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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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Wissenschaftssendung über die freiwillige Amputation von gesunden Gliedmaßen. Es ging um Menschen, die eine Herausforderung im Leben als Behinderte suchten. Für Ludwig, den Versicherungsvertreter und Hobbypsychologen, war das ein faszinierendes Thema.
    »Schau, was ich dir mitgebracht hab«, flüsterte er Gisela zu, als sie ihm ein Begrüßungsbussi auf die Stirn gedrückt hatte. Leise holte er aus seinem Aktenkoffer zwei Broschüren von Pflegeheimen, die sich auf Alzheimer und Demenz spezialisiert hatten. Gisela warf einen kurzen Blick auf die Titelseiten, hatte aber nicht den Nerv, sie durchzublättern.
    »Ich les das nachher«, flüsterte sie zurück. »Ich schau nur mal nach Richie. Ich hoffe, dem geht’s wieder besser.«
     
    Richie hockte auf einem Stuhl im Wirtshaus und ließ sich von Erwin mit Brotsuppe füttern. Sein Blick war starr auf einen unsichtbaren Horizont gerichtet, er war durch keinerlei Ansprache zu einem Piep zu bewegen, und selbst die gemeinsten Bemerkungen der Dorfbewohner erzeugten nicht einmal ein Wimpernzucken.
    »Vielleicht hat er einen Kopfschuss abgekriegt und ihr habts nur nix gemerkt«, sagte Franz Kramer.
    Der Wirt brachte höchstpersönlich zwei Weißbier an den Tisch. Er ging leicht in die Hocke, sah Richie direkt in die Augen.
    »Also, ich find, der schaut wie immer.«
    Gelächter quittierte diese trockene Bemerkung.
    »Jetzt hau ab, du Depp«, zischte Erwin. Der Wirt verzog sich grinsend hinter den Tresen. Erwin tupfte Richies Kinn trocken, beugte sich dabei zu dessen Ohr.
    »Wenn du nur so tust, als ob, dann handelst dir wirklich einen Kopfschuss ein, das sag ich dir.« Von Richie kam keinerlei Reaktion.
    »Hat der eine Windel an, oder wie machst du das mit’m Pieseln?«, erkundigte sich Fritz, der Postbote. Erwins böser Blick verödete Fritz’ Grinsen.
    »Pass du auf, dass von deinen Geheimnissen nix durchsickert. Da hilft dir dann auch keine Windel mehr.«
    Verlegen nahm Fritz einen Schluck von seinem Weißbier. Seine Tischnachbarn, alles gestandene Mannsbilder, glotzten den Postboten neugierig an.
    »Was meint denn der?«
    Fritz machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Ach, alter Hut.«
    »Ja, dann sag halt.« Franz Kramer, einem guten Tratsch gegenüber immer aufgeschlossen, bedrängte Fritz mit stierem Blick. Fritz schüttelte den Kopf.
    »Da ist nix.«
    Franz Kramer wandte sich an Erwin.
    »Um was geht’s denn da?«
    Fritz wechselte einen bangen Blick mit Erwin. Dessen Augenbrauen blieben zusammengezogen. »Dienstgeheimnis.«
    Erwin kümmerte sich weiter um Richie, flößte ihm einen Schluck Weißbier ein, hielt ihm die Serviette unter den Mund.
    »Dienstgeheimnis, ha«. Franz Kramer schaute in die Runde an seinem Tisch. »Brauch ja bloß den Schorsch fragen, dann hat sich’s mit dem Dienstgeheimnis.«
    Alle nickten und brummten zustimmend, nur Fritz blieb ruhig. Franz Kramer fasste ihn noch einmal scharf ins Auge.
    »Also, was sind das für Geheimnisse, die du vor uns hast?« Fritz spürte die erwartungsvollen Blicke der Männer am Stammtisch wie Pfeile seinen Körper piesacken.
    »Lasst den Fritz in Ruhe«, tönte es hinter den Männern. Sie schauten sich um. Gisela näherte sich dem Stammtisch.
    »Er würd nur unsere Ermittlungen gefährden, wenn er was sagt. Und das will ja sicher keiner von euch, oder?«
    »Im Prinzip nicht«, ließ sich der Wirt vom Tresen her vernehmen. Er nickte zu dem katatonischen Richie. »Aber was mit dem da ist, das wird man ja wohl noch wissen dürfen.«
    »Der Richie ist traumatisiert, weil’s eben so gefährlich ist.« Gisela schaute einen nach dem anderen ernst an. »Und je weniger ihr über den Fall wisst, desto sicherer seid ihr.«
    »Ah, du spinnst ja.« Hias, der Saubauer, glotzte Gisela aus seinen blassblauen Augen an. Die rötlichen Wimpern und das käsweiße Gesicht gaben ihm das Aussehen eines Untoten. Seine heisere Stimme unterstrich diesen Eindruck noch. »Wahrscheinlich hat dir der Straubinger gesagt, ihr sollt den Mund halten. Und du machst auch noch, was der anschafft.« Er stieß ein verächtliches Lachen aus, zog an seiner Pfeife. »Ihr seid doch alles Arschkriecher.«
    Gisela zog sich einen freien Stuhl heran, zwängte sich zu den Männern an den Stammtisch. Sie nahm Hias fest ins Auge.
    »Wo warst du am 22 . zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens?«
    Hias glotzte Gisela verdutzt an.
    »Das Opfer wurde mit einer Art Totschläger so schwer misshandelt, dass sie wenige Stunden später an inneren Blutungen starb.

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