Unter dem Vampirmond 01 - Versuchung
Minute sein.
» Dein Herz schlägt so langsam.« Ich lehnte meinen Kopf zurück, um ihn anzusehen. » Geht es dir gut? Du hast nicht gerade einen Herzinfarkt, oder?«
» Nein.« Jack lachte und erinnerte mich wieder an den Jack, den ich kannte. » So schlägt mein Herz immer.«
» Aber das ist nicht normal«, sagte ich stirnrunzelnd. » Mein Herz schlägt nicht so.«
» Ich weiß.« Wie so oft schien ihn meine Verwirrung zu amüsieren. » Ich kann deinen Herzschlag hören.«
» Wie denn? Dafür bist du doch viel zu weit weg.« Tatsächlich saß er direkt neben mir, aber dennoch nicht nah genug, um meinen Herzschlag zu hören. » So gut kann dein Gehör gar nicht sein.«
» Was das angeht schon.« Er streckte seine Hand aus und legte sie sanft an meinen Hals.
Ich begriff nicht gleich, was er vorhatte, doch dann spürte ich, wie sein Daumen nach meinem Puls tastete. Ein Ausdruck purer Wonne lag auf seinem Gesicht, und er strahlte ein süßes Verlangen aus, das ich nicht begreifen konnte.
» Jack!«, rief Ezra mahnend, und Jack zog erschrocken seine Hand zurück, als sei er damit unter meinem Shirt erwischt worden und nicht an meinem Hals. » Es ist spät. Milo ist müde. Du solltest die beiden lieber nach Hause fahren. Außer, dir ist nicht danach. Dann würde ich …«
» Nein, das geht schon«, unterbrach Jack ihn barsch und stand auf.
Als wir das Wohnzimmer verließen, bedachte Ezra Jack mit einem tadelnden Blick, doch der weigerte sich, ihn anzusehen. Mir hingegen schenkte Ezra ein aufmunterndes Lächeln und sagte, es würde ihn freuen, wenn ich bald wiederkäme. Als wir an der Tür angekommen waren, verabschiedete Mae sich erst von mir und dann mit einer noch innigeren Umarmung von Milo.
Auf der Fahrt nach Hause hörte Milo gar nicht mehr auf, von Jacks tollem Zuhause zu schwärmen und davon, wie wunderbar Mae war und wie viele schöne Dinge er gemacht hatte, während ich schlief. Ich lehnte den Kopf an das kühle Glas des Autofensters und hatte ausnahmsweise sehr wenig zu sagen.
Ich wusste immer noch nicht, was es mit Jack und seiner Familie auf sich hatte, doch eines war sicher: Man konnte ihnen nicht trauen.
Peter hatte mir die kalte Schulter gezeigt und hielt mich auf Distanz, um mir nicht gegen seinen Willen wehzutun.
Trotz allem hatte ich Jack, Mae und sogar Ezra sehr gern und empfand auch eindeutig etwas Besonderes für Peter. Und ich wusste, selbst wenn bei ihnen zu sein bedeutete, sterben zu müssen, würde ich sie dennoch weiterhin besuchen, weil es schlimmer für mich wäre, ohne sie zu leben.
Als ich mit Milo in die Wohnung hinaufging, fühlte ich mich wie benommen, was zum Teil sicherlich an den Gedanken über meinen vermeintlich nahen Tod, hauptsächlich jedoch an den Nachwirkungen der Begegnung mit Peter gelegen haben dürfte. Er wirkte auf mich wie eine Droge, die meine Sinne noch immer berauschte.
Während ich mich aufs Sofa fallen ließ, machte sich Milo in der Küche zu schaffen. Der Besuch bei Jack hatte auf ihn den gegenteiligen Effekt gehabt: Er war das reinste Energiebündel.
» Hast du keinen Hunger?«, rief Milo aus der Küche. Ich hörte sein Töpfeklappern, vergrub mich aber nur noch tiefer in den Kissen. » Ich hab einen Bärenhunger. Weißt du, was seltsam ist? Wir waren von fünf Uhr abends bis nach zwei Uhr morgens bei ihnen, und keiner von ihnen hat etwas gegessen oder getrunken. Echt, und als ich Mae nach etwas zu trinken gefragt habe, musste sie ewig in der Küche herumsuchen, bis sie mir endlich ein Glas Wasser brachte«, fügte Milo aufgeregt hinzu. » Ich glaube, die haben in dem Haus überhaupt keine Lebensmittel. Wahrscheinlich lassen sie sich ihr Essen fertig ins Haus liefern. Was mich wundert, denn Mae ist eigentlich voll der Hausfrauen-Typ.«
Während Milo weiterplapperte, wurde ich müder und müder, und kurz vor dem Einschlafen machte es plötzlich klick und ich wusste, was Jack und Peter waren.
Doch bevor ich das Wort richtig greifen und seinen Sinn erfassen konnte, schlief ich ein und vergaß es komplett.
Kapitel 12
Ich hatte es geschafft, ganze dreizehn Stunden traumlos auf dem Sofa zu schlafen. Was sich zwischen Peter und mir auch immer abgespielt hatte, es hatte auf mich wie eine Überdosis Schlaftabletten gewirkt.
Ich rekelte mich vorsichtig, um meinen Rücken und Nacken wieder einzurenken, die vom langen Liegen auf dem Sofa schmerzten. Milo saß am Computer und grinste über meine Schläfrigkeit.
» Guten Morgen, meine Liebe«, zwitscherte
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