Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
Puppe für seine Enkeltochter, während sie ihr gesamtes getauschtes Essen bereits komplett vertilgt hatten. Der Laden wurde nicht geöffnet, und ihre letzte Scheibe Brot zu Hause war inzwischen sicherlich steinhart.
Erin tauschte einen flüchtigen Blick mit Naomi, die ihr zunickte, und ließ sich an Annas Seite am Feuer nieder. »Also gut. Wenn du mir versprichst, dich zu stärken.«
Anna verdrehte die Augen, ihre Geduld war am Ende. Ganz im Gegensatz zu Alexander. Mit einem großen Stock stocherte er eifrig im Feuer herum. Seine gesamte Aufmerksamkeit gehörte den Kartoffeln, die er geschickt in der Glut hin und her drehte.
Erin reichte Anna einige getrocknete Beeren. »Hier iss, die werden dir guttun.«
Anna beäugte die dunkelroten, verschrumpelten Früchte. Erin würde wahrscheinlich so lange schweigen, bis sie wenigstens ein bisschen dieses unappetitlich aussehenden Trockenobstes vertilgt hatte. Sie schob sich eine Beere in den Mund. Was war das? Die Beeren hatten Ähnlichkeit mit Rosinen, doch sie schmeckten anders. Sie kaute genüsslich. Süß und fruchtig ähnelte der Geschmack dem eines überreifen Pfirsichs. Augenblicklich ging es ihr besser. Das Schwindelgefühl verschwand und die verloren gegangene Kraft schien langsam aber stetig zurück in ihren Körper zu strömen. »Sind das Rosinen?«
Erin seufzte. »Na schön, dann hör gut zu. Alexander, kannst du dich vielleicht auch zu uns setzen? Ich denke, die Kartoffeln backen von allein und das hier betrifft euch beide.«
Alexander legte den Stock beiseite und hockte sich neben Oskar den Frauen gegenüber hin.
»Das sind Violabeeren. Sie stärken den, der durch Magie Kräfte verloren hat.«
Gleich würde sie aufwachen. Der Traum wurde immer verworrener. Anna rieb sich das Gesicht.
»Naomi hat auch schon einige gegessen, denn die Dolchpalme ist eine von den vielen magischen Pflanzen hier. Außerdem meinte meine Schwester, ihre Kräfte unnötig mit dem Werfen von Feuerkugeln verschwenden zu müssen, und das hat sie zusätzlich geschwächt.«
»Von wegen unnötig.« Anna schnaubte. »Sie hat uns damit das Leben gerettet.«
»Auch du, Alexander, solltest einige Beeren essen.« Erin nahm unbeirrt den Faden wieder auf. »Dich hat die Reise hierher zwar nicht so arg mitgenommen wie Anna, doch auch an dir ist der Übergang von der alten Welt nach Silvanubis nicht spurlos vorübergegangen. Hab ich recht?«
Alexander nickte.
»Wo ihr jetzt seid, das wisst ihr ja schon.«
Anna brummte. »Ach ja, Erin? Wissen wir das?«
Alexander schmunzelte, als sein Blick zwischen Anna und Erin hin- und herwanderte.
»Ihr seid in Silvanubis, Anna. Ab und zu kommen Menschen aus der alten Welt hierher. Die meisten haben eine Ahnung, was sie erwartet, so wie Alexander. Diese Personen kann die Magie nicht so schwächen, weil sie bereits über eine …«, sie suchte nach Worten, »… eine Verbindung verfügen. Und dann gibt es noch die, die mehr oder weniger zufällig hier gelandet sind. So wie du, Anna. Doch Naomi hat mir von deinem Traum erzählt.«
Alexander fuhr zu Anna herum. »Du hast auch geträumt? Und du machst mir Vorwürfe, dass ich dich mitgebracht habe?«
Enttäuschung und Tadel waren unüberhörbar, und er hatte recht. Er hatte ihr vieles erzählt und sie hatte kaum etwas preisgegeben. »Das war anders«, antwortete sie.
»Tatsächlich?«
»Es war anders, Alexander«, wiederholte sie.
»Wie dem auch sei«, unterbrach Erin sie ungehalten. »Silvanubis ist anders als der Ort, den ihr vorgestern verlassen habt, und doch haben beide Welten vieles gemeinsam. Hier wie dort leben und sterben Menschen. Silvanubis’ Bewohner teilen sich das Land mit vielen Lebewesen, die auch euch vertraut und bekannt sind.« Sie warf einen kurzen Blick auf Oskar und grinste. »So wie dieses Monster.«
Alexander schnalzte mit der Zunge. »Ich muss schon bitten, Erin.«
Erin lächelte. »Ihr werdet hier jedoch auch andere, magische Kreaturen finden. So wie den Wolf vorhin, ein Fenris, gegen den wir mit Pfeil und Bogen oder Schwertern nichts ausrichten können. Es gibt gute und bösartige Wesen. Pixies oder Einhörner beispielsweise sind sehr scheu und zurückhaltend, aber freundlich und ungefährlich. Dann gibt es kraftvolle, bedrohliche Geschöpfe. Drachen und Greife gehören zu dieser Gruppe. Sie sind temperamentvoll und harmlos, wenn man sie respektiert und nicht reizt. Doch leider existieren auch Geschöpfe, die durch und durch heimtückisch und hinterhältig sind. Wie der
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