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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R Dickson
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und stell­te mich ei­nem an­de­ren Se­kre­tär vor, ei­nem Mann in mitt­le­ren Jah­ren dies­mal. Er ge­lei­te­te mich durch ver­schie­de­ne Räu­me und wies mir den Weg durch einen lan­gen Kor­ri­dor und um ei­ne wei­te­re Ecke her­um, hin­ter der nach sei­nen Wor­ten der Ein­gang zu den Bü­ro­räu­men lag, in de­nen Pad­ma zur Zeit ar­bei­te­te. Dann ver­ließ er mich.
    Ich ging in die von ihm an­ge­ge­be­ne Rich­tung. Doch als ich durch den Ein­gang trat, be­fand ich mich nicht in ei­nem Zim­mer, son­dern in ei­nem an­de­ren, kur­z­en Gang. Und ich blieb wie an­ge­wur­zelt ste­hen. Denn ich glaub­te plötz­lich, Ken­sie Grae­me käme mir ent­ge­gen – und nicht mit freund­li­chem Ge­sicht, son­dern mit Wut und Ent­schlos­sen­heit in sei­nen Zü­gen.
    Aber der Mann, der wie Ken­sie aus­sah, warf mir nur einen bei­läu­fi­gen Blick zu und schritt auf mich zu, oh­ne mich wei­ter zu be­ach­ten. Dann be­griff ich.
    Es war na­tür­lich nicht Ken­sie. Es war Ken­sies Zwil­lings­bru­der Ian, der Kom­man­deur der Gar­ni­son­s­trup­pen hier in Blau­vain. Er schritt mir ent­ge­gen, und ich be­gann mich wie­der in Be­we­gung zu set­zen und auf ihn zu­zu­ge­hen. Doch ich konn­te den Schock der Über­ra­schung nicht ab­strei­fen, bis er an mir vor­bei­sch­ritt.
    Ich glau­be, nie­mand in mei­ner Po­si­ti­on hät­te ihm auf die­se Wei­se be­geg­nen kön­nen, oh­ne ge­nau­so ver­blüfft zu sein. Von Ja­nol hat­te ich ei­ni­ge Ma­le ge­hört, daß Ian das ge­naue Ge­gen­teil von Ken­sie war. Nicht im mi­li­tä­ri­schen Sin­ne – bei­de wa­ren her­vor­ra­gen­de Mus­ter­exem­pla­re von Dor­sai-Ofi­zie­ren –, son­dern was ih­re per­sön­li­chen Ei­gen­ar­ten, ih­re Cha­rak­tere be­traf.
    Ken­sie hat­te vom ers­ten Au­gen­blick an einen nach­hal­ti­gen Ein­druck auf mich ge­macht – mit sei­ner freund­li­chen und zu­vor­kom­men­den Na­tur und der mensch­li­chen Wär­me, die manch­mal ge­nau die Tat­sa­che ver­ges­sen ließ, daß er ein Dor­sai war. Wenn er nicht zu sehr und un­mit­tel­bar mit mi­li­tä­ri­schen An­ge­le­gen­hei­ten be­schäf­tigt war, dann schi­en er ganz Son­nen­schein zu sein. In sei­ner Ge­gen­wart konn­te man sich ge­nau­so wär­men wie im Son­nen­licht. Ian, sein phy­si­sches Du­pli­kat, das mir nun wie ei­ne Art zwei­äu­gi­ger Odin ent­ge­gen­schritt, war der Schat­ten selbst.
    Dies war letzt­end­lich die Ver­kör­pe­rung der Le­gen­de von den Dor­sai. Dies war der stren­ge Mann mit dem ei­ser­nen Her­zen und der dunklen und ein­sa­men See­le. In der mäch­ti­gen Fes­tung sei­nes Kör­pers wohn­te das es­sen­ti­el­le Ich Ians so iso­liert wie ein Ere­mit in ei­ner Höh­le. Er war der grim­mi­ge und ein­sa­me Hoch­län­der sei­ner fer­nen Vor­fah­ren, die in ihm wie­der zum Le­ben er­wach­ten.
    We­der Ge­setz noch Mo­ral wa­ren Ians Ma­xi­men, son­dern Ver­trau­en in das ge­ge­be­ne Wort, Sip­pen­loya­li­tät und die Pflicht zur Blut­feh­de. Er war ein Mann, der die Höl­le selbst durch­que­ren wür­de, um ei­ne Schuld zu be­glei­chen, im gu­ten wie im schlech­ten Sin­ne. Und in dem Au­gen­blick, als ich ihn nä­her kom­men sah und ihn schließ­lich er­kann­te, dank­te ich plötz­lich al­len noch üb­rig­ge­blie­be­nen Göt­tern, daß er bei mir kei­ne Schuld of­fen hat­te.
    Dann wa­ren wir an­ein­an­der vor­bei, und er ver­schwand hin­ter ei­ner Ecke.
    Ge­rüch­te woll­ten wis­sen, er­in­ner­te ich mich, daß die Fins­ter­nis an und in ihm nur in Ken­sies Nä­he er­hellt wur­de, daß er im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes die an­de­re Hälf­te sei­nes Zwil­lings­bru­ders war. Und daß er für im­mer in sei­ner ei­ge­nen Nacht ge­fan­gen war, wenn er das Licht ver­lor, das Ken­sies strah­len­de Ge­gen­wart auf ihn warf.
    Es war ei­ne Be­mer­kung, an die ich mich spä­ter er­in­nern soll­te, eben­so wie an den Au­gen­blick, als ich ihn mir ent­ge­gen­kom­men sah.
    Jetzt aber ver­gaß ich ihn wie­der, als ich durch einen wei­te­ren Zu­gang schritt und durch ihn in ein Zim­mer ge­lang­te, das wie ein klei­ner Win­ter­gar­ten aus­sah. Und dort saß Pad­ma, ge­klei­det in sei­ne blaue Ro­be, mit freund­li­chem Ge­sicht

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