Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
entgegen. »Das ist nun wirklich keine Neuigkeit mehr, Bruderherz. Danke, Anna. Ich bin Nico, der Jüngste der Familie.«
Anna schlug in die schmutzige Rechte ein und lächelte ihn an. »Nicht der Rede wert, Nico.«
»Sei so gut, Kleiner, und hol uns ein paar Decken aus der Scheune und frag Mama nach einem Krug Wasser und ein paar Bechern.«
Nico stöhnte. »Was würdet ihr nur ohne mich machen? Das hat man nun davon, der Jüngste zu sein.« Dem Boxhieb seines Bruders ausweichend stob er davon.
Alexander lachte. »Ich weiß, wie er sich fühlt. Bin auch der Jüngste.«
Annas Kopf schnellte zu Alexander. Er hatte Geschwister. Wieder stellte sie fest, dass sie kaum etwas über ihren Reisegefährten wusste.
Es dauerte nicht lange bis Nico, zwei riesige Decken in der einen und eine Karaffe Wasser in der anderen Hand, zurückkehrte. Er schnaufte ein wenig. Anna wurde warm ums Herz. Dafür, dass er sich eben noch so beschwert hatte, war er erstaunlich schnell wieder da.
»Wenn du jetzt noch Alexanders Gitarre mitbringst, während du die Becher holst, Brüderchen, dann darfst du dich zu uns setzen. Vorausgesetzt, du findest später noch genug Zeit für deine Stallarbeit«, setzte Noah grinsend hinzu.
Nico versuchte vergeblich, das Strahlen zu unterdrücken. Er nickte um Gleichgültigkeit bemüht und schlenderte davon. Als er jedoch außer Sichtweite war, konnten sie hören, wie er losstürmte.
Anna seufzte. Der hoch aufgeschossene Teenager war ihr auf Anhieb sympathisch. Er besaß noch diese jugendliche Mischung aus Unschuld, Ungeduld und Eifer. Eigenschaften, die sie alle einmal besessen und irgendwann verloren hatten. Innerhalb weniger Minuten war Nico, die Gitarre auf dem Rücken, die Becher in der Hand und Oskar an seiner Seite, wieder da. Warum eigentlich Alexanders Gitarre? Nico reichte sie Alexander, der sie andächtig entgegennahm. Noah hatte Anna eine Decke gereicht, die sie sich dankbar um die Schultern schlang. Später würde es sicherlich warm werden, doch noch stand die Sonne nicht hoch genug am Himmel. Die andere Decke breitete der rotblonde Hüne auf der taufeuchten Wiese aus und Erin ließ sich seufzend darauf nieder. Sie lehnte sich zurück, verschränkte die Arme im Nacken und atmete tief durch.
»Herrlich. Wunderbare Idee, Noah. Warum kommen wir eigentlich nicht öfter her?«
»Ich schätze, weil wir vergessen haben, wie schön es hier ist, Schwesterchen.«
Sie nickte, drehte sich auf den Bauch und sah auf die Ellbogen gestützt Anna an, die gedankenverloren ins Tal blickte. »Gefällt es dir hier?«
Anna nickte. Sie gab es nur ungern zu. Erin blickte Noah geheimnistuerisch an. Fast gegen ihren Willen musste Anna grinsen. Sie trug nicht nur ihr Herz auf der Zunge, man musste Erin nur ansehen, um zu wissen, dass sie etwas im Schilde führte. Nico hatte sich zu seiner Schwester gesellt, während Alexander inzwischen mit der Gitarre in der Hand auf der Bank neben Anna saß.
Nur Noah stand noch, schloss das Gatter und lehnte sich gegen den Zaun. Er war es auch, der schließlich das Wort ergriff. »Es wird nicht lange dauern, bis sie es erneut versucht.«
Anna zog die Decke ein wenig fester um sich. Es war, als hätte sich eine schwarze Wolke vor die Sonne geschoben und ihr die wärmende Kraft entzogen. Sie wusste genau, wen Noah meinte und Alexander sicher auch. Seine Finger glitten über die Saiten der Gitarre. Ein leises Summen ertönte. Rasch legte sich seine Hand um den Gitarrenhals und das Geräusch verstummte.
»Uns bleibt nicht viel Zeit. In erster Linie dafür, dass du zu Kräften kommst, Anna. Und außerdem, um euch auf ein mögliches Zusammentreffen mit ihr oder ihren Helfern vorzubereiten.« Anna zog eine Grimasse. »Keine Sorge, wir werden unser Bestes geben, das zu verhindern. Trotzdem, je mehr ihr über Silvanubis wisst, je kräftiger ihr seid, umso besser. Am wichtigsten jedoch und Voraussetzung für Kyras Scheitern ist, dass wir uns vertrauen und kennenlernen. Nur wenn wir die Stärken und Schwächen des anderen kennen, können wir erfolgreich sein. Ich schlage vor, dass wir uns täglich ein wenig mehr miteinander vertraut machen. Erin und ich werden in den kommenden Tagen nicht von eurer Seite weichen. Mit der Zeit werdet ihr sicher auch einige unserer Freunde kennenlernen. Doch im Moment müsst ihr mit uns vorliebnehmen. Anna, ich weiß, dass du so schnell wie möglich zurück nach Hause möchtest.«
Anna konnte plötzlich keinen Gefallen mehr an dem strahlenden Blau des
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