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Unter Brüdern (German Edition)

Unter Brüdern (German Edition)

Titel: Unter Brüdern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Casey Kingsley
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ihn einiges an Kraft ihren leblosen Körper aufzurichten und über seine Schulter zu werfen, ohne dabei seinen Bruder aus den Augen zu lassen.
    Er stolperte den Weg zurück zu den Parkplätzen, die letzten Meter versteckte er die Waffe unter seinem T-Shirt, aber es war nur ein Pärchen auf dem Parkplatz, das so mit sich selbst beschäftigt war, dass Jake ungesehen mit Megan auf dem Arm zu seinem Auto laufen konnte und die Waffe nicht erst hätte verstecken müssen.
    Jake setzte sie auf dem Beifahrersitz ab, nahm sich die Zeit sie anzuschnallen, obwohl er wusste, dass er sich beeilen sollte, weil die Polizei gleich auftauchte.
    Im Autoradio spielten sie Sufjan Stevens ‘ Song Come Thou Fount Of Every Blessing. Jake wusste, dass es gleich zuende war für ihn. Es ging ihm gar nicht darum zu fliehen, er wusste, dass das Schwachsinn war. Sein einziger Wunsch war, die letzten Minuten mit Megan zu verbringen, bevor er festgenommen wurde und die nächsten Jahre hinter Gittern verbringen musste.
    Er fuhr schneller als er durfte, aber weit und breit war kein Auto auf der Landstraße zu sehen. Er kannte die Strecke auswendig, da er sie täglich zweimal fuhr, zur Arbeit und zurück, aber er war so tief in seine Gedanken versunken, dass er das Gefühl hatte geweckt zu werden, als er bemerkte, dass Megan sich bewegte.
    Sie schnallte sich ab, er sah, dass es sie alle Mühe kostete, weil sie kaum fähig war sich zu bewegen. Erst wollte er protestieren, ihr klar machen, dass sie angeschnallt bleiben musste, doch als Megan sich mit dem Oberkörper über seine Beine legte, ließ er es zu.
    Er strich ihr die Haare aus ihrem wunderschönen Gesicht, sie starrte nach draußen, beobachtete die vorbeiziehenden Lichter der Straßenlaternen oder den Regen.
    Das Lied stimmte ihn noch sentimentaler. Es war das letzte Lied für mehrere Jahre, das er gemeinsam mit Megan hören würde. Es war ein religiöser Text, kein Liebeslied, aber die Melodie war so unfassbar melancholisch, gerad e in diesem Moment, dass er völlig darin verloren ging.
     
    „Es wird alles gut, Kleines. Wir sind gleich zuhause…“ sagte er leise und ließ seine Hand an ihrer Schulter liegen. Megan wirkte so schmal und hilflos.
    Zuhause angekommen war sie wieder ohnmächtig geworden.
    Jake trug sie aus seinem Auto zum Haus, suchte nach dem Ersatzschlüssel, fand ihn unter einem Blumentopf. Er ließ die Haustüre hinter sich ins Schloss fallen. Vorsichtig darauf bedacht nirgends ihren Kopf anzustoßen trug er sie nach oben in ihr Schlafzimmer und legte sie auf ihrem Bett ab.
    Er hätte sich in diesem Moment für eine Weile aus dem Staub machen können, aber was hätte das gebracht? Er hätte es ja doch nicht lange ausgehalten ohne Megan.
    Er setzte sich neben sie.
    Natürlich würde Ken ihn verraten, das stellte er gar nicht infrage. Bald würde die Polizei hier eintreffen, doch alles was er wollte, war in seinen letzten Minuten in Freiheit Megan anzusehen.
    Sie sah so friedlich aus, so makellos schön. Ihre langen Wimpern warfen lange Schatten auf ihre Wangen, ihre Lippen waren nur leicht geöffnet, als warteten sie darauf von ihm geküsst zu werden.
    Er strich ihr über die Wange, verharrte dort mit seiner Hand, an ihrer zarten Haut. Er wollte sie küssen, gerade jetzt, wo sie sich ihm nicht verweigern konnte, alles was er tun musste, war sich herabzubeugen und das zu tun, wonach er sich seit Jahren sehnte. Vor allem dann, wenn er sah wie sie Ken küsste (und es nicht verstand wie Ken sie hin und wieder abwies) oder wenn sie ihre Lippen zu einem kleinen Schmollmund verzog, wenn sie angestrengt nachdachte.
    Aber er brachte es nicht übers Herz es in diesem Moment zu tun.
    Sie würde sich nicht daran erinnern können, sie war völlig weggetreten. Und er wollte sich bestimmt nicht auf das Niveau dieses Kerls herablassen, der heute Abend Hand an sie gelegt hatte.
    Noch immer hallte das Lied in seinen Gedanken nach, das sie gerade im Auto gehört hatten. Für den Rest seines Lebens würde dieser Song ihn verfolgen, würde ihn an diesen einen Moment erinnern.
    Sanft strich er mit seinen Fingerspitzen an ihrem Arm entlang, konnte den Blick nicht von ihr abwenden und als Ken mit seinen Kollegen eintraf, kam er ihnen entgegen, mit erhobenen Armen, zeigte ihnen mit einem Kopfnicken in Richtung des Wohnzimmertisches , dass dort die Waffe lag und ließ sich bereitwillig festnehmen, das Bild von Megans Gesicht fest in seine Erinnerungen

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