Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
pechschwarzen Haaren ab und lief über seine Brust. Anna kniff ihre Augen zusammen. Sehniger Körper, kräftige Schultern und muskulöse Arme. Die Sonnenstrahlen, die mühelos in das durchsichtige Blau des Wassers tauchten, verliehen seiner Haut einen bronzenen Schimmer. Anna ertappte sich bei einem leisen Seufzer, und als Alexander seinen Kopf in ihre Richtung drehte, verschwand sie blitzschnell hinter dem Baumstamm und eilte davon.
Behutsam hängte Anna die vollen Blätter an einen dünnen Ast, Ollaris-Blätter hatte Naomi sie genannt. Sie schlief immer noch. Anna legte ihr prüfend die Hand auf die Stirn und zog sie erschrocken zurück. Entweder war ihre eigene Hand schrecklich kalt oder Naomi glühte. Wo blieb nur Alexander? Anna spähte suchend in den Wald. Da kam er pfeifend angeschlendert. Seine schwarzen Haare lagen nass im Nacken, die Hände steckten lässig in den Hosentaschen. Sie wartete nicht, bis er sie erreicht hatte, sondern lief ihm hastig entgegen. Er verstummte augenblicklich und sein Lächeln erstarb.
»Naomi?«
Anna nickte und sah zu der jungen Frau hinüber.
»Ich glaube, sie hat furchtbar hohes Fieber.«
Er kniete sich neben sie und zog ebenfalls erschrocken seine Hand zurück, als er sie berührte.
»Die Wunde, sie muss sich entzündet haben.«
Kurzerhand zog er ihr das Hemd über den Kopf. Für Zartgefühl und Rücksichtnahme war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Behutsam entfernte er den provisorischen Verband. Naomi stöhnte, doch sie wachte nicht auf. Anna betrachtete neugierig die verletzte Schulter, doch die Wunde hatte sich nicht verändert. Im Gegenteil, sie schien gut zu heilen. Natürlich sah man den tiefen Schnitt, doch die Ränder der Verletzung waren weder gerötet noch geschwollen. Sanft tastete Anna die verletzte Schulter ab, doch die Haut dort war auch nicht wärmer als der Rest ihres Körpers.
»Glaube ich nicht, Alexander. Das Fieber muss woanders herkommen. Wenn ich nur Holunder oder Lindenblüten hätte, die sind entzündungshemmend und schweißtreibend. Dann würde das Fieber sinken. Verdammt, ich muss doch irgendwie Wasser kochen können.« Anna stöhnte. »Aber es ist sowieso egal, es ist ja erst April, da blüht ohnehin noch nicht viel.«
Alexander schaute überrascht auf.
»Obwohl …«, fuhr sie nachdenklich fort, »die Blätter der Bäume sind hier ja auch größer …« Anna unterbrach sich selbst, als sie Alexanders verblüfftes Gesicht sah.
»Ich dachte, du bist Spielzeugladenbesitzerin oder so ähnlich. Hast du nicht gesagt, du hast keine Ahnung von Medizin?«
»Hab ich auch nicht, aber ich interessiere mich ein bisschen für Pflanzen und Kräuter.«
»Das, Anna, hörte sich aber nach mehr an als nur ein bisschen.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ist ja auch egal, oder? Wir haben schließlich weder Kräuter noch einen Behälter zum Wasserkochen. Und um zurück zu deiner Frage von vorhin zu kommen, nun ist wohl erst recht nichts mehr in Ordnung.« Anna blickte zu Naomi hinüber. »Wie es aussieht, können wir fürs Erste gar nicht mehr weg von hier, es sei denn, wir lassen sie zurück.«
Alexander nickte nachdenklich. Auf seiner Stirn bildeten sich schmale Falten. Keiner sprach. »Deshalb gehe ich allein Hilfe suchen«, fuhr er schließlich fort.
Anna wurde blass, er wollte sie hier zurücklassen. Allein im Wald, mit einer Verletzten.
»Das kommt gar nicht infrage! Ich kann genauso gut gehen!« Natürlich konnte sie das nicht. Anna wusste selbst, dass er recht hatte. Der kleine Ausflug zum Bach hatte sie bereits furchtbar angestrengt. Weit würde sie garantiert nicht kommen, aber der Gedanke hier, Gott weiß wo in Silvanubis, auf sich gestellt zu sein, gefiel ihr nicht. Erst Hilflosigkeit und dann Panik ergriffen sie und nur mit Mühe gelang es ihr, tief ein- und auszuatmen.
»Ich verspreche dir, wenn ich bis heute Abend niemanden gefunden habe, der uns helfen kann, dann kehre ich um und komme zurück.« Vorsichtig ergriff er ihre Hand.
Sie schluckte. Verdammt, sie hatte Angst. Angst vor dem Alleinsein. Sie drehte ihren Kopf zur Seite, doch Alexander hob sanft ihr Kinn und erzwang ihren Blick.
»Anna, bitte. Sieh mich an. Hab keine Angst. Ich komme zurück, das verspreche ich. Ich verstehe dich vielleicht besser, als du denkst. Glaub mir, ich fühle mich genauso lausig wie du. Du kannst mir vertrauen. Bei Einbruch der Dunkelheit bin ich wieder da, mit oder ohne Hilfe.«
Sie entzog sich ihm unwirsch und ließ sich langsam neben die
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