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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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einer Seite sah die Erhebung aus, als sei sie eingefallen. Während sie noch hinschaute, spürte sie ein leichtes Beben im Boden. Jack beobachtete, daß Faraday eine Hand auf den Boden preßte. »Der gesamte Tunnel stürzt ein!« rief er hustend. »Wir scheinen im letzten Moment entkommen zu sein.« Zum ersten Mal erlebte sie, daß der Wächter seine Gelassenheit verloren hatte.
    Timozel rappelte sich auf und reichte Faraday die Hand. »Daß wir lebend diesem Loch entflohen sind, genügt mir vollauf. Von mir aus kann das ganze Sternentor zusammenbrechen. Seid Ihr wohlauf, mein Fräulein?«
    Sie schüttelte ihren Umhang aus und wischte sich die Kleidung ab, um sie von anhängendem Erdreich zu befreien. Der Jüngling wirkte nach den Ereignissen der letzten Minuten erstaunlich ruhig und gefaßt. Auch schien er reifer und selbstsicherer, und eine Aura ging von ihm aus, die Faraday früher nicht aufgefallen war. Doch dann zuckte sie die Achseln – wahrscheinlich verliehen ihm nur der Schmutz und die Strapazen dieses reifere Aussehen. Vermutlich sahen sie alle vier anders aus als noch vor wenigen Tagen. Vor dem Sturm, dem Schlamm und dem Erdrutsch!
    »Ach, meine Schätzchen!« rief Jack plötzlich fröhlich und mit kräftiger Stimme. »Ihr habt mich also gefunden!«
    Faraday reckte den Hals. Tatsächlich, da kamen Jacks Schweine über die Ebene getrabt. Jedes Tier hatte ein fettes Grinsen aufgesetzt, und die Äuglein glänzten zwischen den Speckrollen. Sie schnauften, grunzten und hätten ihren Hirten fast umgestoßen, so sehr rieben sie sich an seinen Beinen und stießen ihn hin und her. Der Anblick von soviel Wiedersehensfreude zauberte allen Gefährten ein Lächeln auf die Lippen.
    Yr wandte sich an die jungen Leute. »Wenigstens ist einer von uns glücklich. Ich für meinen Teil könnte dringend etwas zu trinken gebrauchen. Und ich wüsche mich auch gern.«
    Jack hörte damit auf, seine Schweine zu tätscheln, und strahlte die anderen an. »Nicht weit von hier fließt ein Bach. Dort können wir unseren Durst stillen und uns reinigen.«
    »Und was ist mit essen?« fragte Timozel, hob seine Axt auf und schob sie in den Gürtel zurück.
    »Nun, dafür müssen wir noch ein Stück gehen. In geraumer Entfernung von hier wohnen Freunde von mir, gute Menschen, die uns gewiß mit Nahrung, Unterkunft und, äh« – er warf einen Blick auf die Wächterin –, »Kleidung versorgen. Bis dorthin sind aber noch ein paar Meilen zurückzulegen. Wir brauchen die ganze Nacht
    und auch noch den Morgen, um dorthin zu gelangen.« »Gibt’s denn nichts in der Nähe?« fragte Faraday verzweifelt. Sie fühlte sich nicht in der Lage, einen Nachtmarsch zu überstehen – nach all den Stunden im Tunnel. »Ihr müßt Euch wohl daran gewöhnen, edles Fräulein, viel zu Fuß unterwegs zu sein«, entgegnete Yr. »Es sei denn, Ihr zieht es vor, auf einem der Schweine zu reiten.«
    Jack führte den Trupp wieder an, und nach ein paar hundert Schritten erreichten sie wirklich einen Bach. Die Reisenden wuschen sich erst Gesicht, Hände und Arme, ehe sie sich auf den Bauch legten und mit großen Schlucken von dem klaren Wasser tranken. Der Wächter gewährte ihnen einige Stunden Rast, aber er wollte unbedingt weiter, ehe die Nacht hereinbrach. Ein kalter Wind pfiff, und der Himmel zog sich immer weiter zu. Wenn sie hier schon keinen Unterschlupf fanden, mußten sie sich wenigstens bewegen, um sich warmzuhalten. Keiner von ihnen trug geeignete Kleidung, um am Boden schlafen zu können.
    Nachdem alle ihren Durst gestillt hatten, überraschte Timozel Faraday damit, daß er ein kleines Messer aus dem Stiefel zog und sie bat, ihm das Haar zu schneiden. Es sei viel zu lang, klagte er, und ständig hingen ihm die Locken in die Augen. Faraday gab sich alle Mühe, schnitt die dicken braunen Strähnen ab und kürzte hier und da, bis ihm das Haar flach am Kopf anlag. Danach verlangte der Jüngling das Messer zurück und schabte sich damit die Bartstoppeln ab, war er doch zwei Tage lang nicht dazu gekommen, sich zu rasieren. Aber ohne Zuhilfenahme von heißem Wasser blieb ein schwarzer Schatten auf den Wangen zurück. Faraday lehnte sich zurück, sah ihm zu und sagte sich, daß dieser junge Mann tatsächlich viel reifer und erwachsener wirkte als der Jüngling, mit dem sie vor einiger Zeit in Karlon zu den Grabhügeln aufgebrochen war.
    Yr hockte nicht weit entfernt und betrachtete den Ritter ebenfalls nachdenklich. Das Erlebnis unter dem Hügel hatte ihn

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