Unter dem Vampirmond 04 - Schicksal
bin ich es, die sich monatelang hat aussaugen lassen! Und ich wäre dabei fast draufgegangen, und das schon zweimal. Okay?«
» Warum tust du das dann?«, fragte ich.
» Weil ich nicht anders kann!« Sie sah mich mit jenem eindringlichen Verlangen an. Es war ein Hunger, den ich mit ihr teilte, nur andersherum. Sie wollte gebissen werden und ich wollte beißen. Auch ihr schien diese Idee gekommen zu sein, denn ihr leidender Gesichtsausdruck veränderte sich plötzlich in einen flehenden. » Alice, wenn du dir wirklich Sorgen um mich machst, dann könntest du es doch tun.«
» Was?« Ich verzog das Gesicht und wich einen Schritt zurück. » Nein! Niemals! Das wäre ja abartig.«
» Nein, Alice, hör zu.« Jane kam auf mich zu. » Ich brauche nur noch einen einzigen Biss, wirklich nur noch einen. Und du weißt, dass du mir nicht schaden würdest. Und Jack ist auch hier!« Ich wandte mich zu Jack um, der mit besorgtem Blick unser Gespräch verfolgte. » Er würde nicht zulassen, dass du mir etwas antust. Tu es nur dieses eine Mal! Dann fange ich morgen früh mit der Entziehungskur an.«
» Nein, Jane, auf keinen Fall.« Ich wehrte mit den Händen ab und wich noch einen Schritt zurück.
» Gut.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich trotzig an. » Wenn du es nicht tust, dann suche ich mir eben jemand anderen. Und der könnte gefährlich sein und mich töten. Wer weiß?«
» Das ist Erpressung!«, rief ich empört und hörte Milo hinter mir etwas Ähnliches murmeln.
» Nein, das sind nur die Tatsachen. Ich werde mich heute Nacht beißen lassen. Und wenn nicht von dir, dann von irgendjemand anderem.« Jane zuckte mit den Schultern und sah mich an, als wäre ihr das vollkommen gleichgültig.
Dem Vampir in mir wurde bewusst, dass wir von Blut sprachen, von frischem, warmem Menschenblut. Mein Magen knurrte voll Vorfreude und das Wasser lief mir im Mund zusammen. Wenn mich der Hunger überkam, ging mein Verstand über Bord.
Wieder drehte ich mich Rat suchend nach Jack um, doch der sah mich nur düster an und zuckte mit den Schultern. Er würde es mir nicht übel nehmen und mein Durst wurde immer quälender.
» Du versprichst mir, dass du morgen früh die Entziehungskur anfängst?«, fragte ich, wieder zu Jane gewandt.
» Alice, mach keine Dummheiten!«, rief Milo besorgt. Er stand ein Stück hinter uns an der Ecke, und Bobby musste ihn bremsen, damit er sich nicht einmischte.
» Ich verspreche es«, sagte Jane nickend, und zum ersten Mal seit Langem entdeckte ich einen Funken Glück in ihren Augen. Das Einzige, was ihr noch Freude bereitete, war, gebissen zu werden.
» Ich werde das nie wieder tun«, warnte ich sie. Ich hörte Jack laut seufzen.
Jane nickte erneut und dann stürzte ich mich auf sie und biss zu. Ich presste sie gegen die silbernen Fenster des Gebäudes hinter ihr – heftiger, als es nötig gewesen wäre. Während sie nach Luft rang, versenkte ich meine Zähne in ihren Hals. Es war das erste Mal, dass ich jemanden bewusst biss, und ich war überrascht, wie natürlich es mir vorkam.
Kaum fühlte ich ihr Blut in mir fließen, erfüllte mich eine wunderbare Wärme. Es war ein unwiderstehliches Vergnügen, das mit ihrem Blut in mich strömte und mich ganz erfüllte. Ich hörte ihren Herzschlag, zusammen mit meinem eigenen.
Ihre ganzen Emotionen überkamen mich, sie hatte Angst, fühlte sich klein und hilflos. Sie hatte die Kontrolle verloren, und es graute ihr vor dem, was aus ihr werden würde. Vor allem aber fühlte sie sich allein und ungeliebt.
Ich nahm meine ganze Willenskraft zusammen und ließ von ihr ab. Ich hatte nicht lange von ihr getrunken, und ich hatte ein wahnsinniges Bedürfnis, wieder zuzubeißen. Als ich ihr Blut von meinem Mund wischte und einen Schritt zurücktrat, spürte ich, wie Jack seine Arme um mich legte, um mir Halt zu geben.
Wenn ich trank, fühlte ich mich immer benommen, bei frischem Blut umso mehr. Und Janes Traurigkeit und Depression belasteten mich zusätzlich.
» Warum hast du aufgehört?« Jane sackte zusammen und glitt an der Wand hinab in den Schnee. Aus der Bisswunde an ihrem Hals tropfte Blut und die Luft roch herrlich nach ihr. Und wenn Jack mich nicht gehalten hätte, hätte ich mich erneut auf sie gestürzt.
Milo und Bobby eilten herbei, um sich um Jane zu kümmern, bevor sie im Schnee das Bewusstsein verlor. Auch ich war nicht weit entfernt davon, bewusstlos zu werden, weshalb Jack vorschlug, dass wir allesamt nach Hause gingen. Milo
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