Unter dem Vampirmond 01 - Versuchung
dieser Moment würde nie vergehen.
Dann spürte ich plötzlich, wie ich schwächer wurde. Bisher hatte ich nur jenes herrliche Wohlgefühl wahrgenommen, doch nun fühlte ich zugleich, wie mein Leben aus mir hinausströmte.
Ein Teil von mir wusste, dass ich dabei war zu sterben, doch der Tod schien mir weder beängstigend noch schlecht. Ich fühlte mich ungewöhnlich friedvoll und ergab mich der einschläfernden Vollkommenheit, die über mir zusammenschlug.
Meine Gedanken lösten sich langsam auf, und vor meinen Augen erschienen zusammenhanglose Bilder von der Sonne, die über die Hausdächer schien, Peters grüne Augen und Jacks Lachen. Ich dachte an meinen Bruder und hoffte, er würde es verstehen.
Und dann gab es plötzlich nichts mehr, außer dem Gefühl, unter einer warmen Decke begraben zu liegen. Mein Herzschlag war nun beinahe verstummt, und meine Lungen waren leer.
Die Trennung war hart und unvermittelt, und mir war plötzlich sehr kalt. Mein Geist schien seltsam wach, doch ich hatte nicht einmal die Kraft, meine Augen zu öffnen. Ich hörte die Aufregung um mich herum. Peter hatte mich losgelassen, doch ich konnte nicht sagen, wo ich mich befand. Ich wusste nur, dass ich nicht mehr in seinen Armen lag und er seinen Mund nicht mehr an meinen Hals presste. Er hatte zu früh aufgehört, ich war noch am Leben.
Ich hörte es poltern, das Rascheln von Schritten und lautes Geschrei. Doch es dauerte eine Weile, bis ich die Stimmen erkennen konnte.
Es war Jack, der Peter anbrüllte und beschimpfte, während Peter kaum etwas entgegnete. Dann donnerte Ezras Stimme dazwischen und sorgte für Ruhe.
» Er wollte sie töten!«, schrie Jack verzweifelt.
» Aber sie ist nicht tot«, sagte Ezra besänftigend. Ich fühlte seine starken Hände auf meinem Gesicht, sie fühlten meinen Puls und untersuchten die Wunde an meinem Hals. Ich wollte ihnen sagen, sie sollten mich sterben lassen, doch ich hatte kaum die Kraft zum Atmen, geschweige denn zum Sprechen. » Sie hat viel Blut verloren.«
» Sie wollte, dass ich es tue«, murmelte Peter, woraufhin ein lauter Schlag zu hören war.
» Jack! Peter!«, brüllte Ezra. » Wenn ihr sie retten wollt, dann hört ihr mir jetzt zu!«
» Ich weiß nicht, ob ich sie retten will«, sagte Peter leise.
Ezra ließ von mir ab, um den Kampf der beiden zu beenden. Ich hörte ihre Körper aufeinanderprallen und Jacks wütendes Knurren.
» Raus hier, Peter!«, befahl Ezra. » Geh zu Mae und sag ihr, wir brauchen Blutgruppe AB positiv. Im Kühlschrank unten müssten wir noch davon haben.«
» Wird sie es schaffen?«, wimmerte Jack.
» Peter hat recht …«, brachte ich atemlos hervor.
Jack kauerte sich neben mich, und ich spürte, wie tief erschüttert und hilflos er sich fühlte. Er sagte etwas zu mir, doch das Sprechen hatte mir meine letzten Kräfte geraubt. Alles um mich herum wurde schwarz und still.
Ich spürte, wie ich langsam und widerwillig an die Oberfläche driftete. Ich blinzelte, bis sich meine Augen an das dämmrige Licht im Zimmer gewöhnt hatten. Ich hätte erwartet, mich im Fegefeuer wiederzufinden.
Stattdessen lag ich im Bett des Turmzimmers, das mein Schlafzimmer gewesen war. Eine seltsame Müdigkeit lag wie eine schwere Decke auf mir, und ich spürte noch immer das Wohlbehagen von Peters Biss in mir nachklingen.
Außerdem fühlte ich Erleichterung und Sorge, ohne jedoch zu verstehen, warum ich so empfand, nach allem, was geschehen war. Doch dann rührte ich mich ein wenig und entdeckte, woher die Gefühle kamen.
» Hey«, flüsterte Jack. Er saß auf einem Stuhl in einer Ecke des Zimmers, doch als er sah, dass ich aufgewacht war, kam er herüber und setzte sich neben mich aufs Bett. » Wie fühlst du dich?«
» Sehr, sehr müde«, sagte ich matt, und als er mich anlächelte, sah ich, dass er Tränen in den Augen hatte.
Er strich mir das Haar aus der Stirn und ließ seine Finger meine Wangen entlang zu meinem Hals gleiten. Als er an die Stelle kam, an der Peter mich gebissen hatte, hielt er inne, und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. Ich schluckte schwer und wandte den Blick von ihm ab.
» Werde ich gehen müssen?«, fragte ich.
» Du kannst bleiben, solange du willst.« Er nahm die Hand von meinem Hals und ließ sie auf der Decke über meinem Bauch ruhen.
» Peter hat gesagt, dass ich niemanden von euch mehr sehen darf«, sagte ich mit erstickter Stimme. Beim Gedanken daran breitete sich ein tiefer Schmerz in meiner Brust aus, und sogar ohne Peter,
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