Unter aller Sau
umgebracht werden, dass keiner mehr ohne Angst auf die Straße gehen kann. Wenn wir das Gefühl hätten, du würdest das geregelt kriegen, müssten wir uns nicht selbst drum kümmern.«
»Wir? Meinst du da nicht nur dich?« Gisela wandte sich an die Runde. »Wer von euch glaubt denn, dass der Franz das Problem geregelt kriegt?«
Ein paar Hände wurden gelupft, aber bei weitem nicht alle.
»Hat er euch auch gesagt, wie er das machen will? Indem ihr die bösen Buben zusammenschlagt? Oder aufhängt? Wie habt ihr euch das vorgestellt?«
»Wir verpassen denen einen Denkzettel, den sie nie wieder vergessen«, tönte Franz Kramer.
»Du bist hier nicht auf dem Feuerwehrball, wo du einem Grünhardinger eine einschenkst, dass er nie mehr dein Bier wegsäuft. Du legst dich hier mit Leuten an, die Gott schon lange umgebracht haben. Was bist du Würschterl da schon, hm?«
»Du hast ja ganz schön Schiss«, entgegnete Franz Kramer.
»Allerdings. Und wer nicht ganz blöd ist, der sollte den auch haben.«
Schweigen und unsichere Blicke wiesen darauf hin, dass Gisela zumindest bei einigen Niedernussdorfern den Verstand wieder in Gang gesetzt hatte. Franz Kramer spürte das ebenfalls. Ganz wollte er sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen, er bestand darauf, das letzte Wort zu haben.
»Ihr habt die Polizeichefin gehört. Geht zur Arbeit. Aber bleibt wachsam. Falls die Bande erneut zuschlägt, sollten wir reagieren können. Weil, alles lassen wir uns bestimmt nicht gefallen.«
Franz Kramer kletterte vom Tisch und stolzierte mit seiner Anhängerschaft aus dem Wirtshaus. Zum Schluss standen nur noch Gisela und der Wirt in der Gaststube. Der deutete auf das Loch in der Decke. Es hatte die Größe einer CD , der Putz drumherum war abgebröckelt, so dass es wie ein Krater wirkte.
»Und wer zahlt das?«
»Der Staat. Ich stell dir eine Bescheinigung aus. Kann aber dauern, bis da was zurückkommt.«
Der Wirt winkte verärgert ab.
»Der Staat. Vergiss es. Mach ich’s halt selber. Wie immer.«
Hauptkommissar Lederer erwartete Gisela in der demolierten Polizeistation mit einer Müdigkeit im Gesicht, die an Resignation grenzte.
»Einen ganz schönen Saustall haben Sie hier.«
»Mei, morgen kommt die Putzfrau, dann ist das wieder tipptopp.«
Lederers Schnauzer schien sich von der Oberlippe zu lösen, während seine Miene wie flüssiges Wachs nach unten rutschte.
»Nein, Schmarrn, ich weiß ja selber, was hier los ist, das müssen Sie mir nicht auch noch aufs Butterbrot schmieren. Sagen Sie mir lieber, was ich jetzt machen soll.«
Lederer seufzte, massierte mit Daumen und Zeigefinger seinen Nasenrücken. Schließlich verschränkte er die Arme vor der Brust.
»Ich nehme die Damen samt der von Ihnen entführten Jana mit nach Straubing.«
»Ich hab die Jana nicht entführt, die ist freiwillig mitgekommen.«
»Die Befragung zweier rechtswidrig festgehaltener rumänischer Staatsbürger durch eine Kronzeugin in einem Fall von Menschenhandel, Prostitution und eines möglichen Doppelmordes entspricht nicht der Vorgehensweise laut Dienstvorschrift. Sie hätten sich mit dem die Ermittlungen leitenden Beamten, sprich meiner Wenigkeit, in Verbindung setzen müssen, um sich eine diesbezügliche Erlaubnis erteilen zu lassen, was Sie nicht getan haben, ergo haben Sie die Kronzeugin unerlaubt vom Sicherheitsort entfernt, was im weitesten Sinne einer Entführung entspricht.«
Gisela zuckte trotz der bedrohlichen Formulierung nicht mit der Wimper.
»Also, was mach ich jetzt?«
»Sie bringen mich jetzt zu den Damen. Danach sind Sie von allen Ermittlungen in diesem Fall freigestellt und haben genug Zeit, mit Ihrer Mannschaft den Dreck hier wegzuräumen.«
Gisela akzeptierte das Urteil mit einem erleichterten Kopfnicken. Da kam sie ja glimpflicher davon, als sie gedacht hatte.
Gisela fuhr in Lederers Mercedes zum Hof, ein Mannschaftsbus folgte ihnen. Am Steuer hockte ein unausgeschlafener Streifenbeamter aus Straubing, dem die Bärbeißigkeit ins Gesicht geschrieben stand. Kurz vor der Zufahrt kreuzte Ludwigs Auto die beiden Polizeifahrzeuge.
»Was ist denn los?«, fragte Ludwig, als er und Jakob ausstiegen und zusahen, wie Lederer mit einem Streifenbeamten das Wohnhaus betrat.
Gisela klärte ihn in aller Kürze auf, Jakob stand wie ein kleines Kind in einigem Abstand dabei, sein Blick war geistesabwesend. Kaum hatte Gisela ihren Bericht beendet, kam Lederer mit den sieben Damen aus dem Haus. Der bärbeißige Streifenbeamte
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