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Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)

Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)

Titel: Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Greco
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sehen oder zu hören. Er äugte in den Unterschlupf, wo Anna und Oskar gemeinsam regelmäßig ein- und ausatmeten. Es war alles in Ordnung. Wenn von irgendwoher Gefahr drohte, hätte sich Oskar schon gemeldet. Prüfend schielte er durch das dichte Blätterdach. Noch war es finster über dem Baldachin, doch bald würde die Morgendämmerung die Nacht vertreiben.
    Plötzlich fuhr er zusammen. Was war das? Täuschte er sich oder hatte er in der Schwärze der Nacht für einen winzigen Augenblick einen bunten Schimmer gesehen? Die Härchen auf seinen Armen richteten sich auf. Alexander griff nach seinem Taschenmesser. Lächerlich. Warum hatte er nicht wenigstens das große Küchenmesser eingesteckt, bevor er heute Morgen losgezogen war? Nicht, dass er damit bedeutend mehr hätte ausrichten können, aber er würde sich wenigstens nicht ganz so albern vorkommen. Da, tatsächlich, da leuchtete es wieder. Was zum Teufel war das nur? Nicht besonders hell, aber bunt, sehr bunt. Es erinnerte ihn an die virtuose Farbmischung eines Regenbogens, und irgendwo hatte er so etwas schon einmal gesehen. Vorhin im Nebel? War ihm das bunte Schimmern inmitten des dichten Nebelschleiers aufgefallen? Und plötzlich stand Oskar neben ihm, die Ohren gespitzt, und knurrte leise vor sich hin. Auf Oskars Instinkt war immer Verlass, dort war etwas. Oder jemand, der nicht dort hingehörte. Das bunte Flimmern verlosch.
    »Psst.« Alexander strich dem Hund kurz über den Kopf und das Knurren hörte auf. Nun hörte er ein Rascheln im Unterholz, Schritte auf welken Blättern. Langsam bewegte sich Alexander auf das Feuer zu. Er griff nach einem Ast, der zur Hälfte verbrannt war, und zog ihn vorsichtig aus den Flammen. Das winzige Taschenmesser und eine provisorische Fackel, imposantere Waffen konnte er im Augenblick nicht aufbieten. Da, dort war das Licht wieder. Alexander verharrte, blieb stehen, ohne sich zu bewegen. Wer immer sich dort befand, musste ihn ebenfalls sehen, das Lagerfeuer war ein leuchtender Fleck in der Schwärze der Nacht. Das Geräusch kam näher und Oskar knurrte erneut leise. Es konnte nicht mehr lange dauern, dann würde der Besucher in den flackernden Schein der Flammen treten. Noch einen Moment … Alexander legte seine Hand sacht auf den breiten Rücken seines Hundes und dann verpasste er ihm einen leichten Klaps aufs Hinterteil.
    »Jetzt, Oskar!«
    Wie ein Blitz schnellte der nach vorn. Alexander hörte einen überraschten Aufschrei und dann war es still. Das bunte Licht war verschwunden und Oskar knurrte nicht mehr, sondern bellte aufgeregt.

Kapitel 6
    Wunden
     
     
     
    F ieberhaft durchstreifte Alexander das dichte Geäst, den brennenden Stock in Augenhöhe. Oskars Bellen wurde zunehmend ungeduldiger, doch der dichte Baumwuchs ließ das Licht der provisorischen Fackel nicht tief genug in die Dunkelheit dringen. Sie erhellte lediglich den Radius von der Länge des glimmenden Stocks, sodass Alexander nur Oskars gereiztes Kläffen als Orientierungshilfe zur Verfügung stand. Oskars Geduld schien inzwischen erschöpft zu sein, denn das aufgeregte Bellen ging nun in ein ärgerliches Winseln über.
    »Ich höre dich ja, Oskar. Es ist gut.«
    Obwohl der Wald Alexanders Stimme dämpfte, empfand er sie als unangenehm laut. Oskar war verstummt und für einen Moment blieb Alexander stehen und lauschte. Er spürte seinen Herzschlag bis in die Fingerspitzen. Der eisige Wind trug ihm ein leises Stöhnen entgegen und allmählich wurden die Umrisse seines Hundes sichtbar, der schwanzwedelnd auf ihn zulief, sich umdrehte und erneut mit dem Schwarzgrün des Waldes verschmolz.
    »Hey, nicht ganz so schnell, mein Freund.«
    Alexander stolperte hinterher und hatte Mühe, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Eine Taschenlampe wäre jetzt nicht schlecht.
    Beinahe wäre er über sie gefallen. Oskar saß mit gespitzten Ohren zu ihren Füßen und blickte ihn stolz an.
    »Ja, ja … gut gemacht, Kumpel.«
    Alexander steckte die Fackel in den weichen Boden, doch das kleine Messer hielt er fest umschlossen. Nicht dass die schmächtige Gestalt einen gefährlichen Eindruck machte, doch besonders hier und gerade heute wollte er sich lieber nicht darauf verlassen. Er kniete sich neben Oskar und beugte sich über die Ruhestörerin. Alexander raufte sich die Haare. Sie atmete, wenn auch ein wenig rasselnd. Er ergriff ihre Hand und fühlte erleichtert einen Puls, schwach aber regelmäßig. Sie musste etwa in seinem Alter sein, Mitte zwanzig vielleicht.

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