Unter dem Safranmond
Mantel aus Blei auf Brust und Schultern drückte, ihr das Atmen erschwerte.
Martha sah ihren Gatten an, und als dieser keine Anstalten machte, das Wort zu ergreifen, räusperte sie sich. »Mr. … Mr. Garrett hat uns die Ehre erwiesen, uns um deine Hand zu bitten«, begann sie, während ihr Blick auf einen nicht näher bestimmbaren Punkt zwischen ihren ausgebreiteten Röcken und dem Teetisch gerichtet blieb. Vor Aufregung, Hoffnung und Angst schlug Maya das Herz bis zum Hals. »Sein Ansinnen hat uns – gelinde gesagt – etwas unvorbereitet getroffen. Wir wissen uns dessen durchaus glücklich zu schätzen, genießt er doch unsere Hochachtung als Freund unseres Hauses. Trotz all seiner vorgebrachten Argumente haben wir uns«, ein erneuter Seitenblick streifte Geralds leicht gebeugten Rücken, »haben wir uns jedoch einvernehmlich entschieden, sein Ersuchen abzulehnen.«
»Ihr habt Nein gesagt?« Maya konnte, ja wollte nicht glauben, dass sie richtig gehört hatte, und sah verzweifelt von einem zum anderen. »Weshalb?«
»Eine Verlobung ist keine Übereinkunft, die man leichtfertig aus einer Laune heraus trifft – «
»Aber wir lieben uns!«, fiel Maya ihrer Mutter ins Wort. Marthas Mundwinkel zuckten, doch daraus ergab sich kein Lächeln. »Ebenso wenig aus einem Gefühlsüberschwang heraus. Ihr jungen Leute glaubt oft zu wissen, was für eine Heirat erforderlich ist, doch euch fehlt der Weitblick für die essentiellen Dinge. Es braucht Zeit, um sicher sein zu können, dass ein Fundament für eine dauerhafte Ehe besteht. Und diese Voraussetzung ist bei euch beiden einfach nicht gegeben.«
»Es ist doch bald Krieg!«, warf Maya verzweifelt ein. Ihre Mutter nickte bedächtig.
»Das ist uns sehr wohl bewusst, Maya, und auch das ist kein Grund für eine überstürzte Heirat. Im Gegenteil.«
»Vater!« Bittend sah sie zu Gerald, der es jedoch vermied, seiner Tochter ins Gesicht zu blicken. Stattdessen drehte er seine Pfeife in den Händen, drückte hier auf Kopf und Mundstück, kratzte dort mit den Fingernägeln daran herum. »Nun«, begann er mit einem leisen Hüsteln und einer Miene konzentrierter Anspannung, »dabei gilt es auch noch einen wirtschaftlichen Aspekt zu berücksichtigen. Was Mr. Garrett an Sold erhält, ist nicht mager, aber wohl auch kaum üppig zu nennen. Aus unserer Sicht ist es jedenfalls nicht genug, um dir einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen.« Seine Stimme klang schwerfällig und zögerlich, als hielte er hinter den gesagten Worten unausgesprochene Gedanken und Gefühle zurück.
»Das dürfte ja ganz allein meine Sache sein«, fauchte Maya und zuckte zusammen, als Gerald herumfuhr, ein wütendes Aufblitzen in den Augen, das sie bei ihm noch nie gesehen hatte.
»Ich habe dir nicht Altgriechisch und Latein beigebracht«, donnerte er, mit dem Pfeifenstiel auf sie zielend, »dir nicht erlaubt, Arabisch zu lernen, damit du in eine Hütte im Hindukusch Wassereimer schleppen kannst oder als … als Trossweib «, seine Faust krachte auf den Kaminsims, »mit einem Regiment durch die Gegend ziehst!« Als sei ihm sein unerwarteter Ausbruch selbst unangenehm, räusperte er sich, schob eine Hand in die Hosentasche und betrachtete erneut seine Pfeife. Dann fuhr er in gewohnter Ruhe fort: »Soll Ralph sich erst einmal seine Sporen als Offizier verdienen. Dann können wir von mir aus weitersehen.« Was einen eisigen Blick seiner Frau zur Folge hatte.
»Ich verstehe euch nicht«, Maya blickte zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter hin und her und verlor den Kampf darum, ihre Tränen zurückzuhalten. »So lange war es euch ein Kummer, dass sich kein Mann für mich fand. Jetzt ist einer da und will mich heiraten, und nun ist es euch auch wieder nicht recht.«
»Er ist nicht der Richtige für dich, Maya«, antwortete Martha schlicht.
»Natürlich«, gab ihre Tochter mit einem bitteren Auflachen zurück. Ihr alter Kummer – der Dorn in ihrer Seele, solange sie zurückdenken konnte – machte sich wieder bemerkbar. »Aber für Angelina wäre er es gewesen, nicht wahr?« Ohne die Erwiderung ihrer Mutter abzuwarten, wirbelte sie herum, riss die Tür auf und rannte in die Halle hinaus, die auch Ralph und Jonathan in diesem Moment aus dem Garten kommend betraten.
»Ralph«, rief Maya und lief ihm entgegen, warf sich in seine Arme und klammerte sich an ihn, fand ein Körnchen Trost und wusste doch, dass ihr dieses sogleich wieder zwischen den Fingern hindurchrieseln würde.
»Maya«,
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