Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
aber langsam machte er sich Sorgen um Anna. Er wollte sie nicht länger als nötig allein lassen. So hatte er sich sein kleines Abenteuer eigentlich nicht vorgestellt. Er wollte allein eine Welt erforschen, von der er nur annahm, dass sie existierte und nun war ihm die Verantwortung für gleich zwei Frauen auferlegt worden, die eine total entkräftet und erschöpft, die andere verletzt.
»Naomi, meinen Sie«, zum Henker mit den Förmlichkeiten, »meinst du, du kannst aufstehen?«
Er wusste die Antwort, noch bevor sie den Kopf schüttelte. Es war nicht weit bis zu dem kleinen Lagerplatz, das Flackern des Feuers war von hier aus deutlich zu erkennen. Bis dorthin konnte er sie problemlos tragen. Sie war ein wenig kleiner und auch zierlicher als Anna. Alexander seufzte, er schaffte es, aber für die junge Frau würde es ein schmerzhaftes Unterfangen werden. Entschlossen richtete er sich auf und holte tief Luft. Er drückte die Fackel im Waldboden aus, schob vorsichtig eine Hand unter ihre Arme und die andere unter die Beine. Als er sich langsam erhob, gab sie einen schmerzhaften Laut von sich, und dann erschlaffte ihr Körper erneut.
»Gut so, Naomi, so ist es für uns beide leichter.«
Oskar schnüffelte kurz an ihren leblosen Armen und lief dann voraus der schwachen Lichtquelle entgegen.
Schnell hatten sie das Lager erreicht. Alexander legte die junge Frau sacht auf den Boden. Das Holz war beinahe heruntergebrannt. Hastig sammelte er einige Äste, warf sie in die glimmende Glut und schon bald prasselte das Feuer wieder munter vor sich hin. Er war furchtbar müde, aber hier gab es leider niemanden, der ihm die Arbeit abnahm. Naomi lag leblos neben der wärmenden Lichtquelle. Wasser, sie braucht Wasser . Wenn er nur ein größeres Gefäß als Annas kleine Feldflasche hätte. Erneut verfluchte er sich für seine Nachlässigkeit. Warum nur war er nicht besser vorbereitet gewesen, als er heute Vormittag aufgebrochen war? Eigentlich war er sicher gewesen, dass er finden würde, was ihm in seinen Träumen begegnet war. Hatte er tatsächlich nur das lächerliche Messer und seine Gitarre mitgenommen? Seine Gitarre, wirklich? Entnervt griff er nach einem weiteren dicken Stock, der aus dem Feuer herausragte, und setzte sich in Bewegung. Er schielte flüchtig in den kleinen Unterschlupf. Anna schlief nach wie vor tief und fest. Sie hatte sich zu einer Kugel zusammengerollt und lächelte im Schlaf. Gott sei Dank, hoffentlich ging es ihr in ein paar Stunden besser. Vielleicht hatte sie eine Idee, wie sie der verletzten Frau helfen konnten. Und so trat er noch einmal in die rabenschwarze Finsternis des Waldes. Prüfend blickte er durch das dichte Blätterdach, es dauerte nicht mehr lange bis zum Morgengrauen. Vermutlich würde er heute Nacht überhaupt keinen Schlaf mehr bekommen. Er hatte sich noch nicht weit von ihrem Lager entfernt, als er Oskars kalte Nase an seiner Handfläche spürte. Alexander ignorierte die vorwurfsvolle Stimme, die ihm riet, ihn zurück zu den beiden Frauen zu schicken. Ehrlich gesagt war er froh, den vierbeinigen Freund an seiner Seite zu wissen.
»Na gut, Kumpel, dann komm halt mit. Die beiden Damen werden auch ohne deine Anwesenheit noch da sein, wenn wir zurückkommen. Komm, da vorn gibt es was zu trinken.«
Oskar drückte sich hocherfreut an Alexanders Seite und so stolperten sie gemeinsam durch die Dunkelheit.
Sie fanden den Bach ohne Schwierigkeiten und nun hielt es Oskar nicht mehr in der Nähe seines Herrchens. Mit einem gewaltigen Satz und einem lauten Platsch landete er mitten im kalten Nass. Alexander schüttelte sich, das Wasser musste eisig sein. Doch Oskar schien das nicht zu stören. Der Bach war nicht tief, er umspülte gerade den Bauch des Hundes, der sich schlabbernd über die dunkel schimmernde Oberfläche beugte. Alexander steckte die Fackel in den sandigen Boden, kniete sich ans Ufer, schöpfte das in der Tat eiskalte Wasser mit beiden Händen und trank gierig. Köstlich! Er musste auf jeden Fall morgen früh hierher zurückkehren und sich den Bach genauer ansehen. Aber jetzt war es einfach zu dunkel, um irgendetwas erkennen zu können. Das Wasser schmeckte eindeutig anders. Er griff nach der kleinen Flasche, tauchte sie ein und ließ sie gurgelnd volllaufen. Alexander trank noch einen Schluck und erhob sich dann mühsam, um sich auf den Rückweg zu machen.
»Auf geht’s Kumpel.«
Amüsiert beobachtete er Oskar, der wie ein liebestoller Ziegenbock durchs Wasser hüpfte, als
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