Unsterbliches Verlangen
er seinen Stuhl umwarf. Er hatte Chapel voller Entsetzen und Angst angestarrt, Letztere so echt und groß, dass Chapel sie riechen konnte - süß wie Rosen. Während seine Wut langsam abebbte, regten sich Schuldgefühle. Molyneux hatte ihn noch niemals auf diese Weise angesehen - nie.
Chapel hatte seinen schmerzenden Arm absichtlich langsam aus der Wand gezogen. Er wollte seinen Freund nicht mehr verängstigen, als er es ohnehin schon getan hatte. Dann hatte er sich den Schmutz vom Jackenärmel geklopft.
»Vergib mir!«, hatte er gesagt, ohne dem alten Mann ins Gesicht sehen zu können. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
Aus dem Augenwinkel hatte er beobachtet, wie Molyneux den Stuhl wieder aufrichtete und an den Tisch schob. »Ja, ich vergebe dir. Mein Blut stärkt dich nicht mehr wie früher einmal, und du bist enttäuscht, weil du schon so lange kämpfst und keinen Lohn siehst.«
»Denkst du das - dass ich einen Lohn brauche?« Er hatte noch nicht einmal daran denken wollen, dass Molyneux' Blut nicht mehr ausreichen könnte.
»Vielleicht findest du deine Erlösung in England«, hatte Molyneux hoffnungsvoll gesagt.
Jetzt lag Chapel im Bett und lächelte bei der Erinnerung an das Gespräch. Möglicherweise hatte Molyneux recht, aber er vermutete eher, dass ihn hier in England eine Versuchung erwartete, die zu groß war, um ihr zu widerstehen.
Kapitel 5
Gesellt Mr. Chapel sich nicht zu uns?«, fragte Prudence, während sie ein warmes Brötchen mit Butter und Marmelade bestrich.
Es war relativ spät am nächsten Morgen, und Prudence, die frisch aus dem Bett kam, hatte sich gerade zu Caroline, ihrem Vater und Pater Molyneux an den Tisch gesetzt, um ein gemütliches Frühstück zu genießen. Marcus war gewiss wieder frühzeitig aufgestanden und schon vor Stunden zu den Ruinen aufgebrochen. Nachdem sie gegessen hatte, wollte Prudence zu ihm.
»Ich fürchte nein, Miss Ryland«, antwortete Pater Molyneux mit seinem wundervollen französischen Akzent.
Pru war derlei wortkarge Menschen nicht gewohnt. »Ist er mit den anderen Gentlemen zur Jagd?«
Molyneux tupfte sich die Mundwinkel mit seiner Serviette. »Er ruht noch, Mademoiselle. Mein junger Freund schläft gewöhnlich während des Tages.«
»Hat er gar ein Faible fürs städtische Nachtleben?«, fragte Prus Vater eher jovial als spöttisch.
Der Priester lächelte. »Au contraire. Er leidet an einer seltenen Krankheit, die er sich im Osten zuzog und die ihn leider überempfindlich auf Sonnenlicht reagieren lässt.«
»Ist es etwas Ernstes, Pater?« Pru schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und dem Pater gleich neuen nach.
Pater Molyneux prostete ihr mit der Tasse zu, als er sie an seine Lippen hob. »Merci .« Er trank einen Schluck. »Chapels Verfassung ist fürwahr sehr ernst. Genau genommen könnte das Tageslicht tödlich für ihn sein, sollten Sonnenstrahlen auf seine Haut treffen.«
Gütiger Gott! Pru starrte den alten Mann entsetzt an. Und da tat sie sich selbst leid! Zwar war sie auch das, was man gemeinhin als einen Nachtmenschen bezeichnete, aber immerhin konnte sie jederzeit nach draußen ins Sonnenlicht gehen, wenn sie wollte.
Natürlich hätte sie es aufgegeben, wenn es sie das Leben kosten könnte, so wie Mr. Chapel es eindeutig getan hatte.
Das war eine seltsame Krankheit, doch zweifelte Prudence nicht an der Geschichte, obwohl Chapel erstaunlich gebräunt war für jemanden, der selten oder nie in die Sonne kam. Andererseits ... warum sollte ein Priester bei so etwas lügen? Es sei denn, das, war Teil des kirchlichen Plans, um ihr den Gral zu entwenden.
Nein, sie wurde ja schon paranoid. Pater Molyneux benahm sich nicht wie jemand, der einen heimlichen Betrug plante. Vielleicht hatte Mr. Chapel von Natur aus einen dunkleren Teint, so wie sie von Natur aus blass war.
Prudence knabberte vornehm an ihrem Brötchen. Das und der Kaffee würden heute Morgen ihr ganzes Frühstück sein, auch wenn sie gewöhnlich einen gesünderen Appetit hatte. Heute Morgen jedoch hatte sie ihr Korsett loser geschnürt und trotzdem das Gefühl, es wäre unangenehm eng, während sich das Monster in ihr bemerkbar machte. Und ihr wurde übel, wenn sie nur daran dachte, wie es sie innerlich zerfraß.
Sie zwang sich, noch einen Bissen zu nehmen. »Aber Mr. Chapel wird sich doch gewiss tagsüber im Haus aufhalten können, oder nicht?«
Als müsste er einen Moment überlegen, kreuzte Pater Molyneux die Beine. »Oui, das kann er, aber die Räume, in
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