Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
haben wir noch, bevor ich an den Hof muss, Cally?“
Cally legte die eiserne Feder, die sie in ihrer Hand gedrückt hatte, um Muskeln aufzubauen, hin und blätterte den Terminkalender der Königin durch.
„Ungefähr eine Dreiviertelstunde, Majestät. Zeit genug für ein Bad, wenn Ihr es schnell macht und Euch nicht um die Blasen kümmert. Habt Ihr heute Morgen Euer ganzes Frühstück gegessen?“
„Kommandier mich nicht herum, Cally. Ich werde gegen elf etwas essen, wenn mein Magen wach ist. Gibt es etwas, das ich wissen muss?“
Ein Teil von Callys Job war es, dem Tratsch in der Burg diskret zu lauschen. Jede Fraktion innerhalb der Burg und einige außerhalb der Burg hatten ihre eigenen bezahlten Informanten zur Verfügung, aber Callys Quellen waren unübertrefflich, vor allem, weil sie fast ausschließlich aus Dienern bestanden. Es war erstaunlich, wie oft hochgestellte und einigermaßen intelligente Leute Diener für selbstverständlich hielten, fast wie einen Teil des Mobiliars, und vor ihnen Dinge sagten, die sie nicht einmal im Traum ihrer eigenen Familie erzählt hätten – und alle Diener erstatteten Cally Bericht. Als Leibwächterin der Regentin und des königlichen Erben hatte Cally entschieden, die beste Antwort auf jede Bedrohung sei, von vornherein zu wissen, aus welcher Richtung sie kam. Es half auch gewaltig, die Königin am Hof als allwissend zu präsentieren. Besonders bei Angelegenheiten, von denen sie nicht einmal wissen sollte, dass sie existierten.
„Noch nichts wirklich Interessantes“, sagte Cally und legte den Terminkalender weg, um ihr eigenes Notizbuch zu studieren. „Der Schamane macht sich mal wieder zur Nervensäge und predigt gesellschaftliche Neuerungen und Revolution im großen Hof. Nur das gewöhnliche Feuer-und-Verdammnis-Zeug, aber die Bauern schlucken es mit Löffeln. Euer Vater schmollt noch immer in seinen Gemächern, nachdem Falk und Fischer ihm entgegengetreten sind. Als man die zuletzt gesehen hat, waren sie unterwegs, um den Magus zu befragen.“
Felicity schnaubte wieder. „Na, viel Glück. Direkte Antworten vom Magus zu bekommen ist schwerer, als sich selbst einen Zahn zu ziehen und ungefähr genauso spaßig.“
„Stimmt“, sagte Cally. „Ich habe schon nützlichere Geräusche aus den Mündern von Leichnamen gehört, nachdem ich ihnen auf den Bauch getreten bin.“
Felicity blickte sie an. „Das hast du nicht wirklich …“
„Jeder braucht einen Zeitvertreib.“
„Du bist widerlich, weißt du das? Ich würde dich zu einem weiteren Benimmkurs schicken, wenn uns nicht die Lehrer ausgegangen wären.“
„Der letzte hat mir gefallen.“
„Ich weiß. Er zittert immer noch.“
Felicity ließ sich auf einen harten Stuhl vor ihrem Schminktisch fallen und betrachtete ihr Antlitz leidenschaftslos im Spiegel. Sie hatte kein bisschen Schminke aufgelegt, ihr störrisches, rotblondes Haar war eng auf metallene Lockenwickler gewickelt, und eine Zigarette ragte aus ihrem Mundwinkel. „Jesus“, sagte sie erschöpft. „Es wird von Tag zu Tag schwerer, präsentabel auszusehen. Ich würde ja einen Formveränderungszauber anwenden, aber du kannst darauf wetten, dass eines dieser Miststücke von der Akademie ihn bemerken würde. Ist die neue Gesichtscreme aus dem Süden angekommen?“
„Ist gerade durch den Zoll“, sagte Cally. „Eine ganze Kiste von dem Schmodder. Ich weiß nicht, warum Ihr Euer Geld damit verschwendet. Die wird auch keinen größeren Unterschied machen als der ganze Schmodder davor. Ihr werdet alt, Fliss. Gewöhnt Euch dran.“
„Niemals!“, sagte Felicity. „Ich bin in den besten Jahren, und mit ein bisschen Hilfe sehe ich auch noch so aus. Ich frage mich, ob ich mit einem weiteren Schönheitsfleck durchkomme.“
„Noch mehr Flecken, und die Leute werden denken, Ihr hättet die Pest“, sagte Cally kalt. „Entweder das, oder jemand wird versuchen, die Punkte zu verbinden, damit ein Bild entsteht.“
„Für dich ist es ja in Ordnung“, knurrte Felicity. „Du bist Leibwächterin. Von dir erwartet man, dass du ein Gesicht hast wie eine Bulldogge, die Pisse von einer Distel leckt. Ich bin die Königin, verdammt. Ich muss strahlen. Das erwartet man von mir.“ Sie nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. „Verdammt, diese Dinger machen einen so früh morgens duselig. Hast du meinen Zigarettenhalter gesehen?“
„Wo habt Ihr ihn zuletzt gehabt?“
„Wenn ich das wüsste, würde ich verdammt nochmal dort nachsehen, oder? Such
Weitere Kostenlose Bücher