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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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beste.«
    Dieser verbeugte sich nun vor den Gästen, erhob sich, nahm die kleine Lampe, die neben dem Feuer Licht spendete, und stieg die eiserne Wendeltreppe hinauf, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Axis befielen dunkle Vorahnungen. Ein Schauder lief ihm über den Rücken, und instinktiv griff er nach seiner Axt. Aber die war natürlich nicht mehr da, lag unter dem Waldboden vergraben. Der Krieger griff nach seinem Schwert, aber das lehnte an der Wand, außerhalb seiner Reichweite. Er sah kurz zu seinen Kameraden hinüber, und die wirkten ebenso verwirrt und angespannt wie er. Wie hatte es geschehen können, daß alle drei Soldaten ihre Klingen weggegeben hatten, so daß sie jetzt nicht mehr sofort verfügbar waren?
    Ogden bemerkte die Spannung, die seine Gäste befallen hatte. »Meine Herren, ich versichere Euch, daß Ihr keine Gefahr zu fürchten habt. Veremund ist nur nach oben gegangen, um eines der alten ikarianischen Bücher zu holen.«
    Nicht lange darauf hörten sie, wie sich der Hagere mit den Füßen die Treppe heruntertastete. Er hatte die Lampe zurückgelassen, um einen mächtigen Lederband tragen zu können, den er mit beiden Händen an die Brust gepreßt hielt. Als der Mönch den Tisch erreichte, wäre er beinahe vornübergekippt. Offensichtlich konnte er das Buch kaum noch halten. Ogden drehte den Band zu sich herum, öffnete ihn, las mit zusammengekniffenen Augen im flackernden Licht und blätterte weiter. Die vier sahen, daß die Seiten aus Pergament bestanden. Eine unbekannte Handschrift war darauf zu erkennen, während der Rand mit Illustrationen von unbeschreiblicher Schönheit geschmückt war. Wer immer dieses Buch verfaßt hatte, hatte sehr leuchtende Tintenfarben verwendet und auch mit Gold und Silber nicht gespart.
    »Aha«, meinte der Dicke dann, während sein Finger die Schriftzeilen entlangfuhr, »da wären wir ja. Beide Völker, die Ikarier wie die Awaren, waren zwar in fast allen Bereichen sehr verschieden voneinander, besaßen aber eine gemeinsame Prophezeiung, und die ist viele tausend Jahre alt. Ikarier wie Awaren beteten darum, nicht mehr am Leben zu sein, wenn diese Weissagung sich erfüllen sollte. Wartet, ich lese sie Euch vor.«
    Ogden atmete tief ein und trug vor. Seine Stimme nahm einen eigentümlichen melodischen Klang an. »Der Tag wird kommen, an dem geboren werden … Der Kinder zwei … mit ihrem Blut … was?« Er hörte auf und rieb sich die Augen. »Vermaledeiter Feuerschein! Du hättest die Lampe mit herunterbringen sollen, Veremund. Versuch du es doch! Vielleicht kannst du das besser lesen.«
    Der Hagere schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, Ogden, daß meine Augen noch schlechter sind als deine. Vielleicht will der Axtherr uns das Lesen ja abnehmen.«
    Axis war verwirrt, aber Ogden winkte ihm aufmunternd zu. »Kommt schon, die Worte beißen Euch nicht. Ihr besitzt die Augen eines jungen Mannes. Früher kannte ich diese Zeilen beinahe auswendig, doch seitdem sind so viele Jahre vergangen, und immer seltener fand sich eine Gelegenheit, sich ihrer zu erinnern … Bitte.« Er tippte ungeduldig auf eine Stelle, und der Krieger setzte sich neben ihn. »Hier geht’s weiter.«
    Axis konnte nur auf die Seite starren, denn die Schrift kam ihm fremd und unbekannt vor, und die Zeichen sagten ihm nichts. Hilflos wandte er sich an den Mönch. »Bruder, ich vermag dies nicht zu lesen. Es ist eine zu fremde Schrift, und ich …«
    »Papperlapapp!« Der Dicke ließ ihn gar nicht ausreden. »Seht genau hin, und konzentriert Euch. Dann könnt Ihr es lesen, Ihr werdet’s schon sehen.«
    Seufzend wandte Axis sich wieder der Prophezeiung zu. Er berührte die Seite mit einer Fingerspitze, und das Pergament fühlte sich warm an. Nun bemühte er sich, aus dem Text klug zu werden. Die Buchstaben waren eigenartig und exotisch verschnörkelt, und die Worte schienen ineinanderzufließen. Auch lenkten ihn die leuchtenden Farben der Illustrationen ab. Nein, unmöglich. Der Krieger runzelte die Stirn, beugte sich tiefer über den Text, und seine Schläfen pulsierten in dem schwachen Licht. Ein Schwindelgefühl überfiel ihn. Als er blinzelte und wieder genauer hinsah, bekam der Text endlich einen Sinn.
    »Ja«, sagte Axis leise, »jetzt kann ich es lesen. Eine merkwürdige Schrift, aber ich werde ihrer Herr.« Eine fremde Melodie entstand in seinem Kopf, aber er beachtete sie nicht weiter.
    »Dann fangt an, Axtherr, macht uns die Freude«, drängte Ogden, und sein Blick schien sich an Axis’

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