Unsterbliches Verlangen
gekommen war. Es würde ihr Spaß machen und sie von anderem ablenken. Sie grübelte viel zu viel und verbrachte zu wenig Zeit mit Vergnüglichem.
Sichtlich erleichtert, zuckte Chapel mit den Achseln. Hatte er gedacht, sie würde um Persönlicheres bitten? »Selbstverständlich.«
Pru lächelte. »Ich danke Ihnen.« Das war doch gar nicht so schwer gewesen. Vielleicht könnte sie auch bald den Mut aufbringen, ihn zu bitten, seine Geheimnisse und Träume mit ihr zu teilen.
Und vielleicht würde es dann einfacher, ihn zu bitten, sie in die Welt der Sinnlichkeit einzuführen.
Kapitel 14
Hast du etwas gefunden?«, fragte Molyneux nach dreißigminütiger Stille.
Chapel zog den Wandteppich vor den Tunneleingang und klopfte sich den Staub und Schmutz von der Hose. »Nichts. Temple benutzte den Tunnel offenbar als Ein-und Ausgang zum Keller, aber sonst nichts.«
Der Tunnel führte an den Strand, zu einer abgelegenen Stelle nahe dem Fuß der Klippen. Der Ausgang dort lag hoch genug, um Menschen davon abzuhalten hineinzuklettern, und sah hinreichend gefährlich aus, um Abenteurer abzuschrecken. Kein Wunder, dass Temple sich diesen Ort als Versteck ausgesucht hatte.
Die kleine Kammer war erstaunlich sauber und staubfrei, was bedeutete, dass Temple vor kurzem noch hier gewohnt hatte. Der Geruch des Vampirs hing noch in der Luft, also musste er vor Prus Unfall hier gewesen sein.
Aber das war kein Unfall gewesen. Zwar mochte das Gift nicht gezielt für Pru bestimmt gewesen sein, aber die Falle war zweifellos für Eindringlinge gedacht. Hatte Temple sie aufgestellt? Wahrscheinlich, da das Gift dasselbe war wie jenes, das sie vor Jahrhunderten kennengelernt hatten. Entweder das, oder derjenige, der nach Temple suchte, stammte von den damaligen Templern ab. Beide Erklärungen waren nicht unbedingt wahrscheinlich, jedoch auch nicht unmöglich. Auf jeden Fall musste eine von ihnen zutreffen.
Chapel hockte sich neben das Bett, um sich die Falle genauer anzusehen. Ein kleiner Draht auf dem Fußboden war offensichtlich der Auslöser, gegen den Pru gekommen sein musste. Sie war vermutlich darüber gestolpert, als sie sich den Toten ansehen wollte. Die Konstruktion war nicht sonderlich ausgefeilt, und dennoch musste der, der sie gemacht hatte, gewusst haben, dass jeder vergiftet würde, der die Leiche fand.
Vielleicht war sie für ihn gedacht gewesen.
»Hast du Grey begleitet, als er die Leiche wegschaffte?«
Molyneux unterbrach seine Suche nach einem Geheimversteck im Fußboden. Als er die Teppichecke fallenließ, stob eine Staubwolke auf, und er hustete. »Ich will ehrlich sein. Auch wenn Gott mich dereinst dafür verurteilen mag, war ich zu sehr um deine und Miss Rylands Gesundheit besorgt. Entsprechend scherte es mich nicht, was Mr. Grey mit einem Mann tat, der daran beteiligt gewesen sein könnte, euch beide beinahe zu ermorden.«
Chapel richtete sich auf. »Oder Temple zu entführen.« Die Vorstellung, dass jemand den Vampir verschleppt hatte, war lachhaft, wenn es auch nicht völlig ausgeschlossen war, vor allem nicht, wenn die Täter wussten, womit sie es zu tun hatten.
Und diese Theorie machte ihm Angst. War Temple entführt worden, oder hatte er nur rasch die Flucht ergriffen, nachdem er den Eindringling getötet hatte? Den Hinweisen nach zu urteilen, wie etwa dem Toten, wären beide Möglichkeiten denkbar. Es hatte einen Kampf gegeben, aber es sah nicht aus, als wäre etwas - oder jemand durch den Eingang geschleift worden. Und den Tunnel hatte in letzter Zeit ebenfalls niemand benutzt.
Aber Vampire, so unbemerkbar sie sich auch bisweilen machten, verschwanden nicht einfach. Und sollte Temple keine neuen Fähigkeiten erlernt haben, könnte er aus solch einem engen Raum nicht herausgeflogen sein.
Mithin war es allemal realistischer, anzunehmen, dass Temple schlicht geflohen war. Trotzdem sagten Chapel sowohl sein Gefühl als auch alle Hinweise hier, dass sein Freund den Keller nicht freiwillig beziehungsweise nicht allein verlassen hatte. Was wiederum bedeutete, wer immer das getan hatte, musste Temple niedergerungen und wie einen Sack Kartoffeln hinausgeschleppt haben.
»Mir gefällt das nicht«, bemerkte Molyneux, der sich seufzend auf den einzigen groben Stuhl setzte.
»Mir auch nicht.« Ein Goldschimmer erregte Chapels Aufmerksamkeit, und er streckte die Hand danach aus, wobei er achtgab, dass kein weiterer Draht im Weg war und ihn gleich ein Giftpfeil treffen würde. Es war ein einfacher Goldring auf
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