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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Vorwärtskommen zu erschweren. Sie hörte bereits das Ungeheuer hinter sich, das sie abgrundtief haßte und sie unbedingt töten wollte. Mit jedem Schritt kam die Kreatur näher und stampfte ungehindert durch das Grün, während Faraday auf stetig wachsenden Widerstand traf. »Helft mir!« schluchzte sie, aber die arglistigen Bäume verdoppelten nur ihre Anstrengung, es ihr so schwer wie möglich zu machen. So als sei ihnen sehr daran gelegen, daß das Wesen sie einfing, das da heranstürmte. Verzweiflung überlagerte allmählich Faradays Todesangst, und aus Verzweiflung wurde Zorn, während sie sich Schritt um Schritt durch den finsteren Wald vorwärtskämpfte. Warum behinderten die Stämme sie und nicht das Ungeheuer? »Ihr bösen, bösen Bäume«, murrte die junge Herrin wütend, ohne zu merken, daß sie Jacks Tonfall angenommen hatte, als dieser den Wald der Schweigenden Frau dafür schalt, sie in jener langen Nacht erschreckt zu haben. »Ihr solltet mir lieber beistehen!« Vielleicht würden die Bäume ihr ja verraten, wo sie sich vor der Gefahr verstecken konnte. Faraday blieb vor einer mächtigen Walbeineiche stehen, schlug mit aller Wut dagegen und preßte die Handflächen gegen die rauhe Rinde. Zunächst spürte sie nichts anderes als ihren Zorn, ehe ihr einfiel, wie der Schweinehirt ihr im Wald der Schweigenden Frau beigebracht hatte, den Bäumen zu lauschen.
    »Verdammter Stamm«, schimpfte sie, »jetzt hör mir gefälligst zu.« Und damit verbannte das Mädchen alle Ärgergefühle aus ihrem Herzen und versuchte, die Gegenwart des Baums durch die Handflächen in sich aufzunehmen und an ihr Innerstes weiterzugeben. Lange mußte sie sich konzentrieren und die Geräusche ihres Verfolgers aussperren. Und dann endlich, als sie schon verzweifelt aufgeben wollte, überflutete sie ein mächtiges Gefühl des Friedens. Faraday hörte das Lied der Liebe und Geborgenheit. Tränen quollen ihr aus den Augen, und sie entschuldigte sich beschämt bei dem Baum, ihn in ihrer Erregung geschlagen zu haben. Das Gefühl der Bedrohung, der Verfolgung durch ein furchtbares Ungeheuer fiel von ihr ab, und sie vernahm nichts anderes als das Lied der Eiche. Der Wald bedrängte sie nicht länger, sondern hielt sie und beruhigte sie. Ein seliges Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, als sie soviel Liebe spürte. Sie lachte glücklich und öffnete die Augen.
    Ramu, dessen Augen immer noch weit geöffnet waren, ließ vorsichtig Faradays Kopf los und lehnte sich auf den Fersen zurück. Sie lächelte ihn an, weil sie die Zusammenhänge erkannte. »Ihr wart es, der mich durch den Wald gejagt hat, nicht wahr?«
    Der Priester nickte und wirkte noch ganz verwirrt von dem eben Erlebten. Dann nahm er seinen Platz im Kreis wieder ein und wandte sich an die Wächter. »Ich habe sie der gleichen Prüfung unterzogen«, erklärte er zögernd, »die unsere Kinder ablegen müssen, wenn sie das Talent zu besitzen scheinen. Und dabei verlieren wir, die Awaren, die wir doch unter den Bäumen leben, viele unserer Kinder. Indes müssen sie bei dieser Prüfung nicht mehr tun als darauf kommen, die Bäume um Hilfe vor der Bedrohung zu bitten. Mehr verlangen wir nicht von ihnen – und dennoch scheitern viele …« Kummer legte sich auf seine Stimme. »Die meisten sterben vor Entsetzen. Vielen kommt überhaupt nicht der Gedanke, sich an die Bäume zu wenden. „Von allen Kindern, die die Prüfung in Awarinheim bestehen, überleben nur wenige, die dann zur Mutter reisen dürfen.«
    »Und was hat Faraday getan?« wollte Jack wissen. Er war sehr erleichtert, daß sie die Prüfung unbeschadet überstanden hatte.
    Ramu lächelte, als sei ihm ein schöner Gedanke gekommen. »Sie stellte sich vor einen Baum, als die Bedrohung am größten war, und lauschte dem Gesang des Waldes, bis das Lied die Gefahr vertrieb. Noch nie vollbrachte dies eines unserer Kinder. Selbst nach lebenslangen Studien wird nur den wenigsten von uns die Gnade zuteil, auch nur einen Teil des Baumlieds hören zu dürfen …« Er schüttelte den Kopf. »Der Wald hat tatsächlich für sie gesungen … Die Bäume haben dem Mädchen ihr Lied vorgetragen …« Der Priester schien immer noch nicht begreifen zu können, daß so etwas möglich war. Als er Faraday ansah, lag Ehrfurcht in seinem Blick. »Was werden die Bäume wohl alles für sie tun, nachdem sie erst einmal der Mutter vorgestellt wurde?«
    Wieder vor der Tür, starrte Timozel auf den Schatten, der auf dem Eisboden hinter der Tür

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