küsse nie eine Lady, die noch kein Wort mit mir gewechselt hat!»
«Was? Oh, es tut mir leid!», platzte Sasha heraus, und erschrocken und beschämt wich sie zurück, löste sich auch von der Hand, die ihren Arm immer noch gepackt hatte. «Es ist nur», sagte sie hastig, «dass Sie der erste Gast sind, der mich anspricht, seit ich hier bin.» Sie nahm rasch einen Schluck, um ihre Verlegenheit zu bekämpfen.
Der Mann verbeugte sich wieder. «Eine so charmante Lady darf nicht ignoriert werden», raunte er und nahm das leere Glas aus ihrer Hand. «Erlauben Sie mir, dass ich heute Abend Ihr Führer bin und Ihnen die Freuden dieser Nacht zeige?» Er sah sie freundlich lächelnd an und fügte hinzu, nachdem er von einem Tablett eines Kellners ein frisches Glas Champagner für sie besorgt hatte: «Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf – Sie scheinen nicht unbedingt vertraut zu sein mit den Ritualen eines Herbstballs.»
Der Mann gefällt mir immer besser, dachte Sasha, und dann gestattete sie ihm, sie am Ellenbogen anzufassenund auf die gewölbte Holztür zuzusteuern, die in den eben noch so belagerten Bogengang führte.
«Wohin bringen Sie mich?», fragte sie ein wenig zu schroff, und der Mann gluckste tief in der Kehle, als er antwortete: «Wohin Sie wollen, Lady.»
Sie bemerkte, dass er vielen anderen Gästen zunickte, als ob fast jeder der anderen Gäste ihn kannte.
«Warten Sie einen Augenblick!», rief sie. «Ich weiß nicht einmal Ihren Namen!»
Der Mann lächelte dunkel und legte einen Finger über ihre Lippen. «Pst», raunte er leise. «Hier braucht man keinen Namen.» Mit einer kühlen, sinnlichen Geste fuhr er mit dem Finger die Linien von Sashas Lippen nach, und er lächelte wissend, als er bemerkte, wie ihre Lippen bebten, bevor sie
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