Unter dem Zwillingsstern
lange allein lasse n ; die Proble m e m it Diebst a hl hier an der Grenze waren berüchtigt. Außerdem hatten sie eine lange Fahrt zurück nach Los Angeles vor sich. Sie hakte sich bei Dr. Gold m ann ein und erkundigte sich nach seiner Reise, während sie auf das Auto zusteuerten. Als er es sah, blickte er sich einen Mo m ent lang verwirrt u m .
»Fährst du denn selbst ? «
»Sicher. V e rtra u en Sie Frauen am Steuer nicht, Dr. Gold m ann ? «
fügte sie neckend hinzu.
»Das weiß ich nicht, ich bin no c h nie von einer gefahren worden. Ich ver m ute jedoch, wenn Käthe es sich hätte leisten können, wäre sie gewiß ebenfalls…«
Er hielt inne, und sie verwünschte die m angelnde Kontrolle ihrer Gesichtszüge. Als Schauspielerin sollte sie es wirklich besser können. Aber sie hatte erst vor kurze m , durch eine Zeitung, die sie an der letzten Tankstelle gekauft hat t e, von der französischen Kapitulation erfahren.
» W as ist geschehen ? «
»Frankreich hat kapituliert«, erw i derte Carla, da es für Beschönigungen zu spät war. »Das letzte, w a s ich von Kathi gehört habe, war, daß m an sie Anfang Mai wie alle anderen Deutschen wieder interniert hat. Danach kam nichts m ehr. Ich weiß noch nicht ein m al, in welchem Lager sie i n te r nie r t wurde. Es heißt, die süd f ranz ö sisch e n haben nach der Erober u ng von Paris begonnen, einen Teil ihrer Insassen an di e Küste zu s chicken, a b er…«
Sie wußten beide, daß Käthe als Bewohnerin von Paris kaum in ein Lager im Süden gebracht worden war.
Trotz der sommerlichen Hitze wurde Dr. Gold m ann aschfahl. Sie hielt ihn ein wenig fester; sich auf Dr. Gold m anns Ankunft zu konzentrieren hatte ihr dabei geholfen, nicht selbst bei der Vorstellung, was Kathi jetzt gerade geschehen konnte, verrückt zu werden, und sie würde nicht zulassen, daß er einen Herzanfall erlitt und vor ihren Augen starb. Nicht noch ein Toter, nicht noch ein Verlust. Wenigstens Dr. Gold m ann retten zu können war ein Schild gegen die zersetzende Schuld, in A m erika in Sicherheit zu sein.
»Mein Agent«, sagte sie, während sie ihn auf den Beifahrersitz bugsierte, »hat m i ch einem Sohn d e s Präsidenten vorgestellt, und der m eint, über das Rote K r euz würde ich gewiß erfahren, wo sie sich befindet vorher kann m an nichts m achen -, a lso habe ich einen Suchantrag gest e llt. Natürlich wird der durch die Besetzung verzögert werden, aber Sie wissen ja, das Rote Kreuz gibt es selb s t im jetzigen Deutschland, also werden w i r sie finden. Das verspreche ich Ihnen. W i r werden sie f i nden.«
Er at m ete etwas ruhiger, und nach einer W eile m einte er, gewiß habe sie recht.
Er ver z icht e te da r au f , i h r zu e rzä h l e n, daß der d erz e iti g e Pr ä sident des Deutschen Roten Kreuzes sich als glü h en d er Natio n al s oziali s t gab. Das Mädchen brauchte einen Strohhal m , nach dem sie greifen konnte, und er brauchte ihn auch.
Carla hatte sich ve r änd e rt, zum Positiven, f and e r, war sich jedoch bewußt, d a ß seine l e tzte Ver g l e ichs m öglichkeit ih r e s c hlim m ste Stunde gewesen sein mußte. Es war ein wenig beunruhigend, wie schnell sie den W agen fuhr; aber es erinnerte ihn an Robert, und resignierend s agte er s ich, zu erwarten, daß Carla sich als ruhige, besonnene Fahrerin entpuppte, war w ohl zuviel verlangt. Unwillkürlich fragte er sich, ob seine Barschaft genügte, um i hrer beider Abendessen zu bezahlen, bis er sich daran erinnerte, daß er im Moment nicht m ehr rechnen m ußte. Die Aussic h t auf m ehr als eine Mahlzeit am Tag erfüllte ihn m it beschä m e ndem Glück. Ihr Auflockerungsversuch von vorhin fiel ihm ein, und er versuchte, sich richtiges Brot und frisches Fleisch und gekühlte G etränke nicht allzu gierig auszu m alen. Es war erniedrigend, so a u f seine körperlichen Bedürfnisse reduziert zu werden, daß er selbst jetzt daran dachte, kurz nachd e m er erfahren hatte, d aß Käthe s i ch noch im m er in Frankreich befand, einem besetzten Frankreich… wenn sie überhaupt noch am Leben war.
Um sich ni c ht Käthe v o rst e llen zu müssen, fragte er nach dem anderen The m a, das ihn immer besch ä ftigte, und erkundigte sich, ob sie Neuigkeiten von Robert habe.
»Ja, aber es sind schon wieder a l te. Die Briefe haben schon früher m anch m al e i ne gehörige W eile geb r aucht, aber seit Kriegsbeginn geht wohl jeder einzelne durch d i e Zensur, obwohl A m erika ein neutrales Land ist. Er kann
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