Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
des zwanglosen Haushalts geworden. Besonders Bridget erfreute sich an dem Besuch. Ihre Dankbarkeit kannte keine Grenzen. Stundenlang verschwand sie in der Küche, bereitete ein Festmahl nach dem anderen vor. Kein Wunder, dass Naomi ausgerissen war. Sie sah immer noch erschreckend zerbrechlich und schwach aus, aber seit zwei Tagen gesellte auch sie sich tagsüber zu ihnen, traf sich mit ihren Geschwistern, Anna und Alexander auf der Weide zwecks besseren Kennenlernens. Die Nächte verbrachte sie nach wie vor in Noahs kleinem Heim, das unweit vom Haus seiner Eltern lag.
Anna mochte die Geschwister. Immer wieder sann sie darüber nach, wie es sein konnte, dass die vier tatsächlich die gleichen Eltern hatten, so unterschiedlich waren Temperament und Wesenszüge. Vor zwei Tagen hatte Noah Pfeil und Bogen sowie einige Schwerter zu ihrem Treffen mitgebracht und begonnen, sie in der Kampfkunst zu unterrichten.
Richard hatte in einem weitläufigen Radius Wachen abgestellt. In regelmäßigen Abständen umschlossen mit Schwertern wie auch Pfeil und Bogen bewaffnete Krieger das Haus. So ließ er Kyra wissen, dass sie zumindest mit erheblichem Widerstand zu rechnen hatte, sollte sie versuchen, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Außerdem hatte Noah einige seiner Freunde in Position gebracht: Drachen und Greife sowie eine Handvoll Pixies befanden sich sowohl über ihnen als auch im Unterholz. Seine winzige Blockhütte lag ebenfalls in der von Wachen umschlossenen Region, und dort traf die kleine Gruppe abends erneut zusammen.
»Ich habe schon gehört, Anna, dass du alles immer ganz genau wissen willst.« Edmund griff nach seinem Becher und trank schmunzelnd. »Also bitte. Ich gehöre zum Volk der Okeaniden. Wir wohnen auf der anderen Seite des Sappirus Sees und die Najaden«, er warf einen vergnügten Blick über die lustige Runde, die an dem wackligen Holztisch eng zusammengerückt war, und drückte Naomi einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, »sind uns nicht gerade freundlich gesonnen. Bis auf einige Ausnahmen natürlich.«
Naomi erwiderte den Kuss zärtlich und warf ihm einen liebevollen Blick zu. Erin verdrehte grinsend die Augen.
»Die Najaden und Okeaniden, benannt zu Ehren der weiblichen Naturgeister, der Nymphen, teilen sich unsere wunderschöne Heimat, Silvanubis. Die einen leben auf dieser, die anderen auf der anderen Seite des Sees, und gehen sich weitestmöglich aus dem Weg.« Erin holte Luft. »Unter dem Grund des Sees, genau in der Mitte, soll es eine Schatzkammer geben. Die Okeaniden behaupten, der Schatz liege auf ihrer Seite und die Najaden sind fest davon überzeugt, dass er sich unter ihrem Land befindet. Das Zwergenvolk denkt natürlich, sie seien die rechtmäßigen Besitzer des sagenumwobenen Schatzes. Angeblich gibt es genau drei magische Schlüssel, die zusammen die Schatzkammer öffnen. Einer je im Besitz der Okeaniden, der Najaden und der Zwerge.«
Der Tropfen Wein in ihrem Mund wollte sich plötzlich nicht mehr hinunterbringen lassen. Anna verschluckte sich derart an dem köstlichen Getränk, dass es ihr erst nach einigen Minuten gelang, wieder gleichmäßig ein- und auszuatmen. »Wie bitte?«, krächzte sie. »Zwerge?«
Erin legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Du hast dich nicht verhört. Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, halte dich von ihnen fern. Sie sind hinterhältig, habgierig und gefährlich.«
Anna nickte. Gut, dass es ihr bereits so viel besser ging. Mit etwas Glück würde sie überhaupt keinem Zwerg begegnen. Bald war sie kräftig genug, um nach Hause zurückzukehren. Seltsamerweise drückte der Gedanke daran unangenehm in ihrem Magen.
»Tatsache ist«, fuhr Erin fort, »dass die ältere Generation, unsere Eltern eingeschlossen, immer noch daran festhält, dass es keine richtige Freundschaft zwischen Najaden und Okeaniden geben kann, und Freundschaften wie diese schon mal gar nicht.« Sie räusperte sich und warf einen vielsagenden Blick auf ihre Schwester und ihren Verehrer. »So ist Naomi vor einem Monat unter dem Vorwand aufgebrochen, nach Kyras Spuren zu suchen. Doch in Wahrheit wollte sie sich mit Ed treffen.« Sie boxte dem kräftigen Mann freundschaftlich in die Seite. »Leider ist ihr genialer Plan dieses Mal gründlich fehlgeschlagen. Statt ihren Liebsten zu treffen, ist sie Kyra tatsächlich zu nahe gekommen. Nicht nur, dass es der Magierin immer wieder gelingt, irgendwo unterzutauchen. Sie bedient sich außerdem großzügig der magischen Pflanzen, um
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