Unsterbliche Sehnsucht

Titel: Unsterbliche Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Marsh

Vom Netzwerk:

angelangt waren, gab er den Zugangscode ein und stieß beim Aufleuchten des grünen Lämpchens mit einem Fuß die Tür auf. Vor einem Jahrzehnt hatte er sich einige Zimmer über dem G2 eingerichtet, während die meisten seiner Brüder ihre eigenen Verstecke überall in M City verstreut besaßen. Doch die Wohnung hier war nur eine von vielen, die er unterhielt, und diente nicht als Zuhause, sondern lediglich als Rückzugsort, an dem er sich ausruhen konnte, wenn er von der Jagd kam. Niemals würde er sich gestatten zu vergessen, dass er sich nur vorübergehend an diesem Ort, in dieser Welt, aufhielt. Irgendwie würde er sie alle schon wieder nach Hause bringen.
    Erneut tätschelte er das Lederbündel auf seiner Schulter. Nun besaß er das Mittel, um zu gewinnen.
    Verdammt, er hatte schon ganz vergessen, wie es sich anfühlte, Erfolg zu haben. Nach und nach breitete sich ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit in ihm aus. Es war eine Schande, dass Nessa St. James den Preis für diesen Erfolg bezahlen müsste, aber er würde es wiedergutmachen. Die Aussicht darauf, einen Wunsch erfüllt zu bekommen, dürfte doch wohl ein starker Anreiz sein.
    Mit schnellen Schritten ging er durch die Wohnung, vorbei an der gemütlichen Sofagruppe, auf der nie jemand saß – keiner der Gefallenen neigte dazu, herumzusitzen und sich zu unterhalten –, und warf die Frau auf sein Bett. Dieses war nicht aus schwarzem Leder und Chrom gefertigt, wie Nael es bevorzugte – minimalistischer Scheiß, den sein Bruder in einer Zeitschrift gesehen hatte. Nein, Zers Wahl war auf antike russische Möbelstücke gefallen, so richtig alte, die eigentlich in ein Museum gehörten. Sie erinnerten ihn an die Landsitze und Jagdschlösser, die er vor vierhundert Jahren vorgezogen hatte. Natürlich handelte es sich bei diesen Möbeln um Stücke aus einer Haushaltsauflösung, die alt und nach Zitronenpolitur rochen. Sie wirkten geradezu feudal, wie einer seiner Brüder bemerkt hatte, doch Zer war nicht irgendein Innenausstatter, sondern der Anführer der Gefallenen und damit die Personifizierung des Begriffs feudal. Nessa wand sich empört in dem Mantel hin und her, und Zer streckte sich in einem großen Ledersessel neben dem Bett aus und beobachtete sie dabei. Jagdhunde hatten tiefe Furchen in das Leder gerissen.
    »Raus«, sagte er gedämpft, woraufhin Nael und Vkhin seinem Befehl Folge leisteten und schnell verschwanden. Die Tür fiel leise hinter ihnen ins Schloss, als
sie
es endlich schaffte, sich aus dem Mantel zu pellen. Der Blick, den sie ihm von dem dicken Samtüberwurf aus zuwarf, durchbohrte ihn förmlich.
    »Sie haben jemanden getötet. Sie haben diesen … diesen Mann im Hörsaal umgebracht.«
    Er lachte. »Stimmt, Baby, aber er und seine Kumpanen mussten sterben. Immerhin hatten sie es auf dich abgesehen.« Er konnte es ihr vom Gesicht ablesen. Sie war nicht daran gewöhnt, ihr Leben als Schlachtfeld zu betrachten. Im Gegensatz zu ihm. Jede Entscheidung, die er traf, jeder Schritt, den er unternahm, stellte einen weiteren Zug in dem Schachspiel, das er mit dem Erzengel Michael spielte, dar. »Und das war kein Mann, sondern ein Abtrünniger.« Da sie die Stirn runzelte, fuhr er mit seiner Erklärung fort. »Ein Abtrünniger ist ein gefallener Engel, der die Grenzen überschritten und einige Seelen leer getrunken hat. Er ist süchtig nach dem Geschmack geworden. Also tötet er weiter, um diesen Durst zu stillen. Für diese Art von Erkrankung gibt es keine Entwöhnungskur.«
    »Also haben Sie ihn einfach so getötet.« Sie sah nicht so aus, als fände sie seine Erklärung sonderlich überzeugend, aber das war ihr Problem, nicht seins.
    »Es wird neue Abtrünnige geben. So ist es immer.« Er zuckte mit den Schultern. Er würde jeden einzelnen von ihnen töten. Darauf konnte sie Gift nehmen.
    Doch Nessa wirkte nicht etwa dankbar, sondern nur noch entsetzter. Zer hätte mit dieser Reaktion rechnen müssen, schließlich war sie ein Mensch. Bis zu diesem Tag hatte sie einfach nur ihr Leben gelebt, ohne zu ahnen, was auf sie zukam.
    Dabei hatte sie eine bedeutende Tatsache nicht gewusst: Sie war eine Schachfigur.
    Und da er als Anführer der Gefallenen nicht zulassen konnte, dass Cuthah sie in die Hände bekam oder aber vernichtete, würde Zer es sein, der sie ins Spiel brachte. Er würde sie mit einem seiner Brüder zusammenbringen.
    »Sie können nicht einfach so herumlaufen und Leute töten.«
    Zer verschränkte die Arme vor der Brust, um sie zu